Couple on Tour: Was die Trennung mit den Fans macht
Sie wurden als Influencerinnen-Paar berühmt, machten Hochzeit, Familienleben und Schicksalsschläge öffentlich. Nun haben sich Ina und Nessi von Couple on Tour getrennt. Wie sich ein solches Beziehungsaus auf das Paar und die Fans auswirkt, erklärt eine Paartherapeutin im Interview.
In sozialen Medien ausgetragene Beziehungen sind längst kein neues Phänomen mehr: ob BibisBeautyPalace und Julienco, Sonny Loops und Marcel Scorpion oder Jonas Ems und Denise Mski. Sie alle verdienten ihr Geld mit täglichem Couple-Content. Denn: Der schafft Emotionen, bindet das Publikum, generiert Klicks und sorgt am Ende des Monats für eine Menge Einnahmen. Doch nun ist es aus mit der Liebe. Sowohl bei den genannten Content Creatorn als auch bei Tiktok-Paar Ina und Nessi, bekannt als Couple on Tour. Die beiden haben ihre Trennung am vergangenen Freitag bekanntgegeben.
Millionen Fans in sozialen Medien
Neben den Millionen Followern auf ihren persönlichen Accounts erreichte das Ehepaar vor allem gemeinsam ein riesiges Publikum: mehr als 800.000 Abonnenten auf Youtube, 2,5 Millionen Follower auf Instagram und vier Millionen Follower auf Tiktok. Sogar ein Buch haben die beiden vor Kurzem veröffentlicht. Von der Hochzeit und intimem Mama-Content über Comedy bis hin zu Updates zu Inas Schlaganfall wurde alles jahrelang auf Kamera festgehalten und permanent mit der Öffentlichkeit geteilt. Ein bewährtes Geschäftsmodell, aber eben auch kein einfaches. Vor allem, wenn man den hohen Druck seitens der Zuschauerschaft bedenkt, die an jedem Aspekt der Beziehung interessiert ist.
Couple on Tour: Trennung nur inszeniert?
Entsprechend groß ist der Aufschrei nun nach der Trennung. Auch, wenn sich das Beziehungsaus bereits seit einigen Tagen angebahnt hatte, weil die beiden etliche Videos mit entsprechenden Andeutungen posteten. So sind einige Teile der ehemals treuen Zuschauerschaft der Meinung, die Trennung sei inszeniert und eine Masche für mehr Aufmerksamkeit und damit Geld. Dafür spreche in ihren Augen vor allem der Auftritt des Ex-Paares bei RTL, wo die beiden über ihre Trennung sprechen. „Wenn es keine Marketing-Masche ist, wieso so schnell bei RTL gelandet?“, lautet ein Kommentar unter einem Ausschnitt aus der Sendung mit mehr als 10.000 Likes.
Wie man’s macht, macht man’s falsch
Doch es finden sich auch andere Stimmen. „Bei Bibi und Julian wollten alle wissen, was abgeht, aber bei Ina und Nessi finden sie es aufdringlich. Man es kann es nie jemandem recht machen“, schreibt jemand. Das fasst gut zusammen, wie Social-Media-Trennungen häufig wahrgenommen und bewertet werden. Nämlich: Man kann es nicht richtig machen. Denn je größer die Followerschaft, desto größer der Druck, den Anforderungen der Öffentlichkeit gerecht zu werden. Und dieser nimmt bei einer Trennung nur noch mehr zu, augenscheinlich ganz unabhängig davon, wie offen das Paar mit seinem Privatleben umgeht.
Was die Zuschauerschaft in so einem Fall empfindet und wie die Dynamik innerhalb einer öffentlich geführten Beziehung ist, erklärt Paar- und Sexualtherapeutin Birgit Fehst im MADS-Interview.
Frau Fehst, was macht es mit den Zuschauenden, wenn sie sich als Teil einer öffentlich sehr detailliert geteilten Beziehung sehen?
Die Zuschauenden können sich mit dem Paar und der Beziehung identifizieren. Sie haben das Gefühl, live dabei zu sein, und auch das Gefühl, Anrecht auf alle Informationen zu haben.
Welches Verhalten ist nach einer Trennung des Paares bei den Zuschauenden zu beobachten?
Leider kommen einige böse Kommentare, die behaupten, dass Vanessa mit Inas Schlaganfall nicht umgehen könne und die „neue“ Ina nicht mehr liebe. Das ist äußerst verletzend. Beide haben deshalb extra ein Video gedreht, indem sie genau diesen Verdacht aufgreifen und verneinen, aber die Unterstellung liegt weiterhin in der Luft.
Zur Person
Birgit Fehst ist studierte Psychologin, ausgebildete Paar- und Sexualtherapeutin und Autorin des Beziehungratgebers „Harte Wahrheiten aus dem Leben einer Paartherapeutin“. Seit Oktober 2022 teilt sie ihr Wissen über Bindungstypen, Dating, Beziehungen, toxische Beziehungen und schmerzhafte Trennungen auch auf Instagram und Tiktok. Zu sehen ist sie seit Februar 2024 auch in der Serie „Love Hunters“ als Paartherapeutin.
Warum besteht auf Seite der Zuschauenden eine so hohe Erwartungshaltung an das Paar, von allerlei Details, sei es positiv oder negativ, zu erfahren? Was reizt sie daran?
Sie sind hautnah und live dabei, wenn es um den Alltag geht. Die beiden hatten ja eine hohe Follower-Zahl, nicht nur aus der LGBTQ-Community, denn sie haben eine weite Range an Themen abgedeckt – von Beziehung über Krankheit hin zum Mamadasein. Die Follower waren täglich live dabei und wollten alles wissen, um sich als Teil dieses gut funktionierenden, vorbildhaften Konstrukts zu fühlen.
Welche Dynamiken herrschen in einer Beziehung, die öffentlich geteilt wird und dadurch auch von finanzieller Bedeutung für das Paar ist?
Der Druck ist hoch, in der Öffentlichkeit diesen Vorbildcharakter aufrechtzuerhalten. Das Bild, das gezeigt wird, spiegelt ja immer nur einen Teil des Ganzen wider, und es muss wohlüberlegt sein, was geteilt wird und was nicht, damit das Interesse der Follower nicht verloren geht.
Welche Gefühle und Probleme löst eine Trennung in einer derartigen Beziehung bei den Betroffenen aus? Wie unterscheiden sich diese von einer „normalen“ Trennung, die nicht öffentlichkeitsrelevant ist?
Die Beziehung war gleichzeitig ihr Job, mit dem sie sehr gut verdient haben. Privat- und Arbeitsleben waren also komplett miteinander verstrickt. Mit der Trennung bricht ein Teil der Existenz weg. Beide haben noch ihre individuellen Accounts, aber das ist nicht dasselbe. Die Trennung löst also nicht nur das ohnehin schon negative Gefühl aus, das eine Trennung mit sich bringt, sondern auch noch Existenzängste, viele, auch negative Kommentare aus ihrer Community und ein Umdenken, das auch noch in der Öffentlichkeit vonstattengeht. Kein leichter Weg.
Von Sandra Kopa
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