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Immer kürzere Songs: Wie Tiktok und Co. die Musikindustrie verändern

Immer kürzere Songs: Wie Tiktok und Co. die Musikindustrie verändern
Foto: Kiichiro Sato/AP/dpa

Soziale Netzwerke wie Tiktok und Instagram werden für Künstlerinnen und Künstler immer wichtiger, um ihre Musik zu bewerben. Die Folge: Viele Songs werden kürzer und provokanter. MADS-Autorin Mona-Mari erklärt, was es mit dieser Entwicklung auf sich hat.


Tiktok ist mit über eineinhalb Milliarden Nutzerinnen und Nutzern eine der beliebtesten Social-Media-Apps weltweit. Den Erfolg der Plattformen machen sich auch immer mehr Kunstschaffende zunutze: Wer es mit einem Song in die Trends und damit in den Algorithmus schafft, kann sich einem gewissen Ruhm sicher sein. Aus dem Ruhm in sozialen Netzwerken kann schnell auch ein finanzieller Segen werden: Nutzerinnen und Nutzer wechseln zu Streaminganbietern wie Spotify, um den neu entdeckten Song zu streamen. Diese Dynamik hat auch Konsequenzen für die Musikindustrie: Viele Lieder werden immer kürzer und provokanter. Aber warum ist das eigentlich so?

Songs werden kürzer

Bereits 2018 fand das Magazin „Quartz“ heraus, dass die Länge von modernen Popsongs von durchschnittlich 3:50 Minuten auf durchschnittlich 3:30 Minuten geschrumpft war. Wer heutzutage in die Charts schaut, wird viele Songs finden, die eine Spiellänge von weit unter drei Minuten haben. Ein Beispiel wäre Artemis „I like the way you kiss me“. Das Lied, welches nur 2:23 Minuten lang ist, läuft in vielen Radiosendern aktuell rauf und runter.

Dieser Trend hat mit dem Verhalten der Nutzerinnen und Nutzer zu tun. Kunstschaffende verdienen üblicherweise mit einem Stream auf Spotify und Co. nur dann Geld, wenn ihr Lied über 30 Sekunden gehört wird. In einer Untersuchung der Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte (GEMA) aus dem Jahr 2022 heißt es: „Um zu verhindern, dass Songs zu früh abgebrochen werden, müssen Songwriter viel früher auf den Punkt kommen, Intros verkürzen, zeitiger den ersten Refrain einbauen usw.“ So solle sichergestellt werden, dass Nutzende mehr als die notwendigen 30 Sekunden zuhören.

Interaktion auf Tiktok und Co. wird immer wichtiger

Verstärkt wird dieser Trend durch soziale Netzwerke. In Deutschland haben knapp die Hälfte (46 Prozent) der zwölf bis 40-Jährigen Tiktok auf ihrem Smartphone installiert. Und mehr als die Hälfte der Teenager zwischen dem zwölften und 19. Lebensjahr nutzen die App mehrmals täglich. Neue Musiktrends erscheinen auf dem „For you“-Feed. Junge Menschen interagieren mit dem Song – es entstehen Memes, Tänze, Lip-Sync-Challenges, Duette und Stitches. Die Kategorien „Tanz“ und „Unterhaltung“ sind auf Tiktok am beliebtesten und viele Menschen entdecken über die App neue Musik. Je mehr mit einem Song dort interagiert wird, desto höher werden in der Regel auch die Zahlen bei den Streaminganbietern.

Damit verändert sich Musik in eine lautere, buntere und provokantere Richtung. Primär wird auf verzerrte, aggressive und laute 808s gesetzt, statt auf basslastige, tiefe und geschmeidige Drums, wie es noch vor einigen Jahren der Fall gewesen wäre. Eine aufwendige Produktion ist dabei nebensächlich – das Wichtigste ist das 15-sekündige Snippet des Songs auf Tiktok, mit dem die Nutzerinnen und Nutzer interagieren sollen, um so die Songs in die Charts und dadurch Geld auf die Konten der Kunstschaffenden zu befördern. Wer knapp und prägnant, provokant und reißerisch singt, hat höhere Chancen, in den ersehnten Algorithmus zu rutschen.

von Mona-Mari Becker

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Über den Autor/die Autorin:

MADS-Team

Unter diesem Namen sammeln wir Beiträge von Gastautorinnen und -autoren, Autorenkollektiven oder freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bei MADS. Die Namen des jeweiligen Autors oder der jeweiligen Autorin stehen unter dem einzelnen Beitrag.

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