„Füxe“: Serie rund um Studentenverbindungen und Selbstfindung kann überzeugen
Die Miniserie „Füxe“ thematisiert Studentenverbindungen, handelt aber auch von Identität, Selbstfindung und der ersten Liebe. Überzeugen kann die Produktion vor allem durch die gute Leistung der Schauspielenden. Die Serie liefert einen interessanten Einblick in eine Welt, die vielen fremd ist.
Gastfreundschaft, Loyalität und Offenheit: All das findet der junge Adem Kameri in einer Studentenverbindung. Zumindest anfangs. Dass hinter der freundlichen Maske des Corps Gothia jedoch veraltete, teils blutige Rituale, Alltagsrassismus und Frauenfeindlichkeit stecken, merkt der BWL-Student mit kosovarischer Herkunft erst deutlich später. Die Jungs aus der Verbindung kennen ihn als Adam Kamer, seine Identität hat er verschleiert, um überhaupt erst als sogenannter Fux aufgenommen zu werden. Es beginnt ein moralischer Zwiespalt für Adem, der die Zuschauenden mitreißt.
„Füxe“: Zunächst nur Mittel zum Zweck
Dabei hat alles harmlos angefangen. Adem, auf der Suche nach einem bezahlbaren WG-Zimmer, stößt auf eine Anzeige. 150 Euro für ein Zimmer in einer Villa – ohne Nebenkosten. Das klingt wie ein Traum für alle Studierenden, doch bald stellt Adem fest, dass die Sache einen Haken hat: Um das Zimmer zu bekommen, muss er Mitglied einer Studentenverbindung werden. Aus Angst abgelehnt zu werden, bewirbt er sich unter dem Namen Adam Kamer und bekommt das Zimmer. Die Corpsbrüder wirken zunächst freundlich und offen – wenn auch etwas fordernd.
Trotzdem schwingt während den Szenen in der Villa immer ein Hauch Bedrohung mit, die auch Adem zu spüren scheint – auch wenn er ruhig bleibt, um seine Identität zu tarnen. Gleichzeitig trifft er die Studentin Mina, deren Prinzipien gar nicht mit denen der Verbindungsmitglieder übereinstimmen. Adem entscheidet sich für einen Balanceakt: Einerseits will er das Zimmer behalten und merkt schnell, dass es karrieretechnische Vorteile hat, ein „Fux“ zu sein. Andererseits will er Mina besser kennenlernen und eine Beziehung zu ihr aufbauen.
Eindrucksvoll dargestellte Verwandlung
Adems Lage wird immer verzwickter. Er taucht weiter in die Welt seiner Corpsbrüder ein, lernt ihre Traditionen kennen und freundet sich mit ihnen an. Seine Verwandlung wird auch sehr schön grafisch dargestellt: Für sein erstes Mensur-Training bekommt Adem eine Maske aufgesetzt und wird in eine Ausrüstung gesteckt. So verkleidet er nicht nur seine Identität, sondern auch sein Äußeres. Nach einem Saufgelage mit seinen Kameraden sieht man Adem am nächsten Morgen eine Tablette in einem Glas Wasser auflösen. Zeitgleich merkt man, wie sich auch seine Persönlichkeit ein Stück weit auflöst.
„Füxe“: Der Schein trügt
Nach und nach offenbart sich das wahre Gesicht der Corps-Mitglieder. Währenddessen ergattert Adem unter seinem falschen Namen einen Job bei dem Vater des Verbindungsoberhaupts Paul und rutscht damit immer weiter in sein Lügenkonstrukt hinein. Parallel dazu vertieft sich seine Beziehung zu Mina, und er hilft ihr bei ihrer ehrenamtlichen Arbeit. Der Kontrast zwischen seinem Leben als Adam und Adem wird über den Verlauf der Handlung immer deutlicher, und es beginnt eine Art Identitäts-Metamorphose.
„Füxe“ ist eine sehenswerte Miniserie. Die Charaktere wirken allesamt extrem nahbar, was das oft sehr abstrakte Thema Studentenverbindungen und Corps zugänglich macht und einen Einblick in eine sonst fremde, verschlossene Welt gewährt. Wer sich davon selbst überzeugen möchte, kann sich die vier Folgen in der ZDF-Mediathek ansehen.
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Leider ist das Leben in einem Corps, die Sitten und Gebräuche sowie die Werte der Gemeinschaft falsch dargestellt. Das hätte man mit ein wenig Mühe besser mach können ohne das die Geschichte gelitten hätte. Schade um die verpasste Chance.
Corps verstehen sich und sind wesentlich moderner als dargestellt, sie sind tolerant und demokratisch.
Mitglieder aus aller Welt gehören seit Beginn vor zweihundert Jahren mit dazu, selbstverständlich.