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Coming of Age: Die MADS-Redaktion empfiehlt ihre liebsten Bücher und Filme übers Erwachsenwerden

Coming of Age: Die MADS-Redaktion empfiehlt ihre liebsten Bücher und Filme übers Erwachsenwerden
Foto: Helena Lopes/Unsplash

Coming of Age beschreibt die Verwandlung vom Kind zum Erwachsenen, den Prozess der Identitätsbildung und die aufwühlende Zeit des Teenager-Daseins. Zahlreiche Bücher und Filme widmen sich diesem Genre. MADS stellt die besten Coming-of-Age-Filme und -Bücher vor.


„Die Selbtsmord-Schwestern“ – Jeffrey Eugenides (1993)

„Die Selbstmord-Schwestern“ ist der erste Roman des US-amerikanischen Autors Jeffrey Eugenides und erzählt die Geschichte der Lisbon-Familie und ihrer fünf Töchter. Alle fünf Mädchen begehen innerhalb eines Jahres nacheinander Suizid. Die Erzählung spielt in einer amerikanischen Vorstadt und erfolgt aus der Perspektive der Nachbarsjungen. Diese sind fasziniert von den Suiziden der Lisbon-Schwestern und versuchen, die Geschehnisse zu rekapitulieren, um so die Hintergründe der Suizide zu erforschen.

Foto: rowohlt Verlag

Die Geschichte spielt in den 1970er-Jahren, in denen die Schwestern in einer konservativ-religiösen Familie aufwachsen. Die Eltern haben eine genaue Vorstellung davon, welche Kleidung die Mädchen zu tragen haben, wen sie treffen dürfen und wie sie ihre Freizeit verbringen sollen. Das bedeutet wenig Individualität: Einer Tochter wird Make-up verboten, einer anderen Rockmusik, der dritten Cheerleading. Mit Jungs dürfen sie außerdem auf keinen Fall Kontakt haben. Als die jüngste Tochter ihren ersten, gescheiterten Suizidversuch begeht, geht es nur sehr oberflächlich darum, inwiefern dies an ihrer mentalen Gesundheit liegt und wie man ihr helfen könnte.

Das Buch überzeugt mit seinem mysteriösen Schreibstil, anonymen Erzählern und ziemlich einzigartigem Perspektivwechsel zwischen Gegenwart und Vergangenheit. Die Erzählung entwickelt dadurch eine geheimnisvolle Stimmung. In diesem Entwicklungsroman werden viele Themen behandelt, die viele junge Menschen aus allen Generationen beschäftigen. Der Roman wurde 1999 zudem von Sofia Coppola verfilmt.

Von Carlotta Krawczyk

Solltest du Suizidgedanken haben oder dich durch dieses Thema getriggert fühlen, dann sprich mit jemandem darüber oder wende dich an die Telefonseelsorge 0800 1110111 oder 0800 1110222.

„Mit anderen Worten: ich“ – Tamara Ireland Stone (2015)

„Mit anderen Worten: ich“ („Every last word“) ist ein Autorin und Unternehmerin Tamara Ireland Stone, die in Frankfurt am Main geboren und in Kalifornien aufgewachsen ist. Stone hat vor ihrer Karriere als Autorin unter anderem unter Steve Jobs bei Apple gearbeitet.

Foto: Magellan Verlag

Das Jugendbuch handelt von der Schülerin Samantha McAllister, einer von Zwangsstörungen geplagten Teenagerin, die versucht, ihre Diagnose vor ihrem elitären Freundeskreis zu verbergen. Sie hat Angst, von ihnen verurteilt zu werden. Während einer ihrer psychotischen Episoden lernt sie die unbeschwerte Caroline kennen. Caroline lehrt Sam, die Meinung anderer zu ignorieren, und erzählt ihr von einem geheimen Poetenklub.

Der Roman verfolgt ein tiefgehendes, ernstes Thema auf sehr bildliche, herzergreifende Art. Die Beziehung weckt das Verlangen, weiterzulesen. Das Buch eignet sich für alle, die lernen wollen, loszulassen, sich frei von anderen zu machen und sie selbst zu sein.

Von Emily Kleinert

„Miroloi“ – Karen Köhler (2019)

Vom Feuilleton damals nahezu einstimmig als „feministische Programmliteratur“ zerrissen, erzählt der Roman „Miroloi“ einfühlsam eine Emanzipationsgeschichte fernab der Zivilisation. Die Protagonistin, ein namenloses Mädchen, wächst auf einer Insel bei einem örtlichen Bethausvater, einer Art Pfarrer, auf. Ihre leiblichen Eltern lernte sie nie kennen. Als Waisenkind von der Dorfgemeinschaft skeptisch beäugt, findet sie dennoch Erfüllung in den wenigen freundlichen Kontakten, die ihr gewährt werden. Sie ist neugierig und stellt zunehmend Fragen, die ihrem Adoptivvater Unbehagen bereiten.

