Wie junge Menschen aus dem Ausland Weihnachten in Deutschland erleben
Über Weihnachten in Deutschland sein, obwohl das christliche Fest vielleicht gar nicht zu den eigenen Traditionen gehört: So geht es vielen jungen Studierenden und Au-pairs aus dem Ausland. Drei junge Menschen berichten, wie sie die Adventszeit in Deutschland erleben und welche Traditionen es in ihrem Heimatland gibt.
Jaeyoung (25) aus Südkorea: Netflix schauen zu Weihnachten
Weihnachten gibt es bei uns auch, allerdings ist mit dem Tag keine Tradition verbunden wie in den westlichen Ländern. Der 25. Dezember ist ein Feiertag, und wir haben im ganzen Land frei. Statt zu feiern, nutzt man den Tag aber, um zu entspannen, ein bisschen Netflix zu schauen und die mit Lichtern dekorierten Straßen zu betrachten. Die einzig öffentliche Aktion zu Weihnachten findet bei uns in den Schulen statt: Dort werden Sticker verkauft, und der Gewinn wird gespendet. Jedes Jahr gibt es eine Debatte darüber, wer auf den Stickern zu sehen sein wird. In diesem Jahr ist das Son Heueng-min, ein berühmter Fußballer.
Die Familie kommt stattdessen im September zu unserer Version des Thanksgiving zusammen. Auch im Februar wird gefeiert: das „Chinesische Neujahr“, wie es in Deutschland genannt wird. An beiden Feiertagen essen wir traditionelle Reiskuchen in Form eines Mondes. Zum Neujahr isst jeder die Suppe mit dem Reiskuchen und sagt, dass er nun ein Jahr älter ist. Eine weitere Besonderheit ist, dass sich die Kinder vor ihren Eltern verbeugen und ihnen ein frohes neues Jahr wünschen. Dafür bekommen sie von den Eltern Geld geschenkt.
Hier in Deutschland gefällt mir die Weihnachtszeit gut. Besonders in der dunklen Jahreszeit sorgen die Weihnachtsmärkte, die vielen Lichter und der Glühwein für gute Stimmung. Das ist auch ein Grund, weshalb in dieser Jahreszeit viele Koreaner nach Europa fliegen. Bei uns gibt es Weihnachtsmärkte nur in Vergnügungsparks, weshalb sie uns in Deutschland umso mehr begeistern.
Aufgezeichnet von Emelie Trimpel
Camila (21) aus Kolumbien: Christuskind kommt mit Helikopter und Bazooka
Wir feiern Weihnachten jedes Jahr um Mitternacht am 24. Dezember. Aber die Weihnachtszeit geht früher los: Am 7. Dezember ist der Tag der Kerzen (Día de las Velitas). Dann zünden die Kolumbianer vor ihren Häusern Kerzen an, um die heilige Maria zu feiern. Es heißt, dass Maria an den beleuchteten Häusern vorbeizieht und Wünsche erfüllt. Zur Feier des Tages spielen wir laute Musik und tanzen mit unseren Nachbarn. Ab dem 16. Dezember beginnt die Novena de Navidad. Dann feiern wir regelmäßig bei unseren Verwandten zu Hause, beten und essen. Am 24. verbringen wir Zeit mit der Familie und öffnen die Geschenke. Obwohl Kolumbien katholisch geprägt ist, gehen meist nur die älteren Generationen in die Kirche. Was uns außerdem sehr von Deutschland unterscheidet, ist das Wetter. Sonnige Weihnachten sind für uns ganz normal, genau wie Temperaturen von bis zu 30 Grad Celsius.
Was ich hier in Deutschland toll finde, sind der Nikolaus und die Adventskalender. In Kolumbien haben wir beides nicht. Jeden Tag eine kleine Freude zu haben oder seine Schuhe vor die Tür zu stellen macht besonders den Kindern großen Spaß. Dafür sind in Kolumbien die „Chivas“ beliebt. Die bunt dekorierten Partybusse fahren in der Stadt umher und sind eine tolle Gelegenheit, die dekorierten Häuser zu sehen und dabei zu feiern. Generell wird in Kolumbien überall Musik gespielt, dagegen ist es in Deutschland recht leise. Unsere Weihnachtsmusik hat inhaltlich zwar nichts mit Weihnachten zu tun, wir hören diese Lieder aber nur zu dieser Jahreszeit.
