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Eisbärenwache in der Arktis: Das hat Lehrerin Friederike auf einer Expedition erlebt

Eisbärenwache in der Arktis: Das hat Lehrerin Friederike auf einer Expedition erlebt
Foto: Mario Hoppmann

Lehrerin Friederike Krüger war fünf Wochen mit einem Forschungsschiff in der Arktis unterwegs. Als Lehrerin hat sie dort Unterrichtsmaterial für deutsche Schüler gesammelt. Was sie auf dem Nordpolarmeer gemacht hat, verrät sie MADS im Gespräch.


Es ist die größte Arktisexpedition aller Zeiten: Im September ist der deutsche Forschungseisbrecher Polarstern aufgebrochen zu einer Reise durch das Nordpolarmeer. Auf der sogenannten MOSAiC-Expedition erforschen Wissenschaftler aus 20 Nationen die Arktis und überwintern auf dem Eis. Dafür lassen sie ihr Schiff in den Eismengen einfrieren und durch die winterliche Zentralarktis treiben.

Friederike Krüger (28) hat die Expedition auf einem zweiten russischen Forschungsschiff die ersten fünf Wochen begleitet und ist mittlerweile zurück in ihrer Heimat. Eigentlich unterrichtet sie Deutsch und Erdkunde an einer IGS in Hannover-Bothfeld. MADS-Autorin Nadine erzählt sie im Interview, was sie auf ihrer Reise erlebt hat.

Nichts lenkt dich ab, du bist mit dir allein.

Friederike Krüger (28)

MADS: Friederike, wie klingt die Arktis?

Anders als ich es mir vorgestellt habe. Ganz wenig nach Einsamkeit und vor allem nach dem Motor des Schiffs, auf dem du bist. Wenn wir draußen auf dem Eis, aber ein bisschen weg vom Schiff waren, klang es anders. Dann hörst du gar nichts, nur den Wind. Nichts lenkt dich ab, du bist mit dir allein.

Anders ist es nachts: Im Bett auf dem Schiff hört man dann, wie sich das Eis am Schiff entlang drückt. Das klingt so, als ob jemand eine krass schwere Kiste über einem an Deck entlangziehen würde.

Meistens sei die Arktis blau, weiß und an den Unterseiten der Eisschollen
etwas bräunlich von den Algen, erklärt Friederike. Zum Sonnenaufgang
und -untergang kommen etliche Farben dazu. Foto: Sebastian Grote

MADS: Und wie bist du in die Arktis gekommen?

Ein Freund von mir hat eine E-Mail an mich weitergeleitet. Das Alfred Wegner Institut hat Lehrer gesucht, die die Expedition der Polarstern für einige Wochen in die Arktis begleiten, um Material für junge Menschen zu sammeln. Da hab ich mich beworben, weil ich die Arktis schon immer interessant fand, aber mich nicht auf einen Touri-Frachter setzen würde, um dorthin zu reisen. Wenn du es nur angucken kannst, ist es nur halb so spannend als wenn man auf einem Forschungsschiff mitarbeiten kann. Deswegen habe ich mich beworben.

MADS: Was hast du auf dem Forschungsschiff gemacht?

Ich habe ganz viele Filme gedreht und Interviews geführt und war dabei die ganze Zeit mit der Crew zusammen. Ich habe aber aber auch im Fuhrhaus mitgeholfen, die Messinstrumente vorbereitet, die aufs Eis sollten… Und ich war auch mit auf dem Eis unterwegs, um die Instrumente anzubringen.

Außerdem musste jeder auch mal eine Eisbärenwache halten. Also oben an Deck mit dem Fernglas Ausschau danach halten, ob sich dem Schiff Eisbären nähern.

Auf dem Eis: Friederike hat die Forschungsarbeiten dokumentiert – und unterstützt. Foto: Mario Hoppmann

MADS: Hast du denn Eisbären gesehen?

Ja, an mehreren Tagen. Wahrscheinlich waren es aber insgesamt nur vier verschiedene.

Während der Eisbärenwachen hat Friederik immer mal wieder Eisbären gesehen. Foto: Lüers

MADS: Und Was hast du aus der Arktis mitgebracht?

Ganz viel Material, das ich in Arbeitsblätter umgewandelt habe, die bald Lehrern und Lehrerinnen bundesweit zur Verfügung stehen sollen. Dabei geht es zum einen um die Expedition und um das Leben auf dem Schiff, aber auch darum, Satellitenbilder auszuwerten.

Und natürlich viele Videos, aus denen ich eine kleine Mini-Dokumentation zusammen geschnitten habe, die jetzt auch noch einmal von einem Profi überarbeitet wird.

MADS: Was willst du den Schülern am meisten vermitteln?

