Indoor-Gardening: Wenn die Küche zum Gartenparadies wird
Die Gartensaison ist vorbei – kein Grund, der frischen Ernte nachzutrauern. Auch im Haus ist der Anbau von Kräutern, Gemüse und Obst möglich. Allerdings ist er mitunter schwieriger und braucht bestimmte Voraussetzungen. So gelingt’s:
Sprossen oder Grünkraut
Einfach, beliebt und in der Regel erfolgreich ist der Anbau von Keimsprossen oder Grünkraut. Das gilt etwa für die Keimlinge von Brokkoli, Rote Bete, Rotkohl, Rucola und Senf. Sie gelten als gute Lieferanten für Vitamine und Mineralstoffe, und sie sind schnell erntereif. Zudem gelingt der Anbau auf der Fensterbank auch ohne technische Hilfsmittel wie Pflanzenleuchten.
Die verschiedenen Begriffe gehen auf die Anbauweise zurück: Sprossen werden ohne Substrat gezogen und mitsamt der Wurzel verzehrt. Das gelingt etwa in einem speziellen Sprossenglas.
Grünkraut, auch als Microgreen bezeichnet, wird zum Beispiel auf Watte, auf einem Kresseigel aus Ton oder in Erde kultiviert. Hier wird nur der obere Teil verzehrt – daher ist Microgreen erntereif, sobald sich die ersten Blattpaare zeigen. Nach dem Schneiden kann man es noch mal wachsen lassen für eine zweite Ernte. Geeignet ist dafür jedes Saatgut, welches auch für Sprossen verwendet wird.
Eine andere Möglichkeit, um Nutzpflanzen im Haus zu ziehen, ist das Wiederverwenden von Gemüseresten. So lässt sich das Kraut einiger Pflanzen zum Austrieb ermuntern, wenn der untere Teil, an dem sich noch Wurzeln befinden, ins Wasser gestellt wird. Das gelingt mit Frühlingszwiebeln, Knoblauch, Stangensellerie und Fenchel.
Essbare Exoten
Von so mancher exotischen Pflanze wie Aloe Vera und Zitronengras lassen sich kleine Erntemengen im Haus ziehen. Auch Zitruspflanzen bringen hierzulande Früchte hervor. Hans-Jürgen Weese, Vorstandsmitglied im Bundesverband Einzelhandelsgärtner, rät aber, mediterranen Pflanzen im Sommer einen Platz draußen zu gönnen und sie im Winter nicht an einen zu warmen Standort zu stellen. Ein Wintergarten oder ein heller und kühler Hausflur seien ideal.
Bei einigen tropischen Pflanzen aber kann es hierzulande im Haus nur um den Zierwert gehen: Ananas, Kaffeestrauch, Passionsblume und Bananenstaude entwickeln sich zwar im Zimmer oder Wintergarten prächtig, in der Regel kommt es aber nicht zur Ernte, sagt Weese.
Salat und Fruchtgemüse
Salat, Cherry-Tomaten, Snack-Gurken oder feurige Chilis lassen sich im Haus ziehen – auch wenn das etwas aufwendiger ist. So müssen sie unter Umständen befruchtet werden. „Die beiden Hauptprobleme beim Gärtnern in geschlossenen Räumen – vor allem im Winter – sind zum einen die häufig zu niedrige Luftfeuchtigkeit und zum anderen das mangelnde Tageslicht“, erklärt Oliver Körner vom Leibniz-Institut für Gemüse- und Zierpflanzenbau in Großbeeren (Brandenburg).
Abhilfe schaffen hier Pflanzsysteme speziell fürs Gärtnern im Haus – auch mit den Schlagwörtern Indoor-Farming oder Indoor-Gardening im Handel zu finden. Lösungen, die es schon für kleines Geld gibt, eignen sich meist dafür, Küchenkräuter oder kleinere Gemüsepflanzen gedeihen zu lassen. Sie verfügen über eine Pflanzleuchte, die dafür sorgt, dass die Pflanzen ausreichend Sonnenlichtersatz erhalten.
Wer Nutzpflanzen im Topf wie Physalis oder Tomatillo den Winter über ins Haus holt, um diese hier weiter zu beernten, braucht separate Pflanzleuchten, da diese Pflanzen nicht in die typischen Mini-Pflanzsysteme für das Haus passen.
Solche LED-Pflanzenlampen produzieren rotes und blaues Licht. Die Hochschule Weihenstephan-Triesdorf erklärt, dass die Photosynthese der Pflanzen hauptsächlich bei Wellenlängen von 400 bis 500 Nanometer für den blauen Bereich sowie von 600 bis 700 Nanometer für den hellroten Bereich stattfindet. Aber die Leuchten dürfen nicht nur immer mal wieder kurz angestellt werden: Studien zufolge sollte Basilikum täglich für ungefähr sieben bis zehn Stunden beleuchtet werden.
Kräuter für die Küche
Gerade für Küchenkräuter sind die Geräte zum Indoor-Gardening gemacht. Aber auch auf der sonnigen Fensterbank ist es durchaus möglich, typische Küchenkräuter langfristig zu halten. Wobei hier darauf geachtet werden sollte, aus welchem Lebensbereich die Pflanzen jeweils stammen. „Recht unproblematisch lassen sich mediterrane Kräuter wie etwa Basilikum, Rosmarin oder Lavendel auf einer Fensterbank kultivieren“ erklärt Agnes Daiber, Gartenbau-Ingenieurin und zertifizierte Kräuterpädagogin aus Eitorf (NRW). Sie benötigen auch keine Winterruhe.
Anders ist dies bei heimischen Kräutern wie Schnittlauch und Petersilie. Bei ihnen ist die durchgehende Kultivierung schwierig. Daiber rät, diesen Kräutern erst mal eine Winterruhe im Garten zu gönnen und sie erst im Januar oder Februar ins Haus zu holen. Die Zimmerwärme gaukelt ihnen den Frühling vor, was die Pflanzen zum Austrieb anregt.
Von Christine Schonschek