Das Studium ist die beste Zeit des Lebens? Das sagen Studierende
Studierende haben viel Freizeit, leben von Instant-Nudeln und feiern mehr, als sie lernen. Oder sitzen sie doch die ganze Zeit mit Kaffee und Laptop in der Bibliothek? Klischees über das Studium gibt es viele, doch wie sieht es wirklich aus? MADS hat bei fünf Studierenden nachgefragt.
Teresa Reinkenobbe (23), 1. Semester „Freie Kunst“ in Weimar
„Das Studium ist für mich ein Safe-Space, in dem ich wachsen, experimentieren und auch mal Fehler machen darf, ohne dass es gravierende Konsequenzen hat. Im Vergleich zur Schulzeit fühlt sich diese Phase meines Lebens viel freier an. Ich genieße es, mein Leben eigenständig zu gestalten und selbst zu entscheiden, wie ich meine Zeit und Energie investiere. Manchmal bedeutet das, die Nacht im Atelier durchzuarbeiten, wenn ich mich gerade inspiriert fühle. Ein anderes Mal gönne ich mir bewusst eine Pause, um den Kopf freizubekommen.
Mein typischer Uni-Tag beginnt in der Werkstatt: Vormittags arbeite ich an meinen Projekten, anschließend verbringe ich dann meine Mittagspause in der Mensa. Nachmittags treffe ich mich mit meinen Kommilitoninnen und Kommilitonen sowie meiner Dozentin. Wir präsentieren dann unsere Projekte und sprechen über unseren Fortschritt. Neben der Uni muss ich auch noch arbeiten. Abends koche ich gerne mit meiner WG und lasse den Tag entspannt ausklingen.
Bisher ist das Studium wirklich die beste Zeit meines Lebens: Ich lerne nicht nur die Inhalte, die mich begeistern, sondern entdecke auch viel über mich selbst – eine Erfahrung, die ich besonders schätze.“
Nick-Luis Achtmann (20), 3. Semester Informatik in Hannover
„Das Studium ist für mich ein bisschen wie Schule, aber besser. Ich lerne endlich das, was mich interessiert. Jeden Tag etwas Neues zu erleben und zu lernen sowie Menschen kennenzulernen, die meine Interessen teilen, macht einfach Spaß.
Es wird oft gesagt, dass das Studierendenleben so viel cooler ist als die Schulzeit, aber ich merke keinen großen Unterschied. Was ich aber mag, ist, dass ich nicht von morgens bis abends im Vorlesungssaal sitzen muss, sondern auch viel von Zuhause erledigen kann. Da ich an meinem eigenen Schreibtisch viel effizienter arbeiten kann, habe ich dann nachmittags auch viel Zeit für Sport oder Zeit, um meine Familie in der Heimat zu besuchen.
Was mich überrascht: Für viele ist das Studium eher Nebensache. Manche interessieren sich mehr für Partys oder Treffen mit Freundinnen und Freunden als für die Inhalte. Ich würde sagen, dass meine Studienzeit eher das ausmacht, was ich lerne.“
Vada Salomé Braune (20), 1. Semester Kulturwissenschaften in Lüneburg
„Studieren heißt für mich, vieles auszuprobieren, um herauszufinden, was ich machen möchte. Ob das die beste Zeit meines Lebens wird, bleibt abzuwarten. Rückblickend hatte ich schon viele schöne Jahre, die kaum vergleichbar sind. Ich sehe das Studium als neues Kapitel, das Veränderungen mit sich bringt – und die machen oft die besten Zeiten aus.
Natürlich ist der Start nicht immer leicht: Freunde finden, einen Rhythmus etablieren, allein sein – all das braucht Zeit. Ich bin zwar in meinem Gap Year allein nach Norwegen gereist, aber jetzt lebe ich wirklich für mich. Viele Momente verbringe ich allein, etwa in der Mensa oder beim Schlendern durch die Stadt.
Tagsüber sitze ich in Vorlesungen, oft stricke ich dabei, wenn ich nicht mitschreibe. Nach der Uni gehe ich einkaufen, zum Sport oder in die Theatergruppe. Abends verbringe ich Zeit mit meiner WG. Wir kochen, spielen oder entspannen gemeinsam. Wenn etwas mal nicht klappt, versuche ich, mich nicht zu stressen: Ich probiere einfach Neues aus – in einer fremden Stadt fühlt sich das ohnehin weniger einschneidend an. Diese Einstellung hat mir schon viele schöne Momente gebracht.“
Maarten Hoffmeyer (25), 3. Semester Journalistik in Hannover
„Das Studium ist für mich mehr als die Inhalte: Ich liebe es, eigene Themen zu bearbeiten und daraus Texte, Podcasts oder TV-Beiträge zu machen. Noch wichtiger sind mir aber die Menschen, die ich dabei kennengelernt habe. Das macht meine Studienzeit besonders. Ich schätze die Freiheit, mich selbst zu organisieren, unabhängig zu leben und theoretisch immer das zu tun, was ich möchte. Gleichzeitig gibt es klare Vorgaben der Hochschule. Ohne Anwesenheitspflicht halte ich mich trotzdem an die Regeln – so bleiben Verpflichtungen.
Zwei Tage pro Woche verbringe ich ab mittags an der Hochschule, sonst ab morgens: Mensa, Seminare, dann Gruppenarbeiten und Recherchen bis in den Abend. Obwohl ich nur sechs Seminare insgesamt habe, kommen durch Projekte oft Zehn-Stunden-Tage zusammen.
Nebenbei arbeite ich remote für ein Theater. Das klappt gut, aber oft wünsche ich mir, nach langen Tagen einfach mal etwas anderes zu machen. Ich glaube, am meisten haben mich an meinem Studium die intensiven Freundschaften überrascht, die über das Lernen hinausgehen und diese Zeit zu etwas ganz Besonderem machen.“
Rieke Lüschen (23), 3. Semester Digital- und Medienwirtschaft in Stuttgart
„So selbstbestimmt wie jetzt im Studium werde ich wahrscheinlich nie wieder leben. Aber genau deshalb muss ich lernen, diese Zeit bewusst zu genießen, anstatt ständig nur auf das Danach hinzufiebern. Es klingt einfach, aber ich merke, wie schwer es mir manchmal fällt, die Freiräume wirklich anzunehmen, ohne das Gefühl zu haben, immer produktiv sein zu müssen.
Vor dem Studium habe ich eine Ausbildung zur Mediengestalterin abgeschlossen. Damals war mein Alltag klar strukturiert: Nach einem geregelten Nine-to-Five-Tag war Feierabend, und das habe ich auch so empfunden. Jetzt, im Studium, gibt es selten Momente, in denen ich sagen kann: Das reicht für heute. Stattdessen muss ich mir diesen Punkt selbst setzen — und dafür muss ich echt noch ein Gefühl entwickeln. Gerade die vielen Online-Vorlesungen, die über die Woche verteilt sind, machen es nicht einfacher, einen festen Ablauf zu finden. Ich arbeite deswegen gerade daran, mir eine Tagesstruktur zu schaffen, die Platz für die Uni, aber auch für Freizeit lässt. Die Zeit mit Freundinnen und Freunden ist mir wichtig, und ich möchte sie nicht zu kurz kommen lassen.
Trotz der Herausforderungen sehe ich das Studium aber auch als große Chance. Es ist für mich ein Neuanfang, nach der Ausbildung noch mehr aus mir und meinen Möglichkeiten zu machen.“
Aufgezeichnet von Luise Moormann
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