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Grundschule vor Oberstufe: „Die Forderung der Leopoldina ist weltfremd“

Grundschule vor Oberstufe: „Die Forderung der Leopoldina ist weltfremd“
Foto: Taylor Wilcox

In ihrer Stellungnahme werben die Forscher der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina für eine baldige Wiedereröffnung der Schulen. Die Idee ist gut, doch die konkreten Vorschläge der Forscher sind weltfremd, findet MADS-Autor Finn (18).


So schnell wie möglich wieder zur Schule gehen – Diese Forderung ist für Schüler, egal welcher Jahrgangsstufe, eigentlich eher untypisch. Nach fünf Wochen Home-Schooling und sozialer Corona-Isolation tut aber allein der Gedanke, bald wieder die gewohnten Klassenzimmer betreten zu können, gut. Morgen will die Bundeskanzlerin gemeinsam mit den Ministerpräsidenten der Länder einen Fahrplan zur Schulwiedereröffnung vereinbaren. Diese Entscheidung wird spannend, erscheint die Ausarbeitung der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina, welche Merkel für wegweisend erachtet, in dieser Frage doch etwas weltfremd.

Die Kernthese der Forscher ist nachvollziehbar, das Wegfallen der Schul-Routine habe für die Lernenden gleich mehrere Nachteile. So fehle nicht nur der Kontakt zu den Mitschülern, die unterschiedlichen heimischen Bildungsmöglichkeiten könnten die ohnehin problematische soziale Ungleichheit noch verstärken.

Grundschulabschluss wichtiger als Abitur?

Die Lösung des Problems, wie sie die Forscher empfehlen, wirkt dahingegen einigermaßen absurd. Nicht die Schüler, die sich ihres Alters wegen am ehesten an Hygienevorschriften halten können, sollen zuerst zurück in den Unterricht. Es sind die Abschlussjahrgänge der Grundschulen, die, wenn es nach der Leopoldina-Stellungnahme geht, zuerst wieder die Schulbank drücken. Sie stehen nämlich vor einem wichtigen Ereignis. Die Oberstufenschüler, die im Jahr 2021 die Abiturprüfungen schreiben, dahingegen scheinbar nicht. Sie könnten ja mit Lernmedien am ehesten eigenständig umgehen und deswegen erst einmal zuhause bleiben. Vorausgesetzt, die Lehrer stellen ausreichend Arbeitsmaterial zur Verfügung. Von einer Kürzung des Stoffes, den die Schüler auf diese Weise ja massenhaft verpassen, ist nämlich nicht die Rede.

Kleine Klassen, große Räume

Damit der Schulhof „nicht zum Austauschort für Viren“ wird, gibt es in der Stellungnahme praktische Hinweise. Nicht wechselnde Klassenverbände mit maximal 15 Schülern sollen zeitversetzt Unterricht haben, natürlich in ausreichend großen Klassenräumen. Dieses Vorhaben ist nicht nur wegen des Mangels an Lehrpersonal, sondern auch wegen der baulichen Situation vieler Schulen zum Scheitern verurteilt. Wäre es ohne weiteres möglich, würde man kleine Lerngruppen ja nicht nur während der Corona-Pandemie bevorzugen. Die Beschränkung auf Unterricht in den Kernfächern Deutsch, Mathematik und Fremdsprachen, die das Arbeitspensum für Lehrer pro Klasse reduzieren würde, ist ein Nachteil für Schüler, die etwa in ihren Abschlussprüfungen andere Fächer belegen wollen. Und was passiert eigentlich mit den Lehrern, die keines der genannten Fächer unterrichten?

Mindestabstand auf dem Schulhof

Jedem, der schon einmal eine Schule von innen gesehen hat, sollte klar sein, dass das Einhalten eines Sicherheitsabstandes von 1,5 Metern Fünftklässlern nur schwer beizubringen ist. Obwohl in der Oberstufe kein Unterricht im eigentlichen Sinne vorgesehen ist, sollen die Prüfungen selbstredend stattfinden. Das ist symptomatisch für ein Schulsystem, in dem nicht der Wissenszuwachs zählt, sondern lediglich die messbare Klausurleistung, egal, ob ein Schüler nun tatsächlich vom Unterricht profitiert.

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Von Finn Bachmann


Über den Autor/die Autorin:

Finn Bachmann

Finn (21) studiert Politik und Informatik. In seiner Freizeit ist er nicht nur bei der Feuerwehr, für MADS und die Hannoversche Allgemeine Zeitung schreibt er über Lokales, Internationales und was ihn sonst so bewegt.

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