Diese Frau ist die deutsche Stimme von Emilia Clarke und Emma Watson
Synchronsprecherin Gabrielle Pietermann leiht Schauspielerinnen wie Emilia Clarke („Game of Thrones“), Emma Watson („Harry Potter“) und Selena Gomez ihre Stimme. Dafür hat sie lange trainiert – und sich ihren bayerischen Dialekt austreiben lassen.
Braune Augen, die wach hinter ihrer Brille hervorblicken, lange, dunkle Haare und ein etwas zurückhaltendes Lächeln: Gabrielle Pietermann hat ein schönes, filigranes Gesicht. Aber auch eins, das niemand auf der Straße erkennt. Und das, obwohl sie in einigen der weltweit bekanntesten Filme und Serien zu hören ist – unter anderem in „Harry Potter“ und „Game of Thrones“.
Dass sie darin nur zu hören ist, liegt daran, dass Pietermann Synchronsprecherin ist. Sie ist die deutsche Stimme unter anderem von Emilia Clarke, Emma Watson und Selena Gomez. Dass ihr Gesicht trotzdem kaum einer kennt, findet die 32-Jährige gut. „Ich liebe es, spielen zu können im kleinen Kämmerchen, ohne dass man auf der Straße erkannt wird“, sagt sie. Denn – darauf legt Pietermann Wert – auch das Synchronsprechen ist ein schauspielerischer Beruf. „Die wenigsten wissen, dass unser Beruf auch Synchronschauspieler heißt“, erklärt sie. „Es ist mehr oder weniger Voraussetzung, eine Schauspielausbildung zu haben.“ Ihrer Schätzung nach würden 80 Prozent der Synchronsprecher auch drehen oder Theater spielen. Doch auch wenn Pietermann mehrere berühmte Schauspielerinnen in großen Film- und Serienproduktionen spricht – zum Leben reicht das nicht. „Viele Leute denken, dass wir Unsummen an Geld verdienen, so wie die Schauspieler. Das ist nicht der Fall“, erklärt die 32-Jährige.
Schauspieler verdienen Unsummen, Synchronsprecher nur einen Bruchteil
Während Emilia Clarke für ihre Rolle als Daenerys Targaryen in „Game of Thrones“ geschätzt 500 000 US-Dollar (rund 448 000 Euro) pro Folge verdiente, muss Pietermann nebenbei noch an anderen Projekten arbeiten, um sich ihren Lebensunterhalt zu verdienen. So verdient ein Synchronsprecher laut gehaltsvergleich.com etwa 2 bis 4 Euro pro Take, demnach besteht ein Film – je nach Länge – aus 600 bis 800 Takes. Das sind umgerechnet 1200 bis 3200 Euro pro Film. Doch Pietermann hat auch weniger Arbeit mit dem Einsprechen als Clarke für das Drehen: „Die Synchronarbeit geht wesentlich schneller, als das Ganze zu drehen. ,Game of Thrones‘ oder auch ,Harry Potter‘ waren für uns Sprecher nur ein paar wenige Tage Arbeit“, erklärt sie. Da bleibt mehr Zeit für andere Engagements: „Hörbücher, Hörspiele, Werbung, … überall, wo Stimmen gebraucht werden, bin ich einsatzbereit.“
Damit ihre Stimme so klingt, wie sie das heute tut, musste Pietermann viel tun. „Ich bin in einem kleinen Dorf in Oberbayern aufgewachsen, man musste mir erst mal das Bayrische austreiben“, sagt sie lachend. Vom bayerischen Akzent ist nichts mehr übrig geblieben – der würde einer Drachenkönigin aus „Game of Thrones“ wohl auch weniger stehen. Seit ihrer Kindheit habe Pietermann Theater gespielt und eine Sprecherziehung genossen.
Erkennt man Gabrielle Pietermann allein an ihrer Stimme?
Doch müsste man Pietermann nicht an ihrer Stimme erkennen, hat man all ihre Filme und Serien gesehen? „Die Leute verbinden Personen immer als Erstes mit dem Gesicht. Deswegen kommt man nicht auf die Idee, dass man die Stimme mal im Fernsehen gehört haben könnte“, so Pietermanns Erklärung, warum dem nicht so ist. Außerdem habe sie „nicht so eine wahnsinnig prägnante Stimme“ – im Gegensatz zum deutschen Bruce-Willis-Sprecher. „Der wird auch mal beim Einkaufen an der Kasse erkannt“, meint die 32-Jährige. Und auch ihr „Game of Thrones“-Kollege Patrick Roche, der den Jon Schnee auf Deutsch spricht, hat das schon erlebt. „Ich wurde mal beim Zigarettenkaufen an meiner Stimme erkannt“, erzählt er bei der „Throne Con“ in Hannover.
Sie sind die Stimmen von Schauspielern wie Kit Harington und Emilia Clarke – doch lernen die Synchronsprecher die Schauspieler auch kennen? „Ganz selten“, so Pietermann. Emilia Clarke hat sie mal auf einer Premiere getroffen: „Da konnte ich ihr auf dem roten Teppich kurz Guten Tag sagen.“ Was für sie ein besonderes Erlebnis war, war für die Schauspielerin wahrscheinlich eher nebensächlich. „Man darf nicht vergessen, dass sie auch noch eine französische Stimme hat, eine italienische, eine spanische …“. Trotzdem verbringt Pietermann zurzeit – zumindest auf dem Bildschirm – wieder viel Zeit mit Emilia Clarke: Sie synchronisiert die Schauspielerin für den Film „Last Christmas“, eine Weihnachtsromanze, die am 14. November in den deutschen Kinos startet.
Von Hannah Scheiwe/RND