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„League of Legends“-Profi Sayna: „Eine Frau im Team wird als Risikofaktor gesehen“

„League of Legends“-Profi Sayna: „Eine Frau im Team wird als Risikofaktor gesehen“
Foto: Benedikt Wenck/dpa

Die „League of Legends“-Weltmeisterschaften sind in vollem Gange. 20 Teams spielen um den Titel – Frauen sucht man unter den Teilnehmenden vergeblich. Woran das liegt und wie es generell um Frauen in der E-Sports-Szene steht, erklärt „League of Legends“- Profispielerin Mareike „Sayna“ Burg im MADS-Interview.


E-Sport ist eigentlich ein Sport für alle Geschlechter. Im Gegensatz zu den meisten anderen Sportarten können Frauen und Männer gemeinsam in einem Team antreten. Auf professioneller Ebene ist dies allerdings nur äußerst selten der Fall. Eine Ausnahme ist Mareike Burg. Sie hat unter dem Namen Sayna in der höchsten deutschen Spielklasse im Computerspiel „League of Legends“ gespielt. Sie weiß, dass die Gründe für die wenigen Frauen in ihrer Szene komplex sind und es zum Beispiel an Förderungen mit echter Perspektive fehlt.

Mareike Burg. Foto: privat

Mareike, du hast vergangenes Jahr dein Debüt als erste Frau in der höchsten deutschen E-Sports-Liga gegeben. Was war das für ein Moment?

Das war ein besonderer Moment, auf jeden Fall. Das war auch bisher einmalig, dass sich ein Team aus einer höheren Liga eine Spielerin geschnappt hat, die gefördert und trainiert und mit in den Teamprozess eingebunden hat. Dann haben wir am Ende auch ein Resultat erzielt, das sich wirklich sehen lassen kann. Wir haben gewonnen, und ich habe sogar eine „Play of the Game“- Auszeichnung bekommen.

Zur Person

Mareike Burg ist 26 Jahre alt und hat unter dem Namen Sayna in der Prime League, der höchsten deutschen Liga im Spiel „League of Legends“, gespielt. Im August hat sie mit ihrem Team „NNOwO“ außerdem den „Equal Esports Cup“ gewonnen. Neben dem E-Sport absolviert sie gerade einen Master in Informatik.

Trotzdem bist du ja bis heute immer noch die einzige Frau der Liga. Gerade finden die „League of Legends“-Weltmeisterschaften statt, und auch da nehmen ausschließlich Männer teil. Woran liegt das? Die Teams dürfen ja eigentlich gemischt sein.

Erst mal möchte ich anmerken, dass es wissenschaftlich bewiesen ist, dass es keine körperlichen Unterschiede zwischen Männern und Frauen im E-Sport gibt. Es gibt also kein Verbot oder keinen Grund, der Frauen davon abhält. Ich glaube, dass da viele verschiedene Gründe aufeinandertreffen. Da geht es auch um gesellschaftliche Normen und Rollenbilder. Das ist ein Riesenthema.

Gibt es bestimmte Förderungsprogramme für Frauen im E-Sport, die das ändern wollen? Gibt es Turniere und Ligen nur für Frauen?

Grundsätzlich ist der E-Sport ein Mixed-Sport. Es gibt also keine Geschlechterregeln. Aktuell gibt es im Vergleich zu den Männern nur sehr wenig Spielerinnen, und deswegen gibt es auch einige Förderprogramme, die es sich zum Ziel gemacht haben, das zu ändern. Es gibt zum Beispiel Individualförderungen wie die „E-Sports Player Foundation“, bei der ich auch teilgenommen habe. Die nehmen jedes Jahr zehn Spielerinnen in ihr Programm auf und bieten professionelles Training an. Das war mein persönliches Highlight, weil neben den vielen Workshops auch Hotelaufenthalte und gutes Essen gestellt wurden. Ansonsten gibt es auch teamorientierte Programme, die Spielerinnen in der Female-Szene, also Turniere nur für Frauen und nicht binäre Menschen, eine Plattform bieten. Ich habe zum Beispiel mit meinem Team am „Equal Esports Cup“ teilgenommen und diesen auch gewonnen. Hinter den meisten Teams in der Female-Szene stecken die Profi-Organisationen der LEC, der höchsten E-Sports-Liga Europas, bei denen bisher aber nur Männer spielen. Die bezahlen ihren Spielerinnen sogar richtige Gehälter. Das ist aber auch wieder ein großes Thema und hat auch seine Vor- und Nachteile.

Inwiefern?

Wenn du sehr gut in der Female-Szene bist, dann kannst du da Geld verdienen und Erfolge feiern. Die Spielerinnen versauern dort sozusagen aber auch gleichzeitig, da das Niveau noch weit von den Profi-Ligen entfernt ist. Die Organisationen machen das natürlich auch zu PR-Zwecken, aber eine echte Perspektive für die Frauen, Profi in den Top-Ligen zu werden, ist meistens nicht vorhanden. In der dritten deutschen Liga, die ungefähr äquivalent zu dem Niveau der meisten Female-Turniere ist, würdest du wahrscheinlich kein Geld verdienen. Da kann man sich auch die Frage stellen, ob die Frauenförderung in dieser Art und Weise funktioniert, aber es ist natürlich auch irgendwo besser als nichts. Für viele Spielerinnen bietet die Female-Szene einen vernünftigen Nebenjob, und ohne die Förderung wären sie wahrscheinlich nicht da, wo sie jetzt sind.

