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„Vatermal“: Geniales Debüt voller Melancholie

„Vatermal“: Geniales Debüt voller Melancholie
Foto: Nele Cumart

Necati Öziris Debütroman „Vatermal“ ist ein Must-Read und wurde nicht ohne Grund für den Deutschen Buchpreis 2023 nominiert. MADS-Autorin Nele erklärt, warum jeder Mensch das Buch lesen sollte.


In seinem Debütroman „Vatermal“ erzählt Necati Öziri die Geschichte von Arda Kaya. Arda liegt im Sterben auf der Intensivstation – Organversagen. Er weiß nicht, wie lange er noch leben wird. Er schreibt an seinen Vater, den er nie kennengelernt hat. Am Krankenbett erzählt ihm seine Mutter Ümram von ihrer Kindheit in der Türkei und davon, wie sie nach Deutschland kam.

Seine Schwester Aylin, die seit zehn Jahren kein Wort mehr mit ihrer Mutter gewechselt hat, erzählt ihm aus einer Zeit, in der Arda noch ein Baby war. Ihre Erzählungen vermischen sich mit Ardas Erinnerungen von einer Kindheit ohne Vater und einer Jugend mit Freunden, die alle aus seinem Leben verschwunden sind.

Das Gefühl einer ganzen Generation

Öziri zieht die Lesenden ab der ersten Seite in den Bann seiner Geschichte. Neben der nostalgischen Geschichte über Ardas Leben in einer zerrütteten Familie, schafft Öziri es, das Gefühl einer ganzen Generation einzufangen: die Lebensrealität der Kinder und Enkelkinder von türkischen Gastarbeitern in Deutschland.

Seine Erzählungen auf Deutsch sind geschmückt mit türkischen Worten und wecken dabei in jeder deutsch-türkischen (oder türkisch-deutschen) Person Erinnerungen. Egal aus welcher sozialen Schicht, ob mit oder ohne Vater aufgewachsen: Wenn Arda von den Sarma seiner Teyze erzählt, führt kein Weg daran vorbei, an die gefüllten Weinblätter der eigenen Tante zu denken.

Doch auch alle ohne türkische Wurzeln oder Migrationsgeschichte weiß das Buch mit dem klaren, ehrlichen Schreibstil und seiner offenherzigen Geschichte abzuholen. Wer sich nicht mit Arda identifizieren kann, wird durch das Lesen einen Einblick in eine andere Lebensrealität und ein größeres Verständnis für Mitmenschen erhalten.

Gerade wer mit beiden Elternteilen aufgewachsen ist, wer noch nie in der Ausländerbehörde war, wer nicht weiß, wie es ist, ohne einen deutschen Pass von der Polizei angehalten zu werden – der sollte „Vatermal“ unbedingt lesen. 

„Vatermal“: Geschichte voller Emotionen

Das Buch berührt die Lesenden. Es zieht in eine Welt voller bekannter oder eben fremder Gerüche, Gefühle und alltäglicher Situationen. Es ist die radikale Realität über das Leben einer oft großzügig übersehenen gesellschaftlichen Schicht in Deutschland, erzählt in einer Geschichte voller Verletzlichkeit. Und all das, ohne die politischen Aspekte des Romans unnötig in den Vordergrund zu rücken. 

Von Nele Cumart


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Über den Autor/die Autorin:

MADS-Team

Unter diesem Namen sammeln wir Beiträge von Gastautorinnen und -autoren, Autorenkollektiven oder freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bei MADS. Die Namen des jeweiligen Autors oder der jeweiligen Autorin stehen unter dem einzelnen Beitrag.

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