Da in Kolumbien keine Tannen wachsen, haben wir Plastikbäume, die wir jedes Jahr aufbauen und schmücken. Einen richtigen Tannenbaum zu kaufen und nach Hause zu bringen, ist mir also ganz neu. Dafür haben wir aber auch die typischen Krippen. Das nehmen manche Leute besonders ernst und bilden nicht nur den Stall mit dem Jesuskind nach, sondern bauen direkt ganz Jerusalem in ihren Häusern auf.
Außerdem glauben wir nicht an den Weihnachtsmann, sondern das Christuskind. Ich kannte aber die Geschichten von den spitzen Dächern mit Schornsteinen, durch die der Weihnachtsmann nach innen gelangt und die Geschenke bringt. Da wir in Kolumbien aber flache Dächer und keine Schornsteine haben, hat mir mein Vater früher erzählt, das Christuskind fliege auf einem Helikopter zu den Häusern und schieße die Geschenke mit Bazookas durch die Fenster, direkt unter den Weihnachtsbaum. Mein siebenjähriges Ich hat das tatsächlich geglaubt.
Aufgezeichnet von Emelie Trimpel
Marta (24) aus Spanien: Weihnachtsessen mit Gin Tonic
Für mich ist Weihnachten eine superschöne Zeit, weil ich normalerweise mit der Familie meiner Mutter feiere. Wir leben alle in Spanien, aber in unterschiedlichen Städten überall im Land verstreut. An Weihnachten fahren wir alle zu meinen Großeltern, die ein Haus im Süden des Landes haben. Wir verbringen dann ein paar Tage miteinander, normalerweise vom 23. bis zum 27. Dezember. Meine Mutter hat sieben Schwestern und Brüder, da kommt schon einiges zusammen. Wir essen viel und trinken Wein und Gin Tonic, das ist die Hauptbeschäftigung. Außerdem spielen wir Gitarre und singen alle zusammen. Meine Familie ist wirklich groß, also sehen wir wahrscheinlich aus wie ein Chor. Es ist wirklich immer schön, alle wiederzusehen.
Mein Freund ist Deutscher, deswegen weiß ich ein bisschen was darüber, was man hier so zu Weihnachten macht. Ich würde sagen, der Hauptunterschied ist das Essen. In Deutschland isst man eine Menge Fleisch, während meine Familie und Freunde viele Meeresfrüchte und mehr Kaltes zubereiten. Es gibt eine besondere Suppe, die viele Spanier an Weihnachten essen, die Sopa de galets. Die Nudeln in der Suppe haben die Form von Muscheln und sind mit Hackfleisch gefüllt. Auf dem Bild oben kann man außerdem Canelone sehen, die meine Mutter zu Weihnachten gemacht hat. Obwohl es Unterschiede dabei gibt, wie gefeiert wird, ist das wichtigste aber, mit der Familie zusammenzukommen. Das ist in allen Ländern gleich.
Am liebsten am deutschen Weihnachten mag ich Weihnachtsmärkte. Da geht es anderen, die nicht aus Deutschland kommen, sicher ähnlich. In Spanien gibt es das nicht so richtig. Ein bisschen Markt gibt es zwar, aber es ist alles sehr kommerzialisiert und darauf aus, möglichst viel zu verkaufen. Hier sind die Märkte dagegen sehr auf Essen und Trinken fokussiert, so was wie Glühwein ist natürlich typisch. Die Weihnachtsmärkte geben den Städten einen super schönen Touch. Weil es hier wirklich kalt ist, ist das auch eine schöne Art, die Leute raus auf die Straße zu locken. An das Wetter musste ich mich auch am meisten gewöhnen: In Barcelona sind es um diese Zeit ungefähr 15 Grad, also wesentlich wärmer als hier. Zum Glück fahre ich in ein paar Tagen zurück nach Spanien, um über die Festtage bei meiner Familie zu sein.
Aufgezeichnet von Nilah Zajonc
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