Nachrichten für Schüler jenseits der Filterblase
Genau 3419 Schüler bekommen demnächst die Leipziger Volkszeitung, die Oschatzer Allgemeine, die Osterländer Volkszeitung oder die Döbelner Allgemeine frei Haus in den Unterricht geliefert. Das Projekt „Medien an der Schule“ (MADS) geht in eine neue Runde. 34 Lehrerinnen und Lehrer haben am Mittwoch im LVZ-Verlagsgebäude schon mal beraten, wie sie die Ausgaben in den Unterricht einbeziehen wollen.
„Die Schüler sollen lernen, die Qualität einer Nachricht einzuschätzen“, findet Richard Bartl, Deutsch- und Französischlehrer am BIP-Kreativitätsgymnasium in Leipzig, der mit einer neunten Klasse an MADS teilnimmt. „Handelt es sich um eine vertrauenswürdige Informationsquelle oder nicht?“ Um das zu klären, werden seine Schüler die LVZ-Berichterstattung mit anderen Texten zum selben Thema vergleichen.
151 Klassen in 67 Schulen
Von kommendem Montag bis Anfang Mai erhalten 151 Klassen in 67 Schulen der Region neben Unterrichtsmaterial täglich ein Exemplar ihrer Tageszeitung und zusätzlich unbeschränkten Zugang zu den digitalen Angeboten. MADS-Projektleiterin Sabine Schouten ist es wichtig, dass die Schüler die Zeitung nicht nur als „dieses Retromedium ein Erinnerung behalten, das ihnen in die Schule geschickt wurde“, sagt sie.
Darüber hinaus wird die gedruckte Zeitung in einer Intensivphase von 11. bis 29. November in Klassenstärke zugestellt. „Unsere Lehrbücher sind selten auf dem aktuellen Stand“, sagt die Geschichts- und Deutschlehrerin Ramona Hübner vom Geschwister-Scholl-Gymnasium Taucha. „Mit Hilfe der Zeitungsausgaben wollen wir im Unterricht über aktuelle Themen sprechen.“ Ihre zwei neunten Klassen sollen zudem Texte recherchieren und verfassen, die auf der gedruckten MADS-Seite und im Internet veröffentlicht werden, hofft die Lehrerin – und dabei aus eigenem Erleben lernen, wie eine Nachricht eigentlich überhaupt entsteht.
Redaktionsbesuche bei der LVZ
Ansätze für die Recherche bietet beispielsweise der Energieversorger Mitgas als MADS-Sponsor. In einem Workshop erklären Fachleute etwa, wie Erdgas von Sibirien nach Sachsen-Anhalt gelangt. Und nachdem die Schüler die Trendsportart Parkours am eigenen Leib ausgetestet haben, können sie eine Reportage darüber schreiben. In Redaktionsbesuchen bei der LVZ erfahren sie dann, wie die Texte und Fotos ihren Weg auf Papier und ins Internet finden.
„Wir wollen die Schüler befähigen mitzureden – mit Wissen im Hintergrund“, sagt Carola Blümel von der Energie- und Wasserversorgung Altenburg, einem weiteren Sponsor. Die Medienkompetenz zu stärken, ist für Projektleiterin Schouten von gesellschaftlicher Bedeutung: Zwischen Informationsflut und Echokammer ordnet die Tageszeitung das Geschehen nach journalistischen Kriterien „und konfrontiert die Leser nicht ausschließlich mit Nachrichten und Meinungen aus der eigenen Filterblase“, erklärt sie.
Von Mathias Wöbking