
Kleiderordnung bei den Olympischen Spielen: Nicht mehr zeitgemäß

Eine Kleiderordnung für Sportlerinnen gibt es auch bei den Olympischen Spielen in Paris. Ist das angebracht oder nur ein weiterer Aspekt einer sexistischen Sporttradition? Ein Kommentar.
Erstmals sind bei Olympischen Sommerspielen fast genauso viele weibliche wie männliche Teilnehmende angereist (5702 Männer und 5484 Frauen). Das ist ein Zeichen für Gleichberechtigung, aber ist der Sexismus bei großen Sportveranstaltungen, wie es die Olympischen Spiele sind, damit schon überwunden? Nein. Die Sexualisierung der Sportlerinnen ist auch in diesem Jahr noch präsent. Ein entscheidender Punkt: ihre Kleidung.
Olympia: Kleiderordnung zeigt Sexualisierung
In der Vergangenheit ist die Bekleidung der Athletinnen fester Bestandteil der Sexismusdebatte im Sport gewesen. 2021 konnten drei deutsche Turnerinnen mit dem bisherigen Bild der athletischen Frau im engen und ultraknappen Body aufräumen. Knöchellange Turnanzüge fanden bei den Spielen in Tokio erstmalig eine große Bühne. Ein klares Zeichen gegen die Sexualisierung und für die Selbstbestimmung der Frauen im Sport. Im selben Jahr wurden die norwegischen Beachhandballerinnen für das Tragen von Shorts anstelle von Bikinihosen mit einem Bußgeld bestraft. Die Regularien sahen vor, dass Bikinihosen eine Breite von zehn Zentimetern am Rand nicht überschreiten. Es war eine bewusste Entscheidung der Norwegerinnen, um auf die Missstände und die sexistischen Kleidervorschriften aufmerksam zu machen.
Qual der Wahl?
Man könnte meinen, dass die Sportwelt daraus gelernt hat. Fehlanzeige. Noch bevor die diesjährigen Olympischen Spiele starteten, gab es den ersten Dämpfer für viele Sportlerinnen, deren Nation von dem Sportartikelhersteller Nike gesponsert wird. Im April präsentierte Nike die Trikots für die Leichtathletinnen und Leichtathleten für die Olympischen Spiele. Zieht man den direkten Vergleich, fällt schnell auf: Die Männer erhalten Shorts, bei den Frauen ist der Dress sehr knapp und hoch geschnitten, im Intimbereich sehr schmal. Als zweiten Vorschlag präsentiert Nike den Athleten knielange Anzüge, während es bei den Athletinnen sogenannte Panties sind. Die Hürdenläuferin Queen Claye Harrison kommentierte ironisch, ob die Athletinnen nicht von einer Waxing-Kette gesponsert werden könnten, so schmal sei die Bedeckung des Intimbereichs im ersten Vorschlag. Immerhin: Die Sportlerinnen dürfen wählen, können sich also auch gegen das entblößende Trikot entscheiden.
Grundsätzlich gilt, dass die Sportkleidung funktional und enganliegend sein sollte, damit die Teilnehmenden die bestmögliche Leistung erbringen können. Auch sollten sich alle wohlfühlen in der Sportkleidung, weshalb eine Entscheidungsmöglichkeit so wichtig ist. Um strukturellen Sexismus und besonders die Sexualisierung der weiblichen Sportlerinnen zu bekämpfen, braucht es neue Regeln: Alle Sportlerinnen und Sportler sollten in der Kleidung antreten dürfen, in der sie sich wohlfühlen, unabhängig von einer Kleiderordnung.
Von Anna Malinowski
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Traurig das man darüber diskutieren muss. Aber wie die ganze Olympiade nur noch eine Farce