Auch in MV machen Podcasts Alarm für Bücher
Das ist smart: Mithilfe eines digitalen Mediums wird ein analoges Medium für Kinder interessant. Das Projekt „Bücheralarm“ möchte per Podcast die Lust auf das Lesen von Büchern bei Grundschülern fördern.
Theo liest gerade das Buch „Julia und die Stadtteilritter“. Der 10-Jährige aus Warnemünde hat erst am vergangenen Wochenende griechische Sagen zu Ende gelesen. „Ich höre aber auch sehr viele Hörspiele“, sagt der Viertklässler. Er schaut an diesem verregneten Nachmittag bei seinem Vater in der Buchhandlung „Möwe“ im Ostseebad vorbei. Frank Weisleder war 2019 einer der Preisträger des Deutschen Buchhandlungspreises und sagt, dass insbesondere in den Schulferien viele Kinder ihre Eltern in sein Geschäft ziehen – weil sie lesen wollen. „Wichtig ist, dass wir auch an die Kinder herankommen, die nicht mit Büchern in Kontakt kommen, um ihre Lesekompetenz zu stärken“, überlegt er.
Um die Leseförderung generell voranzutreiben gibt es nun ein neues Projekt in Deutschland. Gerade fiel der offizielle Startschuss zu „Bücheralarm“. Initiatorin des Vorhabens ist Lena Stenz aus Hessen. „In den kommenden Monaten entstehen 60 Podcasts zu aktuellen Kinderbuchtiteln in Büchereien und Bibliotheken an unterschiedlichen Orten in Deutschland“, berichtet die 48-Jährige. Das Zielpublikum sind Grundschüler. „Podcasts bieten Kindern einen wunderbaren Einstieg in die Welt des Lesens“, ist Lena Stenz überzeugt.
Podcast soll neugierig aufs Buch machen
Die Vorleser in den Podcasts sind ebenfalls Kinder. „Allerdings wird nicht alles vorgelesen, sondern der Podcast hört an der spannendsten Stelle auf.“ Der Sinn dahinter ist, dass Kinder dann womöglich wissen möchten, wie die Geschichte weitergeht und sich das Buch ausleihen oder kaufen möchten. „Wir haben die ersten sechs Podcasts fertig, die nun nach und nach auf Spotify kosten- und werbefrei zu hören sind oder auf der Homepage von Bücheralarm“, sagt Lena Strenz.
Kinder wollen lesen
Ulrike Wiechert, Inhaberin der Buchhandlung „Welt im Buch“ in Güstrow hat oft Kinder mit ihren Eltern in ihrem Geschäft. „Die Kinder stöbern gern, haben Interesse und wollen oft mehr Bücher mitnehmen, als den Eltern oder den Großeltern lieb ist“, berichtet sie lächelnd. Sie halte das Bücheralarm-Projekt für eine tolle Sache. „Wenn Kinder weiterhin auch durch solche Projekte fürs Lesen begeistert werden, ist es die Mühe wert“, sagt die Buchhändlerin.
„Bücheralarm“, Initiatorin Lena Stenz aus Hessen. Quelle: Bücheralarm
„Zu den 30 bis 45 Minuten langen Podcast gehören nicht nur die vorgelesenen Kapitel der Kinderbücher, sondern ebenso beispielsweise kleine Interviews mit den Autoren der Bücher“, erzählt Bücheralarm-Erfinderin Lena Stenz, zu deren Lieblingsbüchern in der Kindheit „Die unendliche Geschichte“ von Michael Ende gehörte. Sechs namhafte Verlage sind Partner der Aktion und gestatten das Verwerten ihrer Texte in den Podcasts.
Bibliotheken und Buchläden spielen wichtige Rolle
Die Bibliotheken gelten als Multiplikatoren, als diejenigen, die zur Verbreitung der Leseförderung beitragen – sie können in ihren Häusern mit Kindern die Podcasts produzieren und erhalten dafür die nötige technische Ausstattung und Hilfestellung. 700 inhabergeführte und unabhängige Buchhandlungen in Deutschland, darunter 20 in Mecklenburg-Vorpommern, von Ahlbeck bis Wismar, gehören indirekt zum Netzwerk. Denn die Dachmarke dieser Buchläden – „geniallokal.de“ – ist auch Partner von Bücheralarm. Denn, so die weiterführende Überlegung, liest der Nachwuchs, profitieren auch die lokalen Buchhandlungen.
Leseförderung auch in Zinnowitz
Matthias Hausmann von der Strandbuchhandlung in Zinnowitz auf Usedom weiß, dass bei Kindern und Jugendlichen derzeit vor allem Fantasy-Bücher und Mangas angesagt sind. „Die meisten Kinder kommen zu uns in den Ferien – viele von ihnen sind Urlaubskinder und staunen, was es hier alles für Bücher für sie gibt“, berichtet der Buchhändler, der das Geschäft im Januar als neuer Inhaber übernimmt. Er findet Leseförderungen für den Nachwuchs wichtig, da Kinder die Zukunft seien. Deshalb hat Matthias Hausmann fürs kommende Jahr schon Pläne. So würde er gern Lesungen an Schulen organisieren und in der Strandbuchhandlung Kinderbuchillustratoren einladen – zu Lesungen, aber zum Zeichnen mit den Kindern.
Buchladen-Inhaber in Warnemünde: Frank Weisleder. Quelle: Dietmar Lilienthal
Für Frank Weisleder ist eine Initiative wie „Bücheralarm“ neben den traditionellen Vorlesewettbewerben an Schulen und ähnlichen Projekten ein guter Weg zu mehr Lesespaß für Kinder. Und was sagt sein Sohn Theo dazu? „Das macht neugierig, denn wenn wir in der Schule Geschichten vorlesen und an der spannendsten Stelle abbrechen, wollen viele wissen, wie es weitergeht.“ So will auch „Bücheralarm funktionieren“.
Info: www.buecheralarm.de
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