Ich mache zusammen mit dem Bundesministerium ein Projekt, in dem wir Schüler und Schülerinnen darüber aufklären, wem die Arktis gehört. Das ist mir am wichtigsten. Die Arktis ist nicht geschützt. Wenn dort in ein paar Jahren noch mehr Eis weg geschmolzen ist, wird das Rennen um Erdgas und -öl zwischen den Anrainerstaaten losgehen. Außerdem könnte der Schiffsverkehr dann auch im Norden entlang geleitet werden – und nicht mehr im Süden entlang Indiens Küste.

Polarstern (links) wurde von der russischem Akademik Federov (rechts) begleitet,
auf ihr war auch Friederike. Foto: Alfred Wegener Institut

Vielleicht erreiche ich ja durch meine Arbeit, dass sich mehr Menschen Gedanken darüber machen, wie ihr Konsumverhalten den Klimawandel und dessen Auswirkungen beeinflusst oder dass sie sich zumindest dafür interessieren, dass die Arktis zu einem Schutzgebiet wird. Ich habe auf dem Schiff gesehen, dass das Eis schon jetzt keinen guten Zustand mehr hat.

Die Arktis ist nicht geschützt. Wenn dort in ein paar Jahren noch mehr Eis weg geschmolzen ist, wird das Rennen um Erdgas und -öl zwischen den Anrainerstaaten losgehen.

Friederike Krüger (28)

Mir würde es aber schon reichen, wenn danach mehr Schüler wissen, dass die Arktis im Norden ist und sie ein bisschen Interesse an der Thematik entwickeln. Mehr darf ich – glaube ich – auch nicht erwarten.

MADS: Konntest du in der Kälte überhaupt filmen?

Nie besonders lange. Ich hab extra Super-Akkus gehabt, die die Kälte aushalten. Mein Smartphone hat wegen der Temperaturen gar nicht funktioniert. Es waren etwa minus 25 Grad, das ist schon kalt, aber mit Schneeanzügen ging es. Man bekommt auf dem Schiff auch vier Mahlzeiten am Tag – angeblich, weil man in der Kälte mehr Hunger hat.

Eisbären auf dem Eis. Foto: Esther Horvath

MADS: Wie wurdest du bei deiner Rückkehr in der Schule aufgenommen?

Bei uns im Flur der fünften Klassen standen ganz viele Schüler und Schülerinnen mit Fahnen und Bannern als ich wiederkam. Zwei Fernsehteams waren auch da. Besonders die Schüler finden das schon spannend, dass ich in der Arktis war und haben viel gefragt. Ob ich Heimweh hatte, ob ich Eisbären gesehen habe. Was auch häufig gefragt wurde, war, ob wir die Arktis mit einer Expedition nicht noch weiter zerstören und verschmutzen. Das finde ich super, dass sie das hinterfragen.

Mein Smartphone hat wegen der Temperaturen gar nicht funktioniert. Es waren etwa minus 25 Grad, das ist schon kalt, aber mit Schneeanzügen ging es.

Friederike Krüger (28)

MADS: Und was passiert mit dem Müll auf einem Forschungsschiff?

Die großen Sachen werden wieder mitgenommen. Außerdem gibt es eine Müllverbrennungsanlage für Plastik auf dem Schiff aus der wieder Energie begonnen wird. Die Abgase daraus werden gefiltert, trotzdem kann man die Messungen nicht durchführen, wenn die Anlage läuft.

Aber die Schüler haben schon recht: Durch die Expedition entsteht auch Messungsmüll, der nicht wieder mitgenommen wird. Einige Messgeräte versinken einfach im Wasser, wenn die Eisscholle schmilzt, auf der sie stehen. Daher fände ich es schön, wenn man noch genauer überlegt, welche Geräte man wirklich braucht. Bei Forschung geht es eben auch um Prestige – und es sind viele Nationen an Bord mit vielen Messgeräten.

Die Expedition ist die erste ihrer Art und an von einer Expedition aus dem 19. Jahrhundert inspiriert worden. Der Norweger Fridtjof Nansen hatte sich und seine Crew in einem Holzschiff im arktischen Packeis hatte einfrieren lassen.

MADS: Würdest du nochmal in die Arktis fahren?

Nein, ich glaube, dass das eine einmalige Reise bleiben wird. Eigentlich gibt es jetzt auch keinen Grund mehr für mich, dorthin zu reisen – ich habe mein Material gesammelt und genug gesehen, das ich weitergeben kann. Wenn ich jetzt noch einmal in die Arktis hinreise, müsste ich mir die Frage gefallen lassen, ob das wirklich gewinnbringend ist oder nur für mich persönlich.

Interview: Nadine Wolter

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