
„Engagiert euch“: Politiker-Appell an Timmendorfer Schüler

Für die Achtklässler des Ostsee-Gymnasiums in Timmendorfer Strand stand mal kein Mathe, sondern die Demokratie auf dem Stundenplan. Sechs Kommunalpolitiker aus der Gemeinde kamen in die Schul-Aula und haben von ihrem politischen Werdegang berichtet. Ihr Wunsch: Junge Menschen sollen sich wieder stärker in der Politik einbringen.
Vor 70 Jahren wurde das Grundgesetz verabschiedet. Das nahm Schulleiterin Cordula Braun zum Anlass für den „Tag der Demokratie“ am Ostsee-Gymnasium. Wohlgemerkt 61 Männer und nur vier Frauen hätten es verabschiedet. Dieser historische Tag sei ein guter Anlass dafür, darüber nachzudenken, wie Schüler ihre politische Bildung erfahren. Dann testete sie gleich das Wissen der Achtklässler. „Was ist Demokratie?“, fragte sie in die Runde. Zögerliche Antworten. Aber Artikel Eins des Grundgesetzes sitzt. „Die Würde des Menschen ist unantastbar“, antworten die Schüler.
Von der Anti-Atomkraft-Demo in die Parteipolitik
Wie entscheidet man sich in jungen Jahren dazu, selbst parteipolitisch aktiv zu werden? Als Jörn Eckert (SPD) 16 Jahre alt war, habe er auf der Straße gegen Atomkraft und Krieg demonstriert, erzählt er den Schülern. Man habe sich im Freundeskreis organisiert. Später sei dann die Frage gekommen „Welche Partei vertritt zu hundert Prozent meine Interessen?“. Eckert habe lernen müssen, dass es so eine Partei nicht gibt. Politik, das sei immer ein Kompromiss.
Auch bei Stefanie Paetow (Grüne) habe alles mit einer Demo angefangen. Vor dem Kieler Landesministerium sollte sie als Jugendliche gegen den Lehrermangel protestieren. Allerdings eher unfreiwillig, denn der Politikerin lagen damals andere Themen am Herzen. „Ihr könnt nur für die für euch wichtigen Themen einstehen“, appellierte sie. „Und wenn ihr politische Ziele verfolgen wollt, müsst ihr euch langfristig engagieren.“
Kommunalpolitiker wollen Timmendorfer Strand gestalten
Michael Strümpell (Wählergemeinschaft) ist seit 2012 in der Kommunalpolitik aktiv. Er habe in der CDU angefangen, dann eine Wählergemeinschaft gegründet, um frischen Wind in die Politik zu bringen. Seine Mission: Timmendorfer Strand nicht nur im Sinne des Tourismus voranbringen. Und Melanie Puschaddel-Freitag (CDU) war als Jugendliche in der Schülervertretung. „Da hatten wir viele Ideen, aber es wurde wenig umgesetzt“, berichtet sie heute. Also ging sie in die Parteipolitik. Ihre feste Überzeugung: „Gute Sozialpolitik klappt nur, wenn es auch dem Wirtschaftsbereich gut geht.“
Anja Meints (WUB) vermisst die Stimme der Jugend in der Ausschussarbeit. „Ich würde mich freuen, wenn ihr aufsteht und sagt, dass ihr auch Belange habt.“ Sie vermisse junge Menschen in den Ausschüssen, beispielsweise bei Bürgersprechstunden. Klar, manchmal sei Kommunalpolitik anstrengend, man verdiene auch nicht sonderlich viel für den Aufwand. Aber es freue sie, wenn sich die Gemeinde weiterentwickele. „Engagierten Nachwuchs fänd ich toll“, sagt Meints.
Politiker vermissen Schüler in Ausschuss-Sitzungen
Ulrich Herrmann (FDP) war lange Zeit Lehrer am Ostsee-Gymnasium. Er sei unter anderem parteipolitisch aktiv geworden, um sich für seine Schule einzusetzen. „Wer kennt den Jugendtreff? Wer kennt den Ferienpass?“, fragte er in die Runde. Das seien gute Beispiele dafür, was die Kommunalpolitik tue. Aber er fände es schade, dass er nur selten auf Schüler treffe, die von ihrem Rede- und Antragsrecht im Sozialausschuss Gebrauch machten.
Am Wochenende: Bürgerentscheid in Timmendorfer Strand
Saskia Bücker