Lesetipp für den Sommer: Diese Bücher solltest du in den Ferien lesen
In den Ferien hast du Freizeit – aber keinen Plan, was du machen sollst? Diese Bücher solltest du gelesen haben – fünf Empfehlungen der MADS-Redaktion.
Freizeit: In den Sommerferien können wir uns endlich richtig entspannen und durch die Bücherstapel wühlen, die wir bisher angehäuft haben. Braucht ihr noch einen neuen Lesetipp?
Lesetipp 1: „Born a Crime“ von Trevor Noah
Während der Fahrt wirft Trevors Mutter sich und ihren Sohn aus einem fahrenden Minibus – weil der Taxifahrer vorhat, sie zu töten. Es sind schreckliche Anekdoten, mit denen Comedian Trevor Noah seine Autobiografie angereichert hat. Der 35-Jährige erzählt Geschichten aus seiner Kindheit. Wie es war, als Sohn einer Xhosa-Frau und eines weißen Schweizers während der Apartheid in Südafrika aufzuwachsen. Die Memoiren über sich als illegales Kind einer Schwarzen und eines Weißen (beide Gruppen durften sich während der Apartheid nicht „vermischen“) sind gleichzeitig unglaublich lustig und niederschmetternd.
Nun ist „Farbenblind“ („Born a Crime“) für junge Leser neu aufgelegt worden. Die Schimpfworte sind aus dem Buch verschwunden, leichter gemacht hat es die Geschichte von Noah nicht. Leser reisen mit Noah durch seine Kindheit, die von den absurden Regeln der Apartheid bestimmt wird. Seine Mutter muss in der Öffentlichkeit so tun, als würde sie ihren hellhäutigen Sohn nicht kennen, lässt seine Hand los, sobald ein Polizist in der Nähe ist. Nicht nur die persönliche Geschichte Noahs macht „Farbenblind“ so besonders. Das Buch entlarvt die Strukturen von Rassismus, die dahinterstehende Engstirnigkeit und den Schaden, den er in Generationen von Menschen anrichtet. Gleichzeitig ist Noahs Autobiografie eine Hommage an seine kämpferische Mutter und die von Frauen geführte Welt, die ihn – wie er selbst schreibt – zum Mann machte.
Tomma Petersen
Spannung: ***
Suchtfaktor: ****
Emotionen: *****
Humor: *****
Lesetipp 2: „Die Geschichte des verlorenen Kindes“ von Elena Ferrante
Zwischen den schmutzigen Häuserfronten des Rione, dem Arbeiterviertel Neapels, wachsen Lenú und Lila in der Nachkriegszeit Tür an Tür auf. Sie sind beste Freundinnen, doch könnten verschiedener nicht sein: Während die hochbegabte, vorlaute Lila in der Grundschule alle überflügelt, muss sich die brave Lenú ihre guten Noten erarbeiten. Doch im harten Alltag des Arbeiterviertels ist alles andere wichtiger als die Schule. Vor allem die Arbeit – und sich nicht mit der Mafia anzulegen. In den kleinen italienischen Gässchen spielt sich das ganze Leben seiner Bewohner ab, die nicht mehr als die Plätze und Straßen ihres Rione kennen. Lenú wagt sich jedoch hinaus. Ans Gymnasium, an die Uni. Nur um im ewigen Wettstreit mit ihrer besten Freundin Lila zu bestehen, die nach der Grundschule in der elterlichen Schusterei anpacken musste.
Elena Ferrantes vierteilige „Neapolitanische Saga“, deren letzter Teil 2018 auf Deutsch erschienen ist, beschreibt nicht nur die Dynamik einer Mädchenfreundschaft von der Nachkriegszeit bis heute, sondern auch die eines ärmlichen, süditalienischen Arbeiterviertels, in dem der Horizont nicht über die Dächer der engen Häuser hinaus geht. Als Leser feuert man Lenú beim Lernen in der schmutzigen Küche der kleinen Wohnung an, staunt über Lilas alles überragende Intelligenz und leidet mit ihr, wenn sie sich, vom Leben enttäuscht, mal wieder in ausweglose Situationen manövriert. Und möchte am liebsten den nächsten Zug nach Neapel buchen.
