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Homosexualität im Profifußball: Wieso Frauen Männern weit voraus sind

Homosexualität im Profifußball: Wieso Frauen Männern weit voraus sind
Foto: Jeffrey F Lin/Unsplash

Das Bewusstsein für LGBTQIA+-Rechte hat sich in den vergangenen Jahren verbessert, doch im Männerfußball bleibt Homosexualität ein heikles Thema. Während der Frauenfußball als offener und progressiver gilt, ist der Männerfußball von einer tief verwurzelten Kultur des Schweigens geprägt, die es homosexuellen Spielern schwer macht, sich zu outen. Aber warum ist das so?


Im Frauenfußball sind offen homo- oder bisexuelle Spielerinnen keine Seltenheit. Profis wie die ehemalige US-amerikanische Weltmeisterin Megan Rapinoe, die Schweizer Nationalspielerin Alisha Lehmann oder auch deutsche Nationalspielerinnen wie Ann-Katrin Berger, Lea Schüller und Sara Doorsoun sprechen öffentlich über ihre sexuelle Orientierung. So sagte etwa Lea Schüller dem ZDF: „Dass Frauen Frauen lieben, ist bei uns in der Bundesliga und im Nationalteam völlig natürlich.“

Die Gründe dafür sind vielfältig. Frauen wird gesellschaftlich mehr Flexibilität in Bezug auf Geschlechterrollen zugestanden, und der Frauenfußball hat sich als ein Raum entwickelt, in dem Vielfalt und Inklusion aktiv gefördert werden. Diese Kultur erleichtert es Spielerinnen, sich zu outen, ohne ernsthafte Repressalien zu befürchten.

Ein hartnäckiges Tabu im Männerfußball

Im Gegensatz dazu bleibt Homosexualität im Männerfußball ein Tabuthema. Trotz Fortschritten ist es nach wie vor selten, dass männliche Profifußballer ihre Homosexualität offenbaren. Lange Zeit war der englische Fußballer Justin Fashanu, der sich 1990 als homosexuell outete und acht Jahre später tragisch starb, der einzige Prominente in den europäischen Top-Ligen.

Die Gründe für diese Zurückhaltung sind tief verwurzelt. Der Männerfußball ist von traditionellen Vorstellungen von Männlichkeit geprägt, in denen Homosexualität oft als Schwäche gilt. Fangruppen, besonders in konservativen Kreisen, können teilweise sehr feindselig gegenüber Veränderungen sein. Homofeindliche Stereotypen und die Kultur des Schweigens führen dazu, dass Spieler ihre sexuelle Orientierung verbergen – aus Angst vor Diskriminierung, Spott oder Karriereeinbußen. Oft wagen sie es, wenn überhaupt, erst nach dem Karriereende, sich öffentlich zu ihrer Sexualität zu bekennen – wie der ehemalige deutsche Nationalspieler Thomas Hitzlsperger.

Medialer Druck und der Einfluss arabischer Länder

Die Berichterstattung über Coming-outs im Männerfußball ist häufig angetrieben von Sensationsgier. Im Frauenfußball dagegen ist die mediale Aufmerksamkeit geringer, dafür aber oft respektvoller und unterstützender. Die englische Europameisterin von 2021, Jill Scott, beschrieb es dem ZDF so: „Im Frauenfußball ist es nie eine große Sache. Manche haben Frauen als Partner, manche sind mit Männern verheiratet.“ Bei den Männern gebe es dagegen keine sichere Umgebung, um sich zu outen.

Diese Umgebung wird durch den immer stärkeren Einfluss arabischer Länder auf den Profifußball noch unsicherer. Es sind Länder, in denen Homosexualität mit langen Gefängnisstrafen oder sogar dem Tod bestraft wird. Die Weltmeisterschaft in Katar stand nicht nur, aber auch aufgrund ihrer LGBTQIA+-Feindlichkeit stark in der Kritik. Das Thema um die One-Love-Binde spaltete die Fußballwelt, dazu kamen Reisewarnungen für queere Fans. Der stärker werdende Einfluss unter anderem Saudi-Arabiens, das sich als einziges Land für die Weltmeisterschaft 2034 beworben hat, fördert die Kultur des Schweigens.

Homosexualität im Profifußball: Ein kleiner Lichtblick

Im Oktober 2021 outete sich der Australier Joshua Cavallo in einem emotionalen Video auf Instagram als schwul. Damit war der damals 21-Jährige der erste aktive, offen homosexuelle Profifußballer seit Justin Fashanu. „Ich bin ein Fußballer, und ich bin schwul“, lauteten seine Worte. Seit Cavallos öffentlicher Bekenntnis outeten sich drei weitere Profis: Collin Martin, Jake Daniels und mit Jakub Jankto, der beim italienischen Erstligisten Cagliari Calcio und der tschechischen Nationalmannschaft spielt, der erste aus einer europäischen Topliga seit Fashanu.

Es sind diese kleinen Lichtblicke, die Mut machen können. Der spanische Welt- und Europameister Gerard Piqué antwortete auf Cavallos Coming-out: „Die Fußballwelt hängt weit zurück, und du hilfst uns dabei, voranzukommen“.

Von Luca Stentzel


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