„Miroloi“ ist nicht an ein reales Vorbild angelehnt, allerdings kann man sich das Leben von Frauen in einer solchen Gesellschaft gut vorstellen. Denn auch in der realen Welt gibt es Gesellschaften, beispielsweise im heutigen Afghanistan oder Iran, in denen Frauenrechte massiv eingeschränkt werden. Auch die – gelegentlich unterdrückende – Rolle der Religion behandelt das Werk. Im Roman heißt etwa das heilige Buch der Gemeinschaft „Korabel“. Eine Metapher, die implizit verdeutlicht, wie Religion unter bestimmten Umständen das Leben von Menschen einengen kann. Mit dem Heranwachsen zur Frau regen sich in der Protagonistin stetig Gefühle, die sie anfangs nicht einordnen kann, und sie wünscht sich zunehmend ein freieres Leben fernab von der rigiden Dorfgemeinschaft. Kann sie es schaffen, alles hinter sich zu lassen, was sie je kannte?

Von Lisa Neumann

„Where we go from here“ – Lucas Rocha (2020)

Ian ist HIV-positiv, wie er zu Beginn des Romans erfährt. Eine Krankheit, die in der LGBTQ-Community um ihn herum wenig thematisiert und in der brasilianischen Gesellschaft immer noch tabuisiert wird. Doch bald merkt er, dass er damit und mit seinen Problemen keineswegs allein ist. Der Roman ist eine Hommage an queere Beziehungen und Freundschaften zwischen jungen Männern und zeigt jugendlichen Lesenden, dass viele Ängste und Vorurteile in Bezug auf HIV-Infizierte unbegründet sind. Heutzutage ist das Virus so behandelbar, dass man als HIV-positiver Mensch mit regelmäßiger Medikamenteneinnahme eine so geringe Viruslast hat, dass man andere Menschen sogar bei ungeschütztem Sex nicht damit anstecken kann.

Ian merkt schnell, dass sein Leben mit HIV nicht weniger lebenswert ist als vorher. Das Buch macht gerade jungen Lesenden Mut, sich offen und selbstbestimmt mit dem Thema Sexualität auseinanderzusetzen und zu sich selbst zu stehen, egal, welche sexuelle Orientierung sie haben.

Von Lisa Neumann

„The Hate U Give“ – Angie Thomas (2017)

Starrs Freund Khalil wird vor ihren Augen im Auto von Polizisten erschossen. „The Hate U Give“ thematisiert den Rassismus gegenüber Schwarzen Menschen in den USA und ist nicht erst seit dem Tod von George Floyd hochaktuell. Die Autorin Angie Thomas schildert, wie sehr Rassismus die amerikanische Gesellschaft durchdringt. Die Protagonistin wird nach dem tragischen Mord von ihrer Familie und ihrem weißen Freund aufgefangen. Lesende beobachten gemeinsam mit Starr die Umwelt und werden Teil ihrer Trauerbewältigung. Wie kann ihr Leben in Zukunft funktionieren, wenn die Gesellschaft, in der sie lebt, so offensichtliche Mängel hat?

Der Roman liefert keine klaren Antworten, gibt aber Hoffnung, dass systemischer Rassismus zumindest im kleinen Mikrokosmos der menschlichen Begegnungen teils überwunden und verringert werden kann. Dazu trägt das Buch selbst einen Teil bei, indem es Lesenden zeigt, wie der Rassismus die Schwarzen Charaktere prägt, die sich in der amerikanischen Gesellschaft weiterhin nicht sicher fühlen können.

Von Lisa Neumann

„Hard Land“ – Benedict Wells (2021)

„In diesem Sommer verliebte ich mich, und meine Mutter starb.“

Mit dieser bittersüßen Prophezeiung leitet Benedict Wells seinen Roman „Hard Land“ ein. Die Leserschaft teilt dadurch von Beginn an die Angst des Protagonisten. Die Angst vor dem Tod der kranken Mutter, seiner engsten und einzigen Bezugsperson. Sie begleitet den ohnehin ängstlichen Sam bei seinem holprigen Versuch, Anschluss zu finden in einer Welt, die ihn nicht versteht. Es könnte eine Geschichte sein wie viele andere: Ein schüchterner Teenager findet Freunde, verliebt sich zum ersten Mal und erlebt zwischen den kleineren und größeren Dramen des Erwachsenwerdens den schönsten Sommer seines Lebens. Für Sam aber soll es der schönste und gleichzeitig schlimmste Sommer werden.

