Fridays for Future: Zurück ins Bewusstsein
Mit der Corona-Pandemie war es stiller geworden um die Klimabewegung Fridays for Future. Im vergangenen Jahr machte dagegen vor allem die Letzte Generation mit heiß diskutierten Aktionen auf sich und ihre Forderungen zum Klimaschutz aufmerksam. Spätestens mit den Geschehnissen in Lützerath sind die Streikenden von Fridays vor Future nun aber zurück auf der Bildfläche.
Die Klimabewegung Fridays for Future hat seit ihrer internationalen Ausbreitung für großes Aufsehen in der Politik gesorgt. Die wöchentlichen Streiks brachten weltweit Menschen jeden Alters, vor allem aber Jugendliche auf die Straßen, um für mehr Klimaschutz zu demonstrieren. Doch seit Beginn der Corona-Pandemie war es merklich stiller um die einst so laute Bewegung geworden. Krisen wie der Ukraine-Krieg oder die Inflation rückten andere Probleme medial in den Vordergrund. Mit neuen Ideen und Sichtweisen sind die Klimaaktivistinnen und -aktivisten nun aber wieder aktiv zurück auf den Straßen.
#LütziBleibt
Derzeit setzt sich die Fridays-for-Future-Bewegung aktiv für die Rettung des Dorfes Lützerath in Nordrhein-Westfalen ein. Die Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels sei laut Aktivistinnen und Aktivisten nicht mit dem Braunkohleabbau unter Lützerath vereinbar. Bundesregierung und Landesregierung hatten dem Energiekonzern RWE den Abriss des inzwischen geräumten Dorfes genehmigt – mit der Begründung, die zusätzlichen Tonnen Braunkohle seien notwendig für die Versorgungssicherheit. Ein Gutachten des Ministeriums für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie Nordrhein-Westfalens sollte dies im September 2022 belegen. Demnach gebe es eine Differenz von mindestens 17 Millionen Tonnen Braunkohle, sollte die Kohle Lützeraths nicht genutzt werden können. Eine Prognose für dieses Jahr zeige zudem, dass sich die Differenz aufgrund der anhaltenden Gasknappheit deutlich vergrößern werde.
Eine wissenschaftliche Kurzstudie der Forscherinnen und Forscher der Europa-Universität Flensburg, der Technischen Universität Berlin und des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung in Berlin kam bereits im August 2022 jedoch zu einem ganz anderen Schluss. Bis 2030, dem angestrebten Kohleausstieg der schwarz-grünen Landesregierung Nordrhein-Westfalens, solle der Bedarf von 271 Millionen Tonnen Braunkohle im Rheinischen Revier durch die schon förderfähigen 300 Millionen Tonnen in bereits genehmigten Abbaubereichen ausreichen. Die Klimaaktivistinnen und Klimaaktivisten beziehen sich auf diese Studie und werfen RWE vor, nur aus Profitgier am Abbau Lützeraths festzuhalten.
Zahlreiche Vertreterinnen und Vertreter von Fridays for Future sowie weiteren Klimabewegungen reisten daher am vergangenen Sonntag nach Lützerath, um ihre Proteste gegen die Dorfräumung zu beginnen. Laut Berichten soll es immer wieder zu Auseinandersetzungen mit der Polizei gekommen sein. Am Mittwoch hat die Polizei schließlich mit der Räumung des Protestcamps begonnen, die Lage spitzt sich in diesen Tagen zu. Auch Luisa Neubauer, eine der Hauptorganisatorinnen von Fridays for Future in Deutschland, und Fridays-for-Future-Initiatorin Greta Thunberg sind vor Ort und demonstrieren gegen die Räumung von Lützerath.
Längst mehr als Schulstreiks
Der Kampf um Lützerath macht eines deutlich: Fridays for Future kann das öffentliche Interesse wieder wecken und zurück in den Fokus der Medien geraten. Weg war sie nie, doch holte die Klimabewegung zuletzt längst nicht mehr so viele Menschen auf die Straßen wie noch vor der Corona-Pandemie. Der Rekord von mehr als 1,4 Millionen Menschen, die bundesweit am globalen Klimastreik im September 2019 teilnahmen, scheint in weite Ferne gerückt. Zum Vergleich: Am globalen Klimastreik im März 2022 beteiligten sich in Deutschland etwa 220.000 Menschen, im September sah es ähnlich aus.
Dennoch sei die Bewegung gewachsen, sagt Politikwissenschaftler Sebastian Haunss im „Deutschlandfunk“. Fridays for Future habe trotz aktueller Krisen für ein Umdenken gesorgt und Klimaschutz zu einem wichtigen Anliegen für die Mehrheit der Menschen in Deutschland gemacht. Und doch: Die großen politischen Erfolge blieben für die Klimaaktivistinnen und -aktivisten weiterhin aus, was bei vielen für Frust sorge. Deutschlands bekannteste Fridays-for-Future-Aktivistin Luisa Neubauer bezeichnet die Bilanz der Ampel-Regierung im „Deutschlandfunk“ als „komplett beklemmend“. Andererseits sieht sie auch positive Entwicklungen: „Als in der Ukraine dieses Jahr der Krieg noch mal neu ausbrach, wurde ganz selbstverständlich über Energieversorgung und die Frage nach Klimagerechtigkeit gesprochen. Das ist ganz, ganz wichtig: Es geht nicht darum, dass die ganze Zeit ganz singulär nur über das Klima gesprochen wird, sondern dass verstanden wird: Klima hängt mit allem zusammen.“
Radikalisierung der Klimabewegung?
Nicht jeder gibt sich damit allerdings zufrieden. Klimacamps wurden abgebaut, Ortsgruppen von Fridays for Future aufgelöst. Viele Aktivistinnen und Aktivisten, die früher mit Fridays for Future auf die Straße gegangen sind, haben andere Möglichkeiten gefunden, um die Medien wieder auf das Thema Klimaschutz zu lenken. Besonders die Methoden der Gruppe „Letzte Generation“ stehen seit 2022 immer wieder in der Debatte. Mit Sekundenkleber auf Autobahnen kleben oder Kartoffelbrei auf Gemälde werfen – die Klimaaktivisten und -aktivistinnen sorgen zweifelsohne für Aufmerksamkeit, stehen für ihre Aktionen allerdings auch in der Kritik.
Wie berechtigt ist die Kritik an solchen Aktionen? Da ist man sich auch bei Fridays for Future nicht ganz sicher. Pauline Brünger, Sprecherin der Bewegung in Nordrhein-Westfalen, äußert im „Deutschlandfunk“ jedenfalls keine klare Meinung: „Wir sind solidarisch mit allen Aktionen, die sich friedlich für eine klimagerechte Welt einsetzen, und gleichzeitig sind manche Aktionen nicht unsere.“ Ihr sei vor allem wichtig, „dass es in den nächsten Monaten ganz viele [Aktivistinnen und Aktivisten] gibt, die versuchen, neue Wege zu finden, und hoffentlich am Ende eine Strategie finden, mit der wir es wirklich schaffen“.
Neue Perspektiven durch globale Vernetzung
Unabhängig von ihrer medialen Präsenz oder ihrem Mobilisierungspotenzial hat sich die Fridays-for-Future-Bewegung in den vergangenen Jahren aber auch intern verändert. Der Fokus der Klimastreikenden habe sich mittlerweile besonders auf Menschen in den ärmsten Ländern gerichtet, berichtet die „Frankfurter Rundschau“. Klimaaktivistinnen wie Mitzi Jonelle Tan von den Philippinen oder Vanessa Nakate aus Uganda hätten vermehrt ihre Perspektiven aufzeigen können, wie der Klimawandel und die Folgen der Corona-Lockdowns sie speziell beeinträchtige. Diese unterschiedlichen Wahrnehmungen von Problemen, die sich durch den Klimawandel ergeben, habe die Klimabewegung nachhaltig verändert. Auf ein eindrucksvolles Beispiel macht die „Frankfurter Rundschau“ aufmerksam: Bevor ein Taifun die Philippinen erreichen sollte, rieten westliche Ressourcen den Menschen, ihre Badewannen vorsorglich mit Trinkwasser zu füllen. Das Problem laut der philippinischen Klimaaktivistin Tan: „Hier haben die Menschen weder Badewannen noch trinkbares Leitungswasser.“
MAPA – Most Affected People and Areas
Bei den Aktivistinnen und Aktivisten von Fridays for Future etablierte sich in diesem Zusammenhang der Begriff „MAPA“, eine Abkürzung für „Most Affected People and Areas“. Gemeint ist damit eine Gruppierung von Menschen, die am stärksten von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen ist und weltweit auf ihre Probleme aufmerksam machen will. Daraus ergibt sich ein Themenfeld, das die Organisation zukünftig noch mehr beschäftigen wird: Klimagerechtigkeit. Und dafür werden die Aktivistinnen und Aktivisten sicher auch weiter um Aufmerksamkeit kämpfen.
Von Chiara Heims
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KLIMA UND UMWELT
Unwetter, Hitze, Wassernot;
Feuer wüten in Wald und Flur.
Das Wetter gerät aus dem Lot,
Klimawandel zieht seine Spur.
Raubbau, Waldfrevel, Plastikflut;
uns’rem Planeten geht’s nicht gut.
Wir sollten uns Sorgen machen,
und nicht über Greta lachen.
Der Mensch, dieses kluge Wesen
kann im Gesicht der Erde lesen.
Er sieht die drohende Gefahr,
spürt die Erwärmung Jahr für Jahr.
Homo sapiens muss aufwachen,
seine Hausaufgaben machen.
Die Jagd nach ewigem Wachstum
bringt letztlich den Planeten um.
Das oberste Gebot der Zeit
muss heißen Nachhaltigkeit.
Statt nur nach Profit zu streben,
im Einklang mit der Natur leben.
Zu viele Buchen und Eichen
mussten schon der Kohle weichen.
Retten wir den herrlichen Wald,
bewahren die Artenvielfalt.
Kämpfen wir für Mutter Erde,
dass sie nicht zur Wüste werde.
Rainer Kirmse , Altenburg
Herzliche Grüße aus Thüringen