Warum ich so gerne die Neuverfilmungen von Disney schaue
Disney will mit den zahlreichen neuen Realverfilmungen von Klassikern wie Dumbo, König der Löwen und Co. Geld scheffeln? Ja. Aber unser Autor Jeffrey Ji-Peng Li geht trotzdem gern in die Remakes – und erklärt uns, warum.
Als Mufasa starb, war ich sprachlos – sprachlos vor Entsetzen, vor Trauer und vor Wut, dass sein Bruder Scar ihn die Klippe hinuntergestürzt hat. Damals schaute ich als Kind zum ersten Mal „König der Löwen“. Bei einem Mal blieb es nicht. Der Klassiker wurde zum Film meiner Kindheit.
Disney will den Film dieses Jahr neben Dumbo und Aladdin als Realverfilmung wieder auf die Leinwand bringen. Seinen ersten Zeichentrickfilm verfilmte das Medienunternehmen mit „Das Dschungelbuch“ bereits 1994. Die richtige Offensive startete dann in den 2010er Jahren.
Geld scheffeln mit alten Storys
Der Vorteil von Remakes: Durch bereits bekannte und erfolgreiche Gesichter und Marken ist das Risiko kleiner, einen Flop zu landen. Und die Strategie von Disney funktioniert. 2014 spielte das Remake von „Die Schöne und das Biest“ mit Emma Watson weltweit knapp 1,3 Milliarden US-Dollar ein und landete damit unter den Top 15 der erfolgreichsten Filme aller Zeiten. Doch die Strategie wird von Fans kritisiert. Sie werfen Disney vor, durch einfachen Abklatsch der alten Filme viel Geld scheffeln zu wollen. Das sehe ich auch so. Trotzdem gehe ich gern in die Neuverfilmungen.
Die Geschichten wachsen mit uns
Als Kind freute ich mich über die bunten Farben der Zeichentrickfilme und deren manchmal übertriebenen Animationen. Das zieht mich jetzt nicht mehr an. Heute sollen für mich Filme spannend und die Bilder eindrucksvoll sein. Und das geben mir die Realverfilmungen. Sie machen die mit Nostalgie realer und verbinden sie mit eindrucksvollen Bildern. Außerdem weisen die Geschichten auf tiefergehende Probleme hin, die früher von bunter Action überdeckt wurden oder ich als Kind nicht verstanden habe: Dass Gaston ein Bösewicht ist, weil er in „Die Schöne und das Biest“ Belle zwingt, ihn zu heiraten, habe ich damals auch schon gecheckt. Dass er aber die Frau objektifiziert und er kein Einzelfall in der damaligen Gesellschaft ist, fällt mir erst jetzt mit 17 Jahren auf.
Echte Schauspieler
Als die Zeichentrickversion von „Dumbo“ 1941 in die amerikanischen Kinos kam, gab es noch keine Computer. Der Film musste Bild für Bild per Hand gezeichnet werden. Auch die anderen Zeichentrickfilme von Disney wurden so produziert. Die Figuren können zwar auch Emotionen wie Freude, Trauer oder Wut ausdrücken – doch echte Schauspieler können es einfach besser. Deshalb könnte ich eher mit Emma Watson als Belle weinen als mit ihrem gezeichneten Pendant. Und selbst wenn wie bei „König der Löwen“ keine Menschen mitspielen, erlaubt die heutige Animationstechnik, lebensechte Tiere auf die Leinwand zu bringen, die sprechen können.
Neue Aspekte und Perspektiven
Remake heißt nicht, dass Disney den Zeichentrickfilm nur noch einmal mit echten Schauspielern dreht. Der 2014 erschienene „Maleficent“ hat die Geschichte von Dornröschen komplett neu interpretiert: Nun ist die böse Fee die Hauptrolle der Geschichte. Auch das Ende von „The Jungle Book“ ist komplett anders als das Original von 1967. Es kommen nicht nur neue Songs wie bei „Die Schöne und das Biest“, sondern auch neue Beziehungen und Gags hinzu.
Durch die Neuverfilmungen hat Disney die Chance, alte Geschichten zu modernisieren. Die alten Filme waren Früchte ihrer Zeit und einige Aspekte sind nicht mehr politisch korrekt oder entsprechen nicht unseren heutigen gesellschaftlichen Werten. Im alten „Die Schöne und das Biest“ ist zwar Belle schon recht emanzipiert, indem sie gerne Bücher liest und nach mehr Bildung strebt, im Remake gehen die Autoren aber noch einen Schritt weiter. Sie zeigt nun auch Interesse an technischen Erfindungen und Schauspielerin Emma Watson trägt kein Korsett wie die anderen weiblichen Rollen.
Disney kann für Wiedergutmachung sorgen
Auch der alte „Dumbo“ ist politisch nicht mehr korrekt. In dem Film tauchen drei Krähen auf, die sich mit afroamerikanischem Akzent über Dumbo lustig machen. Dazu heißt eine davon noch Jim Crow – so hieß auch der Stereotyp eines tanzenden, faulen und stehlenden Schwarzen, der im 19. Jahrhundert während der Zeit der Rassendiskriminierung in den USA gerne benutzt wurde. Dass die Krähen in gleicher Form im Remake nochmal auftauchen, ist unwahrscheinlich. Aber es ist ein gutes Beispiel dafür, wie Disney dafür sorgen kann, dass wir beim Anschauen unserer geliebten Kindheitsgeschichten heute kein schlechtes Gefühl haben müssen.
Von Jeffrey Ji-Peng Li