Foto: Diogenes Verlag

Zunächst aber wecken Sams Erlebnisse mit seinen neuen Freunden Erinnerungen und die Sehnsucht nach der verlorenen – oder das Wissen um die Vergänglichkeit der noch währenden – Jugend. Die teils unverhofften und dennoch tiefen Beziehungen, die Sam knüpft, berühren und bewegen beim Lesen. Wells gelingt es, viele verschiedene Figuren mit Tiefe zu schaffen, die einem schnell ans Herz wachsen. Sie lassen das Unvermeidbare bisweilen vergessen. Doch wann immer sich die Dinge zum Guten wenden, lauert in ihrem Schatten das „Danach“. Die Euphorie geht immer einher mit der Melancholie und dem Wissen um die Vergänglichkeit des Moments. Sams Geschichte lässt mitfühlen, lädt zum Nachdenken, aber auch zum Lachen ein. „Hard Land“ erzählt von den vielen Mutproben, die das Leben bereithält, und dem Sprung in das kalte Wasser des Erwachsenseins.

Von Myron Christidis

„Call Me by Your Name“ – Luca Guadagnino (2018)

Die Filmadaption „Call me by your name” nach dem gleichnamigen Buch von André Aciman spielt im Jahre 1983 in einer Kleinstadt in Norditalien. Jedes Jahr kommt der 17-jährige Elio Perlman (gespielt von Timothée Chalamet) mit seiner Familie auf das Anwesen, um dort den Sommer zu verbringen. Sein Vater, Professor Perlman (Michael Stuhlbarg), lädt jährlich einen Studenten oder eine Studentin in sein Zuhause ein. Dieses Jahr ist es der 24-jährige Amerikaner Oliver (Armie Hammer). Während Elio zu Beginn eher Antipathie gegenüber Oliver empfindet, entwickelt sich im Laufe des Filmes eine Beziehung, die komplexer, realer und doch wunderschöner nicht sein könnte.

Regisseur Luca Guadagnino hat mit seinem Film „Call me by your name” eine Coming-of-Age Geschichte auf die Leinwände gebracht, die konstant auf der Schwelle zwischen Leichtigkeit und Sinnlichkeit, zwischen Schmerz und Ekstase ist. Man kann Elio beobachten, wie er erste Beziehungen eingeht, Fehler macht und sich selbst kennenlernt. Das alles geschieht mit einer Ehrlichkeit und einem Mut, den man selten in Filmen erlebt. So lebt Elio in einer scheinbar perfekten, romantischen Welt, in der er nichts weiter macht als zu schwimmen, zu lesen und Klavier zu spielen. Und trotzdem lässt der Film tief blicken, zeigt sämtliche Emotionen des Erwachsenwerdens, stellt die Beziehung von Elio zu seinen Eltern dar und lässt einen am Ende fasziniert, erschüttert und doch glücklich zurück.

Von Milla Stremme

„Lady Bird“ – Greta Gerwig (2017)

Starke, feministische Frauencharaktere, dafür ist Regisseurin Greta Gerwig bekannt. Genau so ein Charakter ist die 17-jährige Christine, genannt „Lady Bird“. Sie ist rebellisch, neugierig und willensstark. Ihr größter Wunsch: ihren kleinen Heimatort in Kalifornien und damit auch ihre katholische Mädchenschule zu verlassen und es auf ein gutes College an der Ostküste schaffen. Als das neue Schuljahr anfängt, beginnt jedoch das Chaos: Lady Bird verliebt sich, streitet sich mit ihrer besten Freundin. Ihre Familiensituation wird immer angespannter, sie erhält einen Schulverweis, und ihr Herz wird mehr als einmal gebrochen. Wie erkennt man, wer die echten Freunde sind? Wie viel gibt man auf für Träume? Diese Fragen beantwortet „Lady Bird“. 

Der Film stellt die Pubertätszeit realistisch und wunderschön ehrlich dar. Das Kleinstadtleben ist etwas, womit sich viele Zuschauerinnen und Zuschauer identifizieren können – zumindest rückblickend auf ihre Kindheit und Jugend. Der Film zeigt die immer gleichen Tagesabläufe, eingeschränkte Weltbilder und das Gefühl, eingeschlossen zu sein. Er behandelt die Erkenntnis, dass man sein Zuhause und die dort lebenden Personen eventuell doch vermisst, sobald man es verlässt. Besonders hervorgehoben wird die komplizierte Beziehung von Mutter und Tochter. Bedürfnisse und Wünsche der beiden Charaktere treffen immer wieder aufeinander, die Konflikte werden immer häufiger. Der Film ist ein Muss für alle, die nicht genug von Indiefilmen und dem Coming-of-Age-Genre bekommen können.

Von Luna Exner

I Am Not Okay With This“ – Jonathan Entwistle (2020)

„Dear Diary, go fuck yourself“: Mit diesem Satz beginnt die Miniserie auf Netflix, die von der 17-jährigen Syd handelt. Syd hasst ihr Leben. In der Schule hasst sie ihre Mitschülerinnen und Mitschüler, die sich über sie lustig machen. Sie hasst ihre Mutter, die sie nicht versteht, ihren toten Vater, der sie zurückgelassen hat, und am meisten hasst sie sich selbst. Die komischen Pickel auf ihren Beinen, wie langweilig sie ist und besonders das ständige Gefühl, anders als der Rest zu sein. Seit Kurzem passieren Syd jedoch merkwürdige Dinge, sobald sie starke negative Emotionen empfindet. Sie bekommt Nasenbluten, Straßenschilder werden wie aus dem Nichts aus dem Boden gerissen, und Wände krachen zusammen.

Während sie versucht herauszufinden, was es mit ihren übernatürlichen Kräften auf sich hat, lernt sie Stanley Barber kennen, einen aufgedrehten, lustigen und etwas komischen Jungen aus ihrer Straße. In ihrem Tagebuch schreibt sie „Stanley is the master of zero fucks“ – die beiden könnten nicht unterschiedlicher sein. Als Syd sich dazu entscheidet, ihm ihr großes Geheimnis anzuvertrauen, entsteht zwischen den beiden eine besondere Freundschaft. Die Serie hat großes Sucht-Potenzial und mit ihren sieben Episoden die perfekte Länge. Die Stimmung, der Soundtrack und die Ästhetik der späten 90er-Jahre runden das Bild ab.

Von Luna Exner

„How to Have Sex“ – Molly Manning Walker (2023)

Der Film „How to Have Sex“ ist ein mitreißendes Coming-of-Age-Drama von Molly Manning Walker, das die Komplexität der britischen Teenagerkultur und Themen wie Angst und Gruppenzwang einfühlsam porträtiert. Der Film ist erschreckend realistisch und herzzerreißend.

Mia McKenna-Bruce brilliert in der Hauptrolle als Tara. Tara ist eine Jugendliche, die mit ihren Freundinnen einen Sommerurlaub voller Partys und neuer Erfahrungen erleben möchte. Zu Beginn des Filmes schwärmen die drei Teenagerinnen: „Das wird der Sommer unseres Lebens!“ Doch im Laufe des Filmes wird die Handlung immer düsterer und zeigt Taras sexuelles Erwachsenwerden auf brutale Art. Die erste Hälfte ist so unterhaltsam und lustig, dass die emotionalen Höhepunkte das Publikum umso härter treffen. Obwohl die Auseinandersetzung mit Themen wie Zustimmung und Gruppenzwang leicht einen moralisierenden Ton beinhalten kann, behandelt Walker sie mit Anmut, Verständnis und Stil, sodass die Zuschauenden wirklich eintauchen können, ohne belehrt zu werden.

„How to Have Sex“ kam Ende 2023 in die englischen Kinos und erzählt eine Geschichte, die viele junge Frauen erleben. Es geht um das bekannte Szenario von dem Typen, der ein wenig zu aufdringlich wird und schließlich Unbehagen mit Lust verwechselt. Die quälende Skepsis und Unsicherheit, die oft nach solchen Erfahrungen folgt, thematisiert der Film auf unerwartete Weise.

Wer von sexueller Gewalt betroffen ist, sich um andere sorgt, einen Verdacht oder ein komisches Gefühl hat oder sich unsicher ist und Fragen zum Thema stellen möchte, kann sich unter 0800 22 55 530 an das Hilfetelefon Sexueller Missbrauch wenden. Wer lieber nicht telefonieren möchte, sondern sich per Mail oder Videochat beraten lassen will, kann auch die Onlineberatung des Hilfetelefons in Anspruch nehmen.

Von Georg Krierer


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Über den Autor/die Autorin:

MADS-Team

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