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Konsumfreie Räume: Warum wir kostenfreie Begegnungen brauchen
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Ein öffentlicher Treffpunkt, an dem man kein Geld ausgeben muss – Deutschland hat bereits einige dieser Orte. Manche Städte setzen sich aktiv dafür ein, konsumfreie Räume zu schaffen. Warum das wichtig ist und wie sie funktionieren.
Brüdergasse 4, Bonn – hier befindet sich der „Leerstand als Begegnungsraum“, der als konsumfreier Raum für Workshops, Ausstellungen und zum Verweilen genutzt wird. Vier Studentinnen riefen ihn ins Leben und bieten damit einen Ort ohne Konsumzwang in der Innenstadt. Es geht darum, Räume zu schaffen, in denen man sich aufhalten kann, ohne Geld ausgeben zu müssen. Warum aber braucht eine Stadt konsumfreie Räume überhaupt?
Kostenfreie Treffpunkte
Wenn man sich als Studentin oder Schüler mit Freunden treffen will, möchte man das meistens nicht zu Hause machen, sondern lieber rausgehen, was erleben oder einfach nur einen Kaffee trinken gehen. Allerdings fehlt dafür manchmal das nötige Kleingeld. Ein konsumfreier Raum könnte hier Abhilfe schaffen.
Dass diese Räume wichtig sind, ist vor allem während der Corona-Pandemie aufgefallen. Sie schaffen einen Ort der Begegnung und fungieren auch als Zufluchtsort für Menschen, die sich in ihren eigenen vier Wänden gefangen fühlen oder mit Missbrauch kämpfen. Parks waren während dieser Zeit meistens die einzigen Orte dieser Art. Die sind aber schlecht ausgestattet, Toiletten gibt es auch nicht unbedingt, und bei schlechtem Wetter hat man ein Problem. Wenn sich jedoch Freiwillige wie die Studentinnen in Bonn finden, die diese Orte organisieren, sieht das anders aus.
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Konsumfreie Räume in Deutschland
Vereinzelt gibt es solche Orte in Deutschland schon. In Berlin beispielsweise betreibt das Kollektiv Prinzessinnengarten einen Gemeinschaftsgarten mitten in Neukölln. In Heidelberg bietet das Paradoxon als konsumfreier Raum Workshops, Ausstellungen und Konzerte an. Das Problem: all diese Orte werden ehrenamtlich betrieben. Es müssen sich also Menschen finden, die Verantwortung für diese Räume übernehmen wollen. Gleichzeitig muss aber auch das Geld für die Miete und die Bespaßung der Teilnehmenden vorhanden sein.
Wenn eine Kommune konsumfreie Räume plant, kann das Konzept gut funktionieren, denn dann werden weder Ehrenamtliche noch Spenden gebraucht, wie zum Beispiel in Helsinki. Die Stadtbibliothek Oodi dient hier als konsumfreier Raum. Die Bibliothek ist ein öffentlicher Treffpunkt, kostet nichts und wirkt wie ein kollektives Wohnzimmer. Außerdem können sich die Menschen dort kreativ austoben. Es gibt ein eigenes Tonstudio, Instrumente sowie Kameraequipment und Nähmaschinen – alles kostenfrei.
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Auch in Hannover sind konsumfreie Räume bereits ein Teil der Stadtplanung. Thomas Göbel-Groß, Stadtgestalter bei der Stadt Hannover, erklärt, dass der Stadt Hannover viel an den konsumfreien Räumen liege. Sie kümmert sich zum Beispiel um die draußen gelegenen und öffentlichen Orte wie Plätze oder Parks. Im Rahmen des Innenstadt-Dialogs sperrte die Stadt Hannover eine Reihe von Plätzen, Parkplätzen und Straßen, beispielsweise am Opern- oder Marktplatz, um mit konsumfreien Räumen zu experimentieren. Es gab Sitzgelegenheiten, ein temporäres Jugendzentrum sowie künstlerische Ausstellungen, Installationen und Sportangebote. Die Orte kamen gut an, weswegen sich die Stadt Hannover weiter für konsumfreie Räume einsetzt.
Ein Großprojekt hier war auch der Aufhof, gelegen in einem ehemaligen Kaufhof-Gebäude. Dort fanden gut ein Jahr lang Ausstellungen, Konzerte und Vorträge statt, man konnte sich dort aber auch zwanglos aufhalten und umschauen. Die Stadt bespielte den Raum zusammen mit der Leibniz-Universität.
In Berlin, Heidelberg und Bonn haben sich primär die Anwohnerinnen und Anwohner, teilweise mit städtischer Hilfe, für ihre konsumfreien Räume eingesetzt. Auch Hannover zeigt: Konsumfreie Orte sind von der Bevölkerung gewünscht, es sollte aber auch viel öfter ein Anliegen der Stadt sein, diese zu schaffen.
Von Olivia Bodensiek