HIV-Medikamente können Ansteckung verhindern
Nehmen HIV-positive Menschen wirksame Medikamente, können sie ihre Sexualpartner nicht mehr anstecken. Das bestätigt eine neue Studie am Beispiel homosexueller Paare.
HIV-positive Männer können ihren Partner beim ungeschützten Geschlechtsverkehr nicht infizieren, wenn sie die Infektion mit wirksamen Medikamenten behandeln. Zu diesem Schluss kommt eine Studie, die eine Gruppe internationaler Wissenschaftler im Fachjournal „The Lancet“ veröffentlicht hat. Die Langzeitstudie untersuchte mehrere Jahre lang Hunderte homosexuelle Paare aus Europa, die nicht mit Kondomen verhüteten. Ein Partner war dabei HIV-positiv, der andere nicht.
Die HIV-positiven Männer nahmen allerdings sogenannte antiretrovirale Medikamente, die die Vermehrung des Virus hemmen. Mit solchen Medikamenten ist es möglich, die Zahl der Viren so stark zu verringern, dass sie im Blut nicht mehr nachweisbar sind. Das Ziel der Forscher: zu zeigen, dass eine nicht nachweisbare Viruslast auch nicht übertragbar ist. Es habe am Ende der Studie keine einzige neue Infektion gegeben, die auf den Geschlechtsverkehr zwischen einem mit Medikamenten behandelten Probanden und seinem Partner zurückzuführen gewesen wäre. Insgesamt infizierten sich 15 Männer während des Studienzeitraums mit HIV – alle jedoch durch Sex mit einer Person, die nicht Teil der Studie war.
Viele Menschen wissen nichts von ihrer HIV-Infektion
Die beteiligten Wissenschaftler feiern die Ergebnisse als großen Erfolg. „Es ist genial – fantastisch. Das schafft dieses Problem aus der Welt“, sagte Alison Rodgers vom University College London dem „Guardian“. Das Studienergebnis und die damit verbundene Botschaft könnten helfen, die HIV-Pandemie zu beenden und das Stigma, das mit einer Infektion oft noch einhergeht, zu bekämpfen.
Die Erkenntnisse der Studie sind nicht ganz neu. Dass antiretrovirale Medikamente das Risiko einer Übertragung massiv reduzieren, wurde schon bei heterosexuellen Paaren gezeigt. Der Nachweis für homosexuelle Paare sei aber wichtig, sagte Marcus Altfeld vom Heinrich-Pette-Institut, einem Institut der Leibniz Gemeinschaft für Experimentelle Virologie in Hamburg, gegenüber dem RedaktionsNetzwerk Deutschland.
Zwar breite sich die HIV-Pandemie vor allem durch heterosexuelle Übertragung aus. Die neuen Ergebnisse verdeutlichten aber, dass die antiretroviralen Medikamente eine tragende Rolle im Kampf gegen die Krankheit spielten: „Würden alle HIV positiven Personen weltweit eine effiziente HIV Therapie erhalten, könnte dies sicher die weitere Ausbreitung von HIV verhindern“, sagt der Immunologe. „Leider ist dieses Ziel derzeit noch nicht erreicht.“ Denn viele Menschen – besonders in Afrika, aber auch in Europa – wüssten nicht, dass sie HIV-positiv seien und erhielten daher auch keine Therapie.
In Deutschland ist die Zahl der HIV-Neuinfektionen zuletzt etwas zurückgegangen.
Viele Faktoren verhindern die Behandlung
Es sei nicht immer einfach, für Menschen, sich auf HIV testen zu lassen oder Zugang zu Hilfe zu erhalten, schreibt auch der HIV-Forscher Myron S. Cohen von der University of North Carolina in Chapel Hill in einem begleitenden Kommentar zur Studie. „Darüber hinaus beeinträchtigen Angst, Stigmatisierung, Homophobie und andere nachteilige soziale Kräfte weiterhin die HIV-Behandlung.“
Von RND/Anna Schughart