Klimakiller Fast Fashion: Wie Modeketten unseren Planeten zerstören
Die Klimakrise ist längst eingetreten: Eine Studie der Fachzeitschrift „Nature Climate Change“ zeigt, dass das 1,5-Grad-Ziel bereits überschritten ist. Der Handlungsbedarf beim Klimaschutz wächst, und auch die Modebranche ist gefragt. Im Zwiespalt zwischen günstigen Preisen und nachhaltiger Produktion stellt sich für viele Menschen die Frage: lieber Fast oder Slow Fashion?
Die Modebranche verursacht rund 10 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen. Zu diesem Ergebnis kam das Europäische Parlament bereits im Jahr 2020. Und dabei ist die Klimakrise längst eingetreten, wie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler festgestellt haben. Zeit, sich auch beim Shoppen von Klamotten zu fragen: Aus welchen Unternehmen stammt mein Einkauf – und wie hoch ist eigentlich mein eigener Konsum?
Klamotten haben je nach Herstellung einen unterschiedlich großen Einfluss auf den Emissionsausstoß. Im Durchschnitt kaufen die Deutschen laut Bundesministerium für Umwelt und Naturschutz knapp 60 Kleidungsstücke pro Jahr. Was gerade modisch ist, bestimmen häufig schnelllebige Trends. Auf Plattformen wie Tiktok und Instagram werden beinahe täglich neue Trends gesetzt – einer flüchtiger als der andere. Auch große Fast-Fashion-Modeketten wie H&M, Zara und Shein bewerben dort ihre Produkte.
Fast Fashion – na und?
Beim Fast-Fashion-Konzept geht es um schnelle Massenproduktion zu günstigen Preisen. Dahinter steckt aus Sicht von Umweltorganisationen wie Greenpeace jedoch ein problematisches System: Kritik gibt es an der schlechten Qualität der Textilien, der Überproduktion und den prekären Arbeitsbedingungen für die Angestellten. Auch natürliche Ressourcen wie Wasser werden im Textilsektor in großen Mengen verbraucht und verschmutzt. Laut Europäischem Parlament brauche es schätzungsweise 2700 Liter Süßwasser zur Herstellung eines T-Shirts aus Baumwolle.
Eines der weltweit größten und einflussreichsten Textilunternehmen ist Inditex. Zu dem Unternehmen gehören Marken wie Zara, Bershka, Stradivarius und Pull&Bear. Das Unternehmen wirbt mit klaren Klimastrategien, die sich in den sinkenden Gesamtemissionen der Marken widerspiegeln sollen. Das ist aus dem Jahresbericht 2023 zu entnehmen. Dennoch sind die Treibhausgas-Emissionen in der Produktion von 2019 bis 2023 um knapp 15 Prozent gestiegen. Weite Transportwege und steigendes Konsumverhalten können Gründe dafür sein.
Die unabhängige Organisation Public Eye aus der Schweiz kritisiert Unternehmen wie Inditex stark. „Sobald der Konzern seine absurd hohen Ansprüche an den Umschlag seiner Fast-Fashion mäßigt, könnte das Kapitel Flugmode ad-acta gelegt werden“, schreibt Public Eye auf ihrer Webseite. Es sei lediglich eine Frage des Willens, die Transportmittel zu verändern und umweltfreundlicher zu handeln. Mit dem Begriff „Flugmode“ kritisiert die Organisation den Transport über die Luftfracht. Inditex fliegt die Kleidung nicht nur interkontinental ein, sondern auch innerhalb Europas, aus der Türkei zum Beispiel. Dabei ist der Luftverkehr das weltweit emissionsreichste und damit klimaschädlichste Transportmittel.
Nix gelernt: #Zara / #Inditex setzt in der Logistik weiter massiv auf klimaschädliche #Flugmode. 2023 sind seine transportbezogenen #CO2-Emissionen gar um 37% gegenüber dem Vorjahr gestiegen, auf ein Allzeithoch: https://t.co/LDAK3AsdX1 #UltraFastFashion
— Public Eye (@publiceye_ch) July 8, 2024
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Augen auf beim Kleiderkauf
Ziel des Slow-Fashion-Prinzips wiederum ist es, Stoffe qualitativ zu verarbeiten, um damit eine langlebigere Nutzung zu gewährleisten. Die Materialien werden deshalb bewusst nach Nachhaltigkeitskriterien ausgesucht. Außerdem geht es bei Slow Fashion nicht darum, schnelllebigen Trends zu folgen, sondern darum, möglichst zeitlose Designs zu schaffen. Damit wollen Befürworter und Befürworterinnen von Slow Fashion weg von der Überproduktion von Kleidung und hin zu einem bewussteren Umgang.
Der bekannteste Slow-Fashion-Anbieter ist Armed Angels, welcher anders als Inditex größtenteils im europäischen Raum produzieren. Mit 263 Tonnen Ausstoß von CO2-Äquivalent im Jahr 2020 kann bei Armed Angels jedoch auch ein Einfluss auf das Klima verzeichnet werden. CO2-Äquivalent ist die Maßeinheit, mit der verschiedene Treibhausgase zusammengefasst werden und in ihrem Einfluss verglichen zum CO2 gemessen werden.
Dennoch produziert Armed Angels nach eigenen Angaben klimaneutral und das über ein Biomasse-Projekt in Indien. Mithilfe einer Biogasanlage werden Ernteabfälle in erneuerbare Energien umgesetzt, schreibt Armed Angels 2020 in einem Pressebericht. Da sie nicht in Massen produzieren, stoßen Konzerne wie Armed Angels, Grüne Erde oder Jan N June deutlich weniger Treibhausgase aus als Giganten wie Inditex. Würde man die Gesamtemissionen von Inditex unter den insgesamt 213 Märkten des Unternehmens aufteilen, käme auf jedes einzelne Absatzgebiet rund 77.000 Tonnen CO2-Äquivalent – also deutlich mehr als die 263 Tonnen CO2-Äquivalent, die Armed Angels ausstößt.
Auch gebrauchte Kleidung kann modisch sein
Es gibt noch eine weitere Möglichkeit, übermäßigem Konsum entgegenzutreten. Deutschlandweit kaufen Menschen Kleidung aus zweiter Hand – direkt in Secondhand-Läden oder bei online Anbietern wie Vinted und Momox. Auch in Secondhand-Läden werden Fast-Fashion-Produkte angeboten, doch der Weiterverkauf verlängert ihren Nutzen. Ob Schuhe, Handtaschen oder Schmuck – alles kann man gebraucht kaufen. Meistens sind hier auch die Preise niedriger. Eine 2023 veröffentlichter Klimafolgenbericht von Vinted zeigt, dass der Kauf von Mode aus zweiter Hand anstelle des Neukaufs im Durchschnitt 1,8 Kilogramm CO2-Äquivalent einspart.
Wer kauft, der konsumiert
Nicht zuletzt kann jeder und jede das eigene Kaufverhalten hinterfragen und eine eigenständige Veränderung vornehmen. Hier ein paar Tipps, worauf du zukünftig achten kannst:
- Reflektiere, ob du das Kleidungsstück wirklich benötigst
- Hinterfrage, woher die Kleidung stammt
- Achte auf die Art der Textilie: Baumwolltextilien in Bio-Qualität sind klimafreundlicher als Polyester oder Viskose
- Achte auf Siegel, die eine nachhaltige Produktion und faire Löhne garantieren
- Nutze deine Kleidung so lange wie möglich
- Upcycle alte Kleidung in neue Kleidungsstücke
Von Pia Hesse
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