
Die „Orange Days“ gegen Gewalt an Frauen: Aktionen gegen Femizide

Vom 25. November bis 10. Dezember soll im Zuge der UN-Kampagne „Orange Days“ weltweit auf Gewalt gegen Frauen und Femizide aufmerksam gemacht werden. Auch in Deutschland ermordet fast jeden Tag ein Mann seine (Ex-)Frau. Was jeder einzelne bei diesem Thema tun kann, kommentiert MADS-Autorin Jennifer.
Seit den 90er-Jahren machen die Vereinten Nationen jedes Jahr mit den „Orange Days“ auf geschlechterspezifische Gewalt gegen Frauen aufmerksam. Weltweit gibt es dazu Aktionstage und Demonstrationen. Traurigerweise bleibt diese UN-Kampagne jährlich aktuell. In Deutschland steigen die Femizide und die Vorfälle der häuslichen Gewalt sogar wieder an. Hier wird aktuell fast jeden Tag eine Frau von ihrem Ex-Partner oder Partner getötet, wie die neusten Daten zeigen.
Im kürzlich vom Bundeskriminalamt veröffentlichten Lagebild „Häusliche Gewalt“ zeigt sich ein Anstieg bei vielen Straftaten gegen Frauen. Sexualstraftaten und Fälle von häuslicher Gewalt sind im Vergleich zum Vorjahr 2022 um mehr als 6 Prozent gestiegen. Im Bereich sexuelle Ausbeutung und Menschenhandel gab es sogar 11,5 Prozent mehr weibliche Opfer. Das Bundesinnenministerium fasst die erschütternde Lage in Deutschland zusammen: Alle drei Minuten sind Frauen Opfer häuslicher Gewalt, mit 360 ermordeten Frauen ist in Deutschland fast jeden Tag ein Femizid passiert. Dazu kommen versuchte Tötungen durch Partner und Ex-Partner.
Was ist ein Femizid? Man spricht von einem Femizid, wenn eine Frau wegen ihres Geschlechts oder wegen bestimmter Erwartungen und Vorstellungen von Weiblichkeit von einem Mann, meist dem (Ex-)Partner getötet wird.
Warum gibt es mehr Femizide?
Warum wächst der Hass gegen Frauen wieder an? Wieso töten wieder mehr Männer Frauen oder tun ihnen Gewalt an? Die Deutsche Gesellschaft der Vereinten Nationen erklärt, dass Femizide ein universelles Problem sind. Das eigene Zuhause ist für Frauen auf der ganzen Welt der gefährlichste Ort überhaupt. Eine Zunahme der Gewalt lässt sich möglicherweise damit erklären, dass in Krisenzeiten auch geschlechtsbezogene Ungleichheiten und Gewalt gegen Frauen wieder ansteigen. Auch zu Beginn der Covid-19-Pandemie habe man weltweit einen Anstieg von geschlechterspezifischer Gewalt beobachten können.
Femizide und Frauenhass
Spannend ist auch, dass das Bundeskriminalamt in seiner Studie feststellt, dass auch die digitale Gewalt gegen Frauen stark zugenommen hat: um 25 Prozent innerhalb nur eines Jahres. Wer sich viel im Internet bewegt, dem werden sie nicht verborgen geblieben sein: Männlichkeitscoaches wie Andrew Tate oder auch sogenannte Tradwifes, also Frauen, die sich in einem „traditionellen Lebensstil“ ihrem Ehemann unterordnen. Die Message in vielen dieser Tiktoks und Reels: Frauen trügen die Schuld an männlichen Problemen und hätten sich unterzuordnen. Natürlich kann man hier nicht automatisch von einem Zusammenhang sprechen, aber es fällt auf, dass die Stimmung in sozialen Medien Täter eher bestätigt und sie ihre Taten durch dort verbreitete Frauenbilder leicht legitimieren können. Möglicherweise ist auch das eine Ursache für den ansteigenden Frauenhass und die Gewalt. Was online passiert, tritt mit genug Reichweite und Popularität in die Realität über: Wer Hass sät, erntet Gewalt.
Schlechte Zeiten, um eine Frau zu sein
Und auch andere Kräfte, wie rechte und konservative Politiker in Deutschland und weltweit, machen mit Stimmung gegen Frauen und ihre Rechte wieder Politik. Vor Kurzem stimmte man im Bundestag über ein Gesetz gegen Gehsteigbelästigung ab. Das Gesetz kam durch, allerdings stimmten die AfD- und auch die CDU-Bundestagsabgeordneten dagegen. Dagegen, dass eine Frau auf dem Weg zum Frauenarzt und zu einer potenziellen Abtreibung nicht von sogenannten „Pro Life“-Aktivisten belästigt werden darf. Friedrich Merz, CDU-Kanzlerkandidat, empörte sich außerdem darüber, dass der Bundestag vor Kurzem vorschlug, das Gesetz auf Abtreibung in Deutschland zu liberalisieren.
Wenn man grundsätzlich etwas gegen geschlechterspezifische Gewalt tun will, dann braucht es nicht nur ein neues Gewalthilfegesetz, wie Familienministerin Lisa Paus (Grüne) es trotz Ampelbruchs noch auf den Weg bringen will. Es braucht einen umfassenden gesetzlichen Schutz für Frauen in allen Lebensbereichen und einen vollständigen Rückhalt aus der Politik. Gewalt gegen Frauen ist nämlich nicht die Ursache, sie ist ein Symptom. Ein Symptom von tief in unserer Gesellschaft verankertem Frauenhass.
Stoppt Gewalt gegen Frauen
Die „Orange Days“ sollte nun also jeder nutzen, um sich gegen Gewalt an Frauen und für eine gelebte Gleichheit der Geschlechter starkzumachen. Fast jeden Tag stirbt in Deutschland eine Frau durch die Hand ihres (Ex-)Partners. Die gesellschaftliche Betroffenheit sollte hier groß sein. Jede dritte Frau in Deutschland ist in ihrem Leben mindestens einmal von psychischer oder sexueller Gewalt betroffen.
Solltest du selbst von Gewalt betroffen sein, oder du befürchtest, dass sich eine Bekannte in der Situation befindet: Das Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ bietet rund um die Uhr unter der Nummer 116 016 kostenlos und anonym Beratungen in 19 Sprachen an.
Mitmachen bei den „Orange Days“
In vielen deutschen Städten finden in den zwei „Orange Days“-Wochen Kundgebungen und Demonstrationen gegen Femizide und Gewalt gegen Frauen statt. Informier dich über Aktionen in deiner Stadt und mach mit. Am besten wäre es jedoch, wenn man sich nicht nur während der „Orange Days“ für Frauen und ihre Rechte starkmacht, sondern jeden Tag, immer und überall.
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