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Die kanadische Serie „Little Bird“: Eine (fast) verdrängte Perspektive

Die kanadische Serie „Little Bird“: Eine (fast) verdrängte Perspektive
Foto: Unsplash/Hermes Rivera

Auf den Spuren der eigenen Familiengeschichte: „Little Bird“ erzählt gekonnt aus einer (fast) verdrängten Perspektive der Native Americans und überzeugt auf emotionaler Ebene, meint MADS-Autorin Lisa.


Seit dem Film „Killers of the Flower Moon“ (2023) mit Lily Gladstone rücken die Perspektiven der Ureinwohner der USA und Kanada, der Native Americans, endlich mehr ins Scheinwerferlicht. Nun erzählt „Little Bird“ in sechs Teilen die authentische Geschichte von Bezhig, die als fünfjähriges Mädchen in den 60er-Jahren von den kanadischen Behörden ihrer Familie entrissen und zur Adoption freigegeben wird. Die kanadische Miniserie ist bis zum 21. August in der Arte Mediathek verfügbar.

„Little Bird“: Das Ende einer Kindheit

Bezhigs Kindheit endet an dem Tag, an dem ihr Bruder mit seiner Steinschleuder die Windschutzscheibe des Polizeiwagens trifft. Die weißen Polizisten bringen die Kinder, die mit ihren Eltern und Geschwistern in einem Reservat im ländlichen Saskatchewan aufwachsen, nach Hause. Das Jugendamt schaltet sich ein. Die Zwillinge – Bezhig und ihr Bruder Niizh – spielten unbeaufsichtigt vom Haus entfernt, die Familie verfügt weder über Strom noch über fließendes Wasser. Zwar verschuldet die kanadische Provinzregierung diese Lebensumstände mit, das reicht der Behörde jedoch, um fast alle Kinder mitzunehmen.

Leben in zwei Welten

Später im Heim muss sich Bezhig auch von ihren Geschwistern trennen und kommt in eine weiße, jüdische Familie. Ihre neuen Eltern sind Anwälte. Von nun an lebt sie innerlich in zwei Welten: Da sind die vergessene Heimat im Reservat und das elitäre, ungewohnt weiße Umfeld.

Die Serie beginnt, als die erwachsene, verlobte Bezhig – nun Esther genannt – das Jurastudium beinahe beendet hat. Doch die Gespenster der Vergangenheit suchen sie immer wieder heim. Sie fühlt sich fremd in ihrem Zuhause und kann das zunächst nicht einordnen. Ihre Erinnerungen kommen stückweise wieder, jede Episode offenbart etwas mehr, bis die scheinbare Familienidylle zu zerbrechen droht.

Die lange Suche nach Bezhigs Selbst

Bezhig begibt sich auf die Suche nach ihrer wahren Familie und sich selbst, setzt die Puzzleteile zusammen, bis sie ein schlüssiges und doch zerbrochenes Ganzes ergeben. Die filmisch gekonnt umgesetzte Nähe zur Protagonistin schafft große Emotionalität bei den Zuschauenden. Man leidet mit Bezhig, lernt mit ihr ihre Geschwister kennen. Eine (fast) verdrängte Perspektive kanadischer Geschichte wird mit „Little Bird“ endlich greifbar gemacht.

Von Lisa Neumann


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