Ist das auch der Grund, warum du dich gegen einen Verbleib in der Female-Szene entschieden hast und den Sprung in ein gemischtes Team gewagt hast? Du hast ja auch eine Zeit lang bei dem Frauenteam der „Movistar Riders“ gespielt.

Genau, das war tatsächlich auch mein erstes semiprofessionelles Team und die erste richtige Erfahrung im E-Sport, für die ich auch Geld bekommen habe. Das war ein spanisches Team, und die haben mich dann auch nach Madrid eingeladen, um zusammen zu trainieren. Ohne die Erfahrung wäre ich wahrscheinlich nie so weit im E-Sports gekommen und ich hätte auch selber nie daran geglaubt, dass ich so hätte gut werden können. Ich habe mich damals aber bewusst dazu entschieden, die Female-Szene zu verlassen, was tatsächlich für die meisten Spielerinnen sehr ungewöhnlich ist. Die Leistungsunterschiede zwischen den einzelnen Positionen sind in der Female-Szene teilweise sehr groß. Für mich war dann klar, wenn ich in diesem Team und in dieser Umgebung weiter trainiere, dann komme ich nie an den Punkt, dass ich den Sprung in ein Profiteam schaffen könnte. Ich bin dann also in die dritte deutsche Liga gewechselt.

Welche Herausforderungen kamen mit dieser Entscheidung auf dich zu?

Der Wechsel in die dritte Liga war natürlich erst mal ein finanzieller Rückschritt. Als Frau in der Mixed-Szene kann es auch oft sehr schwer sein, gerade wenn es um einen der letzten Plätze in einem Team geht. Es gibt dann Situationen, wo ein Trainer die Wahl hat zwischen neun männlichen Spielern und einer Frau. Die Chancen hängen dann ganz individuell vom Coach ab. Es wird nie jemand sagen, dass man es nicht geschafft hat, weil man eine Frau ist. Trotzdem fühlt es sich oft schwer an, dagegen anzukommen. Ich würde sagen, dass eine Frau im Team als ein gewisser Risikofaktor angesehen wird. Die meisten wollen sich so ein Risiko nicht antun. Es gibt halt bisher so gut wie keine Präzedenzfälle für erfolgreiche Frauen in der Mixed-Szene.

Was ist mit Risikofaktoren gemeint? Was hält die Trainer und Organisationen davon ab, Frauen eine Chance zu geben?

Zum einen gibt es immer noch Leute, die der Meinung sind, dass Frauen einfach nicht gut genug sind. Das sind aber alte Vorurteile und hat nichts mit der Realität zu tun. Zum anderen gibt es komplexere Faktoren, die die Karrieren vieler Spielerinnen erschweren können. Viele Teams, gerade im professionellen Bereich, stellen ein sogenanntes Gaming-House für ihre Spieler. Der Teammanager hat dann eine kleine Wohnung, in der die fünf Spieler einziehen und gemeinsam trainieren sollen. Da habe ich selbst schon Absagen bekommen, weil die Organisation zum Beispiel kein weiteres Badezimmer für eine Frau bereitstellen wollte oder einfach geglaubt haben, dass das mit einer Frau im Gaming-House nicht funktionieren wird.

„Ich sehe mich auf jeden Fall als Vorbild für andere Spielerinnen. Ich bin ja auch leider bisher immer noch die einzige.“

Mareike „Sayna“ Burg über ihre Erfahrungen als Frau in der höchsten E-Sports-Liga Deutschlands

Was wünschst du dir für die Zukunft für Frauen im E-Sport?

Es müsste mehr Trainer und Organisationen geben, die den Spielerinnen eine Chance geben. Dann werden sie merken, dass das kein Risiko ist, eine Frau in das Team aufzunehmen. Gleichzeitig müssen die Spielerinnen natürlich auch bereit sein, diesen Schritt zu gehen. Das war am Anfang auch bei mir ein Problem. Ich hatte mich zwischenzeitlich selbst dazu entschieden, die Szene zu verlassen und weiterzustudieren, weil die Perspektive einfach nicht gut war. E-Sport ist leider, obwohl ich es wirklich liebe, ein sehr hartes Business. Wenn aber mehr Spielerinnen eine echte Perspektive geboten bekommen und sich dann auch selbst trauen, alles für den Sport zu geben, dann könnten in Zukunft auch mehr Frauen in den Top-Ligen spielen

Von Philip Jahn


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Über den Autor/die Autorin:

MADS-Team

Unter diesem Namen sammeln wir Beiträge von Gastautorinnen und -autoren, Autorenkollektiven oder freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bei MADS. Die Namen des jeweiligen Autors oder der jeweiligen Autorin stehen unter dem einzelnen Beitrag.

1 Kommentar

  1. dj

    „Profi-Organisationen der LEC, der höchsten E-Sports-Liga Europas[…] Die bezahlen ihren Spielerinnen sogar richtige Gehälter.“

    Ob männlich oder weiblich ist völlig egal in solchen Niveaus, es geht um spielerische Fähigkeiten (vorrangig und zum größten Anteil) charakterliche Eigenschaften (im sinne der vermarktbarkeit), sowie um Vertragswesen (Entsprechen die Vorstellungen der Vertragspartner nicht, gibts halt keinen Vertrag). Stimmt das alles, gibts da keine Hürde. Females gab es schon bei StarCraft 2, Dota2, Counterstrike und auch eben bei League of Legends. Ich denke bei mixed Teams ist es schlicht schwerer sich zu „integrieren“.

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