Fällen fürs Fest: Wie passt der Weihnachtsbaum zum Klimawandel?
Weihnachten ohne Weihnachtsbaum? Das klingt für viele abwegig. Aber kann man in Zeiten des Klimawandels noch bedenkenlos einen Baum aufstellen? Experten geben Antworten und Tipps für ein klimafreundliches Weihnachten.
Ein Weihnachtsbaum gehört für viele zum Fest einfach dazu. Doch wie verträgt es sich mit dem Klimawandel, wenn zu Weihnachten halb Deutschland einen Baum fällen lässt oder selbst im Wald eine Tanne schlägt? Sollte man vielleicht auf den festlich geschmückten Christbaum verzichten? Oder geht es auch nachhaltig? Experten antworten auf die wichtigsten Fragen.
Über 20 Millionen Weihnachtsbäume in Deutschland
Wie umweltschädlich sind Weihnachtsbäume?
Laut der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald (SDW) gibt es allein in deutschen Haushalten 23 bis 26 Millionen Weihnachtsbäume. „Natürlich wäre es schön, wenn man die Zahl reduzieren könnte“, sagt Simon Heitzler, Nabu-Referent für nachhaltige Waldnutzung. Insbesondere Plantagen mit Monokulturen seien nicht natur- und tierfreundlich – gerade wenn Herbizide und Pestizide eingesetzt werden.
Saskia Blümel vom Verband Natürlicher Weihnachtsbaum weist aber darauf hin, dass bei den deutschen Herstellern, die immerhin gut 90 Prozent der Bäume in deutschen Haushalten produzieren, inzwischen mehr auf mechanische Unkrautentfernung gesetzt wird.
Viele Felder werden direkt wieder bepflanzt
Beim Anbau von Weihnachtsbäumen bleibe der Lebensraum dauerhaft erhalten, sagt Blümel. „Anders als auf Maisfeldern, die nach einem Jahr komplett gerodet werden.“ So dauere der Anbau der Bäume in der Regel zehn Jahre und dann würden die Flächen von vielen Anbauern nur parzellenweise gerodet und direkt wieder bepflanzt.
Außerdem binden die Bäume CO2. Und das je nach Art der Verwertung der Bäume auch dauerhaft nach dem Fest – etwa wenn die Bäume zu Baustoff recycelt werden. Manche lokalen Müllentsorger nutzen die Grünabfälle auch als Heizstoff oder geben sie in die Kompostierung.
Regionale Bäume aus nachhaltiger Produktion kaufen
Worauf sollte ich bei einem echten Baum achten?
„Es kommt immer auch darauf an, woher man den Baum holt. Man kauft am besten so regional wie möglich, etwa vom lokalen Förster“, rät Nabu-Experte Heitzler. Wobei das bei der großen Summe an benötigten Bäumen schwierig werden könnte. „Natürlich kann nun nicht jeder Haushalt in den örtlichen Wald gehen.“
Heitzler empfiehlt, im Handel auf Labels zu achten, die für eine nachhaltige Produktion stehen, etwa FSC, Bioland und Naturland.
Ökobilanz beim Plastikbaum viel schlechter
Sind Kunstbäume die Lösung?
Plastik?! Die Alarmglocken aller Klimaretter schrillen. Doch die Frage liegt auf der Hand: Wenn Umweltschützer raten, die Zahl der echten Bäume zu senken, warum dann nicht zu einem künstlichen Baum greifen, der jedes Jahr wiederverwertet werden kann?
Der Nabu hat dazu eine klare Haltung: Besser, man bleibt beim echten Weihnachtsbaum. Natürlich halten die Plastikbäume länger, aber nach ein paar Jahren sehen sie auch nicht mehr schön aus. Das Grün verblasst. Dann landet das Plastik auf dem Müll.
Außerdem ist die Ökobilanz des Plastikbaums wegen höherer Emissionen durch die Produktionsweise und den Transport schlechter als die eines echten Baums, betont Heitzler. „Vier von fünf Plastikbäumen werden aus Fernost importiert.“
Verband macht gegen Plastik-Weihnachtsbäume mobil
Recycling von Weihnachtsbäumen schwierig
Ist es besser, einen echten Baum im Topf zu kaufen und nach dem Fest in den Garten oder Wald zu setzen?
Diese Idee ist an sich gut, aber schwierig umsetzbar. Man kann nicht jedes Jahr den Baum vom letzten Jahr wieder ausgraben, eintopfen und ins Haus holen. Und man kann nicht jedes Jahr neue Nadelbäume in den Garten setzen – nicht auf die üblichen Grundstücke.
Auch die Idee, den Baum einem örtlichen Waldbesitzer zu schenken, ist bedingt gut. „Der Baum müsste aus der Region kommen, um dort anzuwachsen“, erklärt Larissa Schulz-Trieglaff von der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Waldbesitzerverbände.
Viele Bäume wachsen draußen nicht mehr an
Darüber hinaus sollte die Wiederaufforstung mit klimaresistenten Laub- und Nadelbäumen erfolgen, sagt die Expertin. „Wer seinen Weihnachtsbaum nach den Feiertagen draußen anpflanzen möchte, sollte vorher mit einem Waldbesitzer in seiner Nähe Kontakt aufnehmen und fragen, ob sein Weihnachtsbaum in dessen Wald passt.“
Dann kann die gute Tat leider noch an der Praxis scheitern: Viele Bäume werden den Wechsel aus dem Topf in den Boden nicht überleben. „Oftmals sind die Wurzeln eines Baumes im Topf gekappt, so dass der Baum draußen nicht mehr anwächst“, erklärt Schulz-Trieglaff. Und der Boden darf nach Weihnachten nicht gefroren sein.
Wer es dennoch versuchen möchte, dem rät Niels Reinke vom Bund deutscher Baumschulen: Bäume kaufen, die vom Züchter über ihren Lebensverlauf mehrfach umgetopft wurden. Sie haben ein verzweigteres Wurzelsystem gebildet und wachsen im Garten eher an.
Der Baum muss nicht zwingend ein Baum sein
Gibt es eine andere Alternative?
Wer den Umweltschutz an Weihnachten absolut konsequent durchziehen will und trotzdem Deko wünscht, hat noch andere Möglichkeiten. Dafür muss man aber auf den liebgewonnenen Baum verzichten.
Es gibt inzwischen viele baumähnliche Dekorationen aus Brettern oder Metallgebilden im Handel, an die Kugeln und sonstiger Schmuck gehängt werden. Man kann selbst kreativ werden und sich nach einer Anleitung der DIY Academy einen dauerhaften Baum aus Holzscheiten bauen.
Barbarazweige als Zeichen für anstehendes Glück
Eine Alternative sind einzelne kahle Zweige von Sträuchern und Bäumen im Garten, die man in eine Vase gibt. Barbarazweige sind mancherorts sogar eine Jahrhunderte alte Tradition: Sie werden am 4. Dezember, dem Gedenktag der Heiligen Barbara, von Obstbäumen im Garten geschnitten und in eine Vase im Haus gestellt. 20 Tage später, an Heiligabend, sollten sie erblüht sein – als Symbol für die Geburt Christi und als Zeichen für anstehendes Glück.
RND/dpa