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Gläserne Gesellschaft: Wir müssen uns mehr mit Datenschutz auseinandersetzen

Gläserne Gesellschaft: Wir müssen uns mehr mit Datenschutz auseinandersetzen
Foto: Unsplash/ @markusspiske

Es sind Themen wie die Gesichtserkennung durch PimEyes und der Zugriff des BKA auf Whatsapp-Chats, die auf Twitter zum Streit führen. Zu Recht, findet MADS-Autorin Nina. Ein Kommentar.


Mit zwölf Jahren loggte ich mich erstmals bei SchülerVZ ein, kurze Zeit später errichtete ich mir ein Facebook-Konto. Meine Hobbys, meine Lieblingsbücher, eine etwas theatralische Selbstbeschreibung und massig Fotos teilte ich auf meinen Profilen. Wer ich bin, was ich liebe, was ich hasse, wo und wann ich meine Zeit verbringe: Das alles setzte ich ins Netz – unbeschwert, ohne mir groß darüber Gedanken zu machen, mit wem ich diese Informationen teile.

Ich bin ein Digital Native, mit Social Media aufgewachsen – meine Daumen tippen schneller über den Display meines Smartphones, als ich manchmal denken kann. Und viel zu oft habe ich mir zu wenige Gedanken über den Schutz meiner Daten gemacht – heute macht mir das Angst. Und noch mehr Angst macht mir, wie wir die Entwicklung zu einer gläsernen Gesellschaft teilweise unhinterfragt akzeptieren.

BKA überwacht Kommunikation bei Whatsapp Web

Zuletzt wurde die Datenschutz-Debatte durch eine Recherche des WDR und BR angeheizt. Demnach habe das BKA eine „Methode, die es ermöglichen kann, Text, Video-, Bild- und Sprachkurznachrichten aus einem Whatsapp-Konto in Echtzeit nachzuvollziehen“ – per Whatsapp Web. Dafür müssten die Ermittelnden kurzzeitig auf das Smartphone der Zielperson zugreifen, um dann mittels QR-Code die Chats mit Whatsapp Web zu synchronisieren.

Klar ist, dass diese Methode einen recht hohen Aufwand bedeutet – und die Vermutung somit nahe liegt, das BKA gehe entsprechend nur bei begründetem Verdacht so vor und sammle nicht massig Daten. Doch was bedeutet das für mich, als eher uninteressante Privatperson? Zu erst einmal: Sicherheit. Das BKA ist letztlich mit der Aufgabe betraut, Terror oder andere Straftaten abzuwenden – und diesem Punkt setze ich mein Vertrauen zumindest in gewissem Maße in die Behörden. Gleichzeitig machen mich die Fähigkeiten, auf fremde Daten Zugriff zu nehmen, unruhig.

Nicht nur das BKA, auch andere Personen können Methoden wie diese nutzen, um zu spionieren. Wir führen aktiv Online-Banking, schicken dem Freund auf Whatsapp das unbedarfte Bikinibild vom Strand und tauschen uns online über unsere politische Meinung aus. Der Wust an Daten, den wir alle im Netz tagtäglich verbreiten, macht uns angreifbar. Das hat nichts mit Paranoia zutun, sondern mit Weitblick. Denn Soft- und Hardware werden immer intelligenter. Das zeigte zuletzt auch die Diskussion über PimEyes.

PimEyes erleichtert Stalking

Bei PimEyes handelt es sich um ein polnisches Gesichtserkennungs-Startup. Dessen Software sucht im Netz nach ähnlichen Bildern – durchforstet dabei zahlreiche Quellen. Ein Instrument, das Stalking und die Überwachung von Mitarbeitenden erleichtern könnte. PimEyes versichert zwar, die Software solle nur genutzt werden, um das eigene Gesicht im Netz zu suchen – wirklich kontrolliert wird das aber nicht. Ziemlich gruselig.

Ja, ich wünsche mir einen Schutz vor Terror – so etwas wie der NSU-Fall darf nie wieder passieren. Dennoch finde ich, dass die Debatte über die Diskrepanz von Gesetzen zwischen der analogen und der digitalen Welt noch zu leise ist. Es fehlt eine gesamtgesellschaftliche und gemeinsame Suche nach Lösungen, die sich bislang noch hinter verschlossenen Türen von Politikern verbirgt. Wir als Digital Natives müssen an diesen Diskussionen teilhaben.

Was mein 13-jähriges ich so an mäßig tiefgehenden Zitaten auf SchülerVZ gepostet hat, dürfte kaum jemanden interessieren. Hinter diesem Argument verstecken sich viele: Wenn du nichts zu verbergen hast, sind doch weder Gesichtserkennung noch das Lesen deiner Whatsapp-Chats ein Problem. Ich sehe das anders. Denn die vergangenen Jahre haben gezeigt, wie viel Unerwartetes passieren kann. Und das Unerwartete reicht von einer weltweiten Pandemie über den Aufschwung rechter Meinungen bis zu einem Mann, der lauthals „Grab them by the pussy, you can do anything“ schreit und gleichzeitig zum Präsidenten der USA gewählt wird. Aus genau solchen Gründen bin ich dagegen, der Polizei, dem Staat oder völlig Fremden zu viel Macht über meine Daten zu gewähren. Und dafür verlange ich Lösungen – denn dass das Leben nun zu einem Großteil digital stattfindet, daran können wir nichts mehr ändern.


Über den Autor/die Autorin:

Nina Hoffmann

Nina (24) studiert Soziologie und kennt somit alle Sprüche über eine Karriere als Taxifahrerin. Statt an ihren Fahrkünsten zu feilen, liest sie lieber Texte über Gender-Fragen und Emanzipation - oder noch besser: Die dazugehörigen Kommentare der Facebook-Nutzer/innen.

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