Abkehr vom Pop und der Welt: „Scarlet“ von Doja Cat
Die unkonventionelle Musikerin Doja Cat demonstriert auf ihrem neuen Album eindrucksvoll, wie gut ein bisschen Rebellion der Kunst doch tun kann.
Mit ihrem neuen Album „Scarlet“ beweist Doja Cat, dass sie tatsächlich in ihrer Villain-Ära angekommen ist. Es ist ein Werk, das in 17 Songs die Geschichte einer Künstlerin erzählt, die inzwischen gegen alles und jeden kämpft – selbst gegen ihre eigenen Fans.
Schon im Voraus hat die 27-Jährige angekündigt, dass Pop für sie nicht mehr aufregend sei und sie sich deswegen nur noch dem Rap verschreibe. Besonders in der ersten Hälfte von „Scarlet“ zeigt sie nun eine düstere Seite von sich, die geprägt ist durch ihre rauchig-raue Stimme, klassische Rap-Beats und Gewalt. Dabei überrascht der rohe und unverkennbare Einfluss von Oldschool Rap auf viele ihrer langsameren Flows und Beats. Überzeugen kann Doja Cat auch mit Treffsicherheit in puncto zeitgenössischer Rap mit Songs wie „Demons“ und „Wet Vag*na“.
„Scarlet“: Ein Rap-Album und doch viel mehr
Das Interessanteste ist jedoch ihre melodische und stimmliche Vielseitigkeit. So werden vor allem in der zweiten Hälfte des Albums zusätzlich die Ursprünge der Künstlerin deutlich: Ihr hoher, häufig fast gesäuselter Gesang, ihre teils an einen (wenn auch etwas vulgären) Kinderchor erinnernden Adlibs, ihr Rap in höheren Tonlagen. All das wird kombiniert mit Songs wie „Balut“, die an den R ’n‘ B und Soul der legendären Erykah Badu erinnern und zu der stilistischen Tiefe des Albums beitragen. Deswegen ist es auch nicht weiter schlimm, dass das Album ganz im Gegensatz zu „Planet Her“ überhaupt keine Features enthält. Es scheint, als sei Doja Cat so bedacht auf ihre Unabhängigkeit, dass sie sich einfach selbst featuret.
Doja Cat: Rebellische Texte
Auch in ihren Texten findet sich diese Abkehr von der Außenwelt. Sie spielt mit Motiven wie dem Teufel, Dämonen, Feinden und Kämpfen. Das Selbstbewusstsein in Lines wie „move out the way cause here come giants“ konkurriert mit dem generellen Eindruck, sie sei mit der ganzen Welt im Krieg. Es ist rauszuhören, wie sehr sie sich gleichzeitig beweisen und auf keinen Fall den Erwartungen entsprechen will. Dieser abweisende Eindruck wird nur von den wenigen Liebesliedern auf dem Album (wie „Agora Hills“) und auch vom Song „Love Life“ durchbrochen. Letzterer wirkt wie ein starker Widerspruch zu allen anderen und ist geprägt von Dankbarkeit für das Leben, ihre Freunde und überraschenderweise auch ihre Fans – eine nette Abwechslung.
Das Album zeigt gleichzeitig, wie stark Doja Cat mit der Bekanntheit zu kämpfen hat und weshalb sie diese so sehr verdient hat: ein großartiges Rap-Debüt.
Von Filine Hunger
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