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Erste Schulorgel in MV: Rostocker Schüler freuen sich auf 150 Jahre altes Instrument

Erste Schulorgel in MV: Rostocker Schüler freuen sich auf 150 Jahre altes Instrument
Foto: Klaus Amberger

Die Schüler der Rostocker Christophorus-Schule können es kaum erwarten. Ende April soll ihre neue Schulorgel restauriert sein – es ist die erste in MV. Wie die Schule zu der „Königin der Instrumente“ kommt und was die Kinder am Spiel fasziniert.

Eine Orgel in einer Schule? Die wird es bald im Nordosten geben. Ende April dieses Jahres. An der CJD Christophorus-Schule in Rostock. Ein restauriertes, 150 Jahre altes Instrument. Magalie Witt (14) aus der 8. Klasse sagt: „Ich finde es toll, dass wir die einzige Schule in Mecklenburg-Vorpommern sind, die bald eine Orgel haben wird, die auch noch von einem bekannten Orgelbauer stammt.“

Von Ferdinand Wäldner (1817–1905) aus Halle an der Saale. Magalie spielt selbst Klavier und schaut in der Werkstatt des Rostocker Orgelbauers Johann-Gottfried Schmidt (50), wie weit die Restaurierungsarbeiten an der künftigen Schulorgel fortgeschritten sind. Die Wäldner-Orgel steht mitten in der Werkstatt, fast drei Meter ist sie hoch, die Grundfläche beträgt 2,2 mal 1,5 Meter.

Schulorgel ist noch nicht ganz fertig

Noch fehlt zum Beispiel die Pedalklaviatur, das Notenpult ist noch nicht eingesetzt, einige Holz- und Metallpfeifen fehlen noch. „Die Metallpfeifen bestehen aus hochprozentigem Zinn, sogenannten Englisch-Zinn“, erläutert der erfahrene Orgelbauer. Die hölzernen Teile des Instrumentes stammen von einheimischen Bäumen: Fichte, Buche, Eiche, Kiefer.

„Gut sind die originalen und neuen Bauteile zu erkennen“, sagt Jan von Busch, Musik- und Religionslehrer sowie Kirchenmusiker, der seit 20 Jahren am CJD unterrichtet. Beispielsweise ist der Blasebalg (der auch noch per Hand betrieben werden kann) original. „Er wurde aber frisch beledert“, so der Pädagoge, der selbst jeden Sonntag in Kessin bei Rostock an der Orgel sitzt.

Rostocker Schüler: Wenn ich an der Orgel sitze, fühle ich mich frei“

80 000 Euro kostet die Aufarbeitung der Orgel, die aus dem Dorf Zaschwitz bei Halle stammt. „Die Dorfkirche wurde vor mehr als fünf Jahrzehnten aufgegeben“, erläutert Musiklehrer von Busch. Die Einzelteile wurden von Bastlern eingelagert – der Rostocker Orgelbauer hat sie erworben und restauriert sie seit September des vergangenen Jahres. Über ein Spendenprojekt sollen die Kosten gedeckt werden. Unter anderem werden Pfeifen-Patenschaften verkauft. Das heißt, dass Töne gewissermaßen erworben werden können. Je nach Pfeifengröße kann man sich mit 30 bis 1000 Euro engagieren. 332 Pfeifen gibt es, 190 sind aus Holz gefertigt.

Auch Felix Beese (14) aus der 8. Klasse des CJD steht in der Werkstatt. Der junge Orgelspieler ist schon gespannt, wie sich das Instrument spielen wird. „Die Orgel ist interessant, weil sie, obwohl sie neu restauriert ist, trotzdem ein altes Instrument ist.“ Ebenso schaut sich Philipp Max Loseries (13) aus der 7. Klasse die beinahe fertige Orgel an und freut sich. „Ich mag vor allem sakrale Stücke spielen“, sagt der Jugendliche, der schon an der Gewandhaus-Orgel in Leipzig saß und dem dortigen und relativ bekannten Organisten Michael Schönheit etwas vorspielte.

Felix ergänzt: „Wenn ich an der Orgel sitze, fühle ich mich frei und genieße jede Sekunde.“ Auch Magalie kennt das Gefühl: „Wenn ich am Klavier sitze, bin ich einfach weg – ich spiele und spiele und die Zeit vergeht wie im Flug. Es ist so schön, Orgel- und Klavierklänge zu hören.“

Schulorgel sei ein besonders schönes Stück

Die drei Schüler spielen nicht nur selbst Instrumente und schätzen Johann Sebastian Bach (1685–1750), sondern bilden eine Arbeitsgemeinschaft, die das Orgel-Projekt von Anfang an begleitet. Am kommenden 29. April soll die dann rollbare Wäldner-Orgel im Christophorussaal des CJD eingeweiht werden. Mit einem Festgottesdienst und Bischof Tilmann Jeremias.

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Selbst für den erfahrenen Orgelbauer Johann-Gottfried Schmidt ist die künftige Schulorgel „ein besonders schönes Stück“. Es ist nicht nur „so schön kompakt, sondern ist 1873 noch so gebaut worden, wie schon 100 Jahre zuvor, also im 18. Jahrhundert, Orgeln konstruiert wurden“, schwärmt der Handwerksmeister und Restaurator. Ebenso ist er von der Formensprache der Orgel beeindruckt.

Lehrer und Musiker Jan von Busch ist froh, dass einerseits die Orgel nach mehr als 50 Jahren wieder zum Leben erweckt wird und andererseits als „identitätsstiftender Leuchtturm“ für die Schule wirken wird. Darüber hinaus soll die Orgel in das Leben der Schüler eingebunden werden: als Anschauungsobjekt in physikalischer und musikalischer Hinsicht sowie als Instrument zum Üben und Erlernen des Orgelspiels. „Übrigens ist diese Orgel die einzige Orgel von Ferdinand Wäldner im Nordosten“, sagt er. Die bislang nördlichste steht in Templin (Brandenburg), die bekannteste des Baumeister, der 52 Orgeln errichtete, im Dom der Saalestadt Halle.

Von Klaus Amberger

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