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Erst Deutsch, dann Einschulung? Völlig falsch, meint MADS-Autorin Otilia

Erst Deutsch, dann Einschulung? Völlig falsch, meint MADS-Autorin Otilia
Foto: Collage: privat/Unsplash.com/Rachel

In einem Interview mit der “Rheinischen Post” sagte der CDU-Politiker Carsten Linnemann, dass Kinder, die wenig bis gar keine Deutschkenntnisse besitzen, nicht eingeschult werden sollen. Doch wie können sie sonst Deutsch lernen, wenn nicht zusammen mit Muttersprachlern?


Ich heiße Otilia,  bin 17 Jahre alt und stamme aus Rumänien. Vor fünf Jahren bin ich mit meinen Eltern nach Deutschland gekommen und konnte nicht ein Wort Deutsch sprechen. Zwei Monate vor den Sommerferien wurde ich am Lutherschule-Gymnasium in die fünfte Klasse aufgenommen. Meine Mitschüler waren alle Muttersprachler; ich war die Einzige in der Klasse, die kein Deutsch sprechen konnte. Ich musste wie alle anderen am Unterricht teilnehmen. Trotz dem Online-Übersetzer, den ich benutzen durfte, habe ich wenig Stoff verstanden. Allerdings fing ich an, immer mehr deutsche Wörter zu lernen, sodass ich am Ende des Schuljahres fast fließend Deutsch sprach.

Dabei haben mir meine Mitschüler sehr geholfen: Sie haben mit mir Deutsch gesprochen, mir Worte erklärt, mit mir gespielt und viel Verständnis gezeigt. Die Lehrer haben mich mit Arbeitsmaterialien unterstützt, sodass ich Deutsch auch immer besser schreiben konnte.

„Sommerferien waren eine schlimme Zeit“

Die Sommerferien waren eine richtig schlimme Zeit für meine Sprachentwicklung: Meine Eltern konnten beide kein Deutsch und einen Sprachkurs konnten wir uns nicht leisten. Ich war auf mich allein gestellt. Ich habe mir einige deutschsprachige Bücher und einen Deutsch-Rumänisch Wörterbuch geschnappt und habe angefangen, jedes Wort zu übersetzen, um es zu verstehen.

Heute besuche ich immer noch das Gymnasium und beherrsche, im Gegensatz zu früher, viel besser die Deutsche Sprache. Ich kann mir nicht vorstellen, wie es gewesen wäre, wenn ich damals nicht zur Schule gegangen wäre. Mit Sicherheit kann ich aber sagen, dass ich die deutsche Sprache ohne die Mitschüler und Lehrer nicht so schnell und gut gelernt hätte. Zu einer guten Sprachentwicklung gehören meiner Erfahrung nach soziale Kontakte.

Die Aussage des CDU-Politikers Carsten Linnemann finde ich falsch. Eine Sprache wird nicht nur von dem Lehrer vermittelt. Was bringt Sprachunterricht, wenn die Schüler sich in den Pausen in ihren Muttersprachen unterhalten?

Von Otilia Holban


Über den Autor/die Autorin:

MADS-Team

Unter diesem Namen sammeln wir Beiträge von Gastautorinnen und -autoren, Autorenkollektiven oder freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bei MADS. Die Namen des jeweiligen Autors oder der jeweiligen Autorin stehen unter dem einzelnen Beitrag.

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