Jannik Schümann: Wie sein Adventskalender Menschen aus der Komfortzone lockt
Jedes Jahr veröffentlicht Schauspieler Jannik Schümann gemeinsam mit Freundinnen und Freunden den „Adventschallenger“: Einen Adventskalender, der mit täglichen unangenehmen Aufgaben für lustige Momente sorgt, indem er spielerisch aus der Komfortzone lockt. Dieses Jahr kommt der „Klein und Groß Challenger“ dazu, der 24 neue Aufgaben für Familien bietet. Im Interview mit MADS verrät Jannik, in welchen Momenten er persönlich seine Komfortzone verlassen musste und was in seinem Leben manchmal zu kurz kommt.
Jannik, in deinen Adventskalendern geht es unter anderem darum, seine eigene Komfortzone zu verlassen und sich mehr zu trauen. In welchen Momenten in deinem Leben musstest du dich bisher überwinden, etwas zu tun?
Eigentlich in jeglichen Situationen, in denen man in der Öffentlichkeit spricht. Wenn ich zum Beispiel in der Uni Präsentationen halten muss, muss ich immer wieder aus meiner Komfortzone heraus. Danach fühle ich mich aber immer größer. Als Schauspieler kann ich mich hinter meiner Rolle verstecken und bin geschützt, aber da, da bin ich erstmal nur Jannik.
Zur Person: Der 31-jährige Jannik Schümann ist gebürtiger Hamburger und arbeitet als Schauspieler, Musicaldarsteller, Synchron- und Hörspielsprecher. Bekannt ist er aus Serien wie „Sisi“ und „Charité“. Gemeinsam mit seinem Freund lebt er seit 13 Jahren in Berlin und studiert neben der Schauspielerei Anglistik und Medienwissenschaften an der Humboldt-Universität. Sein „Adventschallenger“ ist noch bis 20. November erhältlich.
Dann muss dir deine Rede im Bundestag zu den homosexuellen NS-Opfern besonders schwergefallen sein, oder?
Ich weiß nicht, wann ich das letzte Mal so aufgeregt war wie an diesem Tag. Das war eine große Ehre für mich. Und sehr überwältigend, mit so einer Aufgabe im Plenarsaal des Bundestages den verstorbenen homosexuellen NS-Opfern meine Stimme zu geben.
Zählt dein Coming-out auch zu Situationen, die dich viel Überwindung gekostet haben?
Ja und nein. Dadurch dass ich mir in meiner Entscheidung so sicher war, habe ich mich eigentlich schon fast darauf gefreut. Ich war sehr stolz auf mich, als ich dann meine Liebe zu Felix endlich öffentlich gemacht habe.
Momentan wird viel darüber diskutiert, ob Coming-outs überhaupt noch zeitgemäß sind. Wie stehst du dazu?
Gerade jetzt, wo es so einen Zuwachs an Homophobie in der Gesellschaft gibt, ist es definitiv noch zeitgemäß. Etwas wird ja erst überflüssig, wenn eine Sache in der Gesellschaft so verankert und als normal angesehen wird, dass man sie nicht mehr machen muss. An diesem Punkt sind wir leider noch lange nicht. Ich habe so viele positive Nachrichten von Menschen bekommen, denen mein Outing Kraft gegeben hat, sodass sie sich zum Beispiel getraut haben, sich vor ihrer Familie zu outen.
In dem „Adventschallenger“ geht es auch darum, nicht mehr so viel über das nachzudenken, was andere von einem denken. Fällt dir das schwer?
Natürlich muss man sich im ersten Moment überwinden, aber wir merken alle, dass wir total gestärkt aus dieser Adventszeit herausgehen, eben weil wir so viele Dinge tun, die uns erst mal unangenehm sind. Das tut richtig gut und lässt einen wachsen. Bei dem „Klein und Groß Challenger“ geht es hingegen eher darum, gewisse Routinen zu durchbrechen und Abwechslung in den Familienalltag zu bringen. Beispielsweise wenn die Kinder die Outfits für die Erwachsenen aussuchen dürfen oder die ganze Familie einen Tag lang unter dem Tisch Essen soll. Dieser Challenger sollte wirklich in keiner Familie fehlen.
Was war denn die unangenehmste Aufgabe, die du im Rahmen des „Adventschallenger“ machen musstest?
Ich glaube, als wir einmal im Supermarkt mit einer Glocke 15 Minuten lang Artikel bewerben mussten. Bei der Aufgabe, im Handtuch zu seinem Nachbarn oder seiner Nachbarin zu gehen und zu fragen, ob man bei ihnen in der Wohnung duschen kann, habe ich dann aber meinen Joker gespielt. Das war mir wirklich zu unangenehm.
Beim „Klein und Groß Challenger“ liegt der Fokus eher auf lustigen Aufgaben innerhalb der Familie. Kommt bei deinem Job das Familienleben manchmal zu kurz?
Ich bin sehr viel unterwegs, oft auch im Ausland. Das bedeutet, dass ich oft nicht von den Leuten umgeben bin, die ich liebe. Vor allem während der drei letzten Sommer, die ich beruflich im Baltikum vollbracht habe, hatte ich viel FOMO, was das Leben in Berlin anging. Meine engsten Freundinnen und Freunde kommen auch nicht aus der Branche und leben alle noch in Berlin und haben hier einen Job.
Du bist ja nicht nur Schauspieler, sondern studierst auch noch nebenbei. Hast du das Gefühl, deswegen in der Uni anders behandelt zu werden?
Nein, auf keinen Fall. Von Mitstudierenden sowieso nicht und auch die Dozierenden machen für mich nicht extra eine Ausnahme, wenn ich mal nicht in Präsenz da sein kann.
Wie lässt sich dein Studium mit deinem Berufsleben vereinbaren?
Manchmal musste ich nach langen Drehtagen in meinem Hotelzimmer noch Hausarbeiten schreiben, das ist dann natürlich stressig. Ab und zu kann ich nach Rücksprache auch online dazu geschaltet werden, was ziemlich praktisch ist. Wenn ich dann in Berlin bin, habe ich es total genossen, in die Uni zu gehen. Unabhängig vom Studium versuche ich, in Berlin so viel Zeit wie möglich mit meinen Liebsten zu verbringen, um meinen Akku wieder aufzuladen.
Interview: Tara Yakar
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