Sarah Seitz
Spannung: ***
Suchtfaktor: ****
Emotionen: ****
Humor: *
Lesetipp 3: „The Hate U Give“ von Angie Thomas
Kinder lernen von ihren Eltern, wie sie über den Zebrastreifen gehen oder sich verhalten, wenn sie von fremden Personen auf der Straße angesprochen werden. Die 16-jährige Starr hat gelernt, wie sie sich gegenüber Polizisten verhalten muss – denn die junge Amerikanerin ist schwarz. „Starr, du tust alles, was sie dir befehlen. Mach keine hektischen Bewegungen. Sprich nur, wenn sie dich etwas fragen“, bläuen ihre Eltern ihr im vierten Lesetipp „The Hate UGive“ ein. Etwas, worüber sich weiße Gleichaltrige der Schülerin selten Gedanken machen müssen. Laut einer Studie des „Guardians“ (2015) werden junge schwarze Männer in den USA fünfmal so oft von Polizisten erschossen wie junge weiße Männer.
Starr erlebt die Polizeigewalt in den USA am eigenen Leib, als sie mit ihrem Freund Khalil von der Polizei angehalten wird. Khalil ist unbewaffnet, doch macht den Fehler, nach seinem Haarkamm zu greifen – und wird von einem weißen Polizisten erschossen. Landesweit entstehen Proteste, die Polizei und der lokale Drogenboss setzen Starr unter Druck – sie ist die einzige Zeugin. Sie versteht, wie viel Macht ihre Stimme hat und wie sie sie für Gerechtigkeit und gegen strukturellen Rassismus einsetzen kann. Autorin Angie Thomas erhielt zahlreiche Preise für ihren Debütroman, 2018 wurde er verfilmt und kam 2019 in die deutschen Kinos.
Salima El Kurdi
Spannung: ****
Suchtfaktor: *****
Emotionen: *****
Humor: ***
„Jahrhundert-Trilogie“ von Carmen Korn
Ihr wollt euren Sommer mit ergreifenden Schicksalen, wunderschönen Worten und maximal viel Lesestoff füllen? Dann ist „Jahrhundert-Trilogie“ von Carmen Korn dafür bestens geeignet. Die Buchreihe beginnt vor genau 100 Jahren in Hamburg, während des hoffnungsvollen Nachkriegssommers 1919. Sie begleitet die vier – zu Beginn der Bücher noch sehr jungen – Freundinnen Henny, Käthe, Lina und Ida auf ihrem Lebensweg und ihrer Suche nach dem Glück. Gemeinsam durchstehen die vier Frauen viel Leid, wie den Zweiten Weltkrieg. Sie teilen auf der anderen Seite aber mindestens genauso viel Freude miteinander. Sie heiraten, gehen ihren Karrieren nach, bekommen Kinder, und trotzdem bildet ihre innige Freundschaft stets den Mittelpunkt in ihrem Leben – und den Kern des Buches.
Die „Jahrhundert-Trilogie“ nimmt einen mit auf eine emotionale und unglaublich lebensnah geschilderte Reise durch die letzten 100 Jahre deutscher Geschichte. Die unterschiedlichen Charaktere wirken so echt, dass man beinahe glaubt, Verwandte und Freunde in ihnen wiederzuerkennen. Aber seid gewarnt: Lest die Bücher unbedingt jetzt in den Sommerferien und nicht in der Prüfungs- oder Klausurensphase. Ansonsten könnte der hohe Suchtfaktor echt zum Problem werden.
Ronja Wirts
Spannung: ****
Suchtfaktor: *****
Emotionen: *****
Humor: **
„Scheunenabbrennen“ von Haruki Murakami
Um seiner Alltagslethargie zu entkommen, trifft sich ein Schriftsteller aus Tokio gelegentlich für Abendessen, Drinks und Joints mit einer Freundin und deren neuem Freund. Dabei entwickeln sich bizarre Dialoge zwischen ihnen. So erzählt der neue Freund fast beiläufig von seinem Hobby, leer stehende Scheunen abzubrennen.
Der japanische Autor Haruki Murakami schafft es in der 19-seitigen Kurzgeschichte „Scheunenabbrennen“ auf spannende, authentische und unterhaltsame Weise, über Freundschaft und Beziehungen zu schreiben und lässt schräge Charaktere gewöhnlich erscheinen. 2018 wurde sie verfilmt und gewann den Fipresci-Preis auf dem Internationalen Festival in Cannes. Dieses Jahr läuft die Verfilmung namens „Burning“ in den Kinos.
Eileen Stier
Spannung: ***
Suchtfaktor: ****
Emotionen: ****
Humor: ****