Ausbildung zum Fluglotsen: So spannend ist der Job von Tom Groß