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Generation rücksichtslos? Junge Menschen fühlen sich in der Coronakrise ungerecht behandelt

Generation rücksichtslos? Junge Menschen fühlen sich in der Coronakrise ungerecht behandelt
Foto: unsplash.com/Papaioannou Kostas

Jugendliche halten sich nicht an Regeln, nehmen das Coronavirus nicht Ernst und sind sowieso Schuld an den hohen Infektionszahlen? Jungen Menschen schlagen während der Coronakrise viel Wut und Anschuldigungen entgegen – meckern über „die Jugend von heute“ ist wieder angesagt. Zwei junge Menschen erzählen, was das mit ihnen macht.


Vor Kurzem wurde eine junge Frau namens Ida zum Sinnbild einer ganzen Generation erklärt. In einem Beitrag im „Heute Journal“ hatte Ida erzählt, wie sehr es ihr fehle, feiern zu gehen. Vor Corona habe sie das drei Mal pro Woche getan, sie sei eigentlich „darauf angewiesen“. Es folgte: ein Twitter-Shitstorm. „First world problems“, „rücksichtslos“, „verstrahlt“ waren noch die harmloseren Kommentare. Gebündelt waren plötzlich die Vorwürfe zu hören, die jungen Menschen seit Beginn der Pandemie immer wieder gemacht werden. Sie halten sich nicht an Regeln, feiern „Corona-Partys“ und nehmen das Virus nicht so ernst, weil es für sie ja weniger riskant ist. Meckern über „die Jugend von heute“ ist wieder en vogue.

Viele halten sich an Regeln

Aber ist das gerechtfertigt? In Idas Fall schon einmal nicht. Sie vermisst das Feiern ja, weil sie sich an die Regeln hält. Und damit gehört sie offenbar zur großen Mehrheit: Laut der Jugendstudie der Tui-Stiftung gaben 83 Prozent der Befragten zwischen 16 und 26 an, sich ganz oder größtenteils an Maßnahmen und Empfehlungen in der Krise zu halten. Nur 12 Prozent halten die Maßnahmen für übertrieben. Die Studie hat auch gezeigt: Das Feierverbot ist nicht die größte Sorge der jungen Generation. Als viel einschneidender empfanden jungen Menschen, dass Schulen und Universitäten geschlossen wurden und damit ein Großteil ihrer täglichen sozialen Kontakte wegfiel.

Wie leiden Jugendliche?

Symbolbild, Nicht zum Kickbox-Training gehen zu können, ist für Otilia (18) schlimm gewesen. Foto: Dylan Nolte

In dieser Krise wird viel darüber gesprochen, wie sich Jugendliche und junge Erwachsene zu verhalten haben. Bundeskanzlerin Angela Merkel und Lothar Wieler, Chef des Robert-Koch-Instituts, haben wiederholt junge Menschen ermahnt, sich besser an die Regeln zu halten. Was wenig thematisiert wird: wie auch die unter der Pandemie leiden, die körperlich vom Virus vielleicht weniger bedroht sind, die aber in prägenden Phasen ihres Lebens massiv zurückstecken müssen.

Wir haben mit zwei jungen Menschen darüber gesprochen, wie sie die Rolle ihrer Generation in der Coronakrise wahrnehmen . Wie es ihnen geht, was ihnen fehlt und wie sie den Umgang der Öffentlichkeit mit jungen Menschen erleben.

Otilia, 18 Jahre alt, Schülerin

Otilia (18) ging es in der ersten Quarantäne-Phase nicht gut.
Foto: Privat

In der ersten Quarantäne-Phase im Frühjahr ging es mir richtig schlecht. Ich konnte keine Freunde treffen und nicht zum Kickboxen gehen, was mir sonst körperlich und vor allem psychisch richtig gut tut. Am schlimmsten war es aber, keinen Tagesrhythmus mehr zu haben, das hat mich richtig aus der Bahn geworfen, sodass es mir schwerfiel, morgens aufzustehen. Ein bisschen besser wurde es, als wir von der Schule Aufgaben mit festen Deadlines bekommen haben. Und natürlich, als wir wieder trainieren durften.

Vor dem jetzigen Teil-Lockdown habe ich ein bisschen weniger Sorge, weil die Schulen ja erst mal offen bleiben sollen. Das ist gut für den Rhythmus und die sozialen Kontakte, auf der anderen Seite mache ich mir Gedanken über das Infektionsrisiko dort. Aber was ist schon sicher heutzutage? Angst habe ich nicht vor Corona, eher Respekt. Ich will vor allem niemanden anstecken, der vielleicht gefährdeter ist als ich.

Ich finde, dass zu viel über die junge Generation geschimpft wird. Klar halten sich nicht alle an die Regeln, aber tun das die anderen denn? Wenn ich Leute ohne Maske in der Bahn sehe, sind das fast immer ältere Leute. Das ärgert mich besonders, weil ich denke: Wir machen das doch auch für euch!

Leon (24), Musik-Student

Leon (24) findet, dass die junge Generation zu sehr angeprangert wird Foto: Privat

Der erste Lockdown war abstrus für mich. Wir jungen Menschen sind in einem Europa ohne Grenzen aufgewachsen. Zum ersten Mal hatte ich das Gefühl, in meiner Freiheit stark eingeschränkt zu sein. Das war schwer und hat einem auch vor Augen geführt, wie es vielleicht für andere junge Menschen ist, die in weniger freien Teilen der Welt leben.

Ich finde, dass Jugendliche und junge Erwachsene den ersten Lockdown erstaunlich gut gemeistert und sich trotz krasser Entbehrungen wenig beschwert haben. Menschen haben besonders prägende Ereignisse ausfallen lassen müssen, Abibälle, Abschlussfahrten. Viele haben sich eingesetzt und zum Beispiel Nachbarschaftshilfe geleistet. Das alles wird verschwiegen, wenn jetzt die Jugend angeprangert wird, weil sie sich angeblich nicht an die Regeln halte. Natürlich halten sich da nicht alle daran, aber auf den Coronaleugner-Demos sieht man zum Beispiel wenig junge Leute.

„Junge Menschen haben ein anderes Bedürfnis nach sozialen Kontakten“

Außerdem glaube ich, dass junge Menschen ein anderes Bedürfnis nach sozialen Kontakten haben. Wir sind es gewohnt, täglich Freundinnen und Freunde zu treffen oder neue Leute kennen zu lernen, während die Generation meiner Eltern eher einmal die Woche zwei Stunden mit der besten Freundin telefoniert.

Von der Politik wünsche ich mir, dass mehr für Studierende getan wird. Soforthilfen müssen verlängert und ausgebaut werden, und zwar nicht in Form von Krediten. Ich wünsche mir auch ein klares Bekenntnis dazu, dass in diesen Zeiten die Semester nicht zur Regelstudienzeit gezählt werden. Erkennt einfach an, dass auch junge Menschen unter der Situation leiden und Hilfe brauchen. Außerdem ist mir wichtig, dass in dieser Krise Klima- und Umweltschutz nicht zugunsten der jetzt leidenden Wirtschaft vernachlässigt werden. Je stärker wir die Umwelt weiter belasten, desto heftiger wird sich das auf unsere Generation auswirken.

Von Yannick von Eisenhart


Über den Autor/die Autorin:

2 Bemerkungen

  1. Klopper

    Ich bin doch sehr verwundert über den Bericht. Wenn man sich mal an die Haltestelle beim Kaufland, in der der Südstadt, setzt und mit älteren Leuten redet, sieht dieser Bericht ganz anders aus. Mir haben verschiedene ältere Damen erzählt, was in der Erich-Schlesinger-Straße nachts los ist, in Bezug auf Feiern im Freien. Ich konnte es nicht glauben.
    Ich weiß nicht, woher die OZ ihre Informationen hat.

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  2. Tim Stone

    So ein Unfug, „ältere Menschen“ telefonieren mal ne Stunde und dann ist gut. Ältere Menschen haben durch die Arbeit, Kinder, Familie mehr um die Ohren und können nicht mehr so einen großen Freundeskreis pflegen! Ältere und Rentner haben vlt. auch nicht mehr so viele Gelegenheiten wie Junge (Uni, Schule, … ) neue Freunde kennenzulernen. Das Bedürfnis nach Kommunikation, Austausch, Nähe, etc. ist aber genau so vorhanden und wahrscheinliche sogar noch viel notwendiger als bei jungen Menschen!
    Generation „Rücksichtslos“ gibt es nicht. Es gibt rücksichts- und einsichtslose Menschen, und die gibt es in jedem Alter. Egoismus wird heutzutage in allen Schichten „Großgeschrieben“, Solidarität ist von gestern – leider!

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