Der Ätna könnte einen Tsunami im Mittelmeer auslösen
Dass die Ostflanke des Ätnas um einige Zentimeter pro Jahr Richtung Meer rutscht, ist seit Langem bekannt. Jedoch wussten Wissenschaftler nicht genau, warum. Denn bisherige Messungen stützten sich auf Satellitendaten über die Bewegungen an Land. Nun haben Kieler Wissenschaftler unter Federführung von Morelia Urlaub vom Kieler Geomar-Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung zum ersten Mal in etwa 1200 Metern Wassertiefe fünf mit Drucksensoren ausgerüstete Transponder an der instabilen Flanke des Vulkans angebracht. Ihre Ergebnisse veröffentlichten sie in der Zeitschrift „Science Advances“.
Der unterseeische Teil des Feuerbergs sei bisher weitgehend unberücksichtigt geblieben, weil satellitenbasierte Messungen unter Wasser nicht möglich seien, berichten die Forscher. „Das gesamte Vulkangebäude ist sehr hoch und schwer“, sagt Morelia Urlaub. „Das hat zur Folge, dass sich der Vulkan quasi ständig in alle Richtungen ausbreiten möchte. Am ehesten kann er das aber in Richtung Meer.“
Stürzt viel Material ins Meer, könnte es eine riesige Flutwelle geben
Die Kieler Forscher, die zusammen mit Kollegen vom Observatorium in Catania arbeiteten, werteten Daten von April 2016 bis Juli 2017 aus. Im Mai 2017 gab es dann über einen Zeitraum von acht Tagen deutliche Veränderungen: Die Flanke bewegte sich unter Wasser etwa vier Zentimeter seitwärts in östliche Richtung und etwa einen Zentimeter abwärts. Nicht Magma, sondern die Schwerkraft setze die Vulkanflanke in Bewegung, schlussfolgern die Forscher jetzt.
„Wir konnten zeigen, dass sich die Flanke weit weg vom Herzen des Vulkans, der Magma-Kammer, unter dem Wasser bewegt“, erläuterte Morelia Urlaub. Von den Gravitationskräften sei, anders als bei Magma-Eruptionen, die gesamte instabile Flanke von dem Fuß bis zum Gipfel betroffen – mit katastrophalen Folgen: Stürzten auf einen Schlag große Mengen Material ins Meer, könnte das eine riesige Flutwelle auslösen. Eine unmittelbare Gefahr gebe es zwar nicht, so Urlaub, aber man müsse die Flanke genau beobachten. Eine weitere Forschungsfahrt mit der „Poseidon“ nach Sizilien planen die Kieler Forscher im Jahr 2020.
Von Martina Drexler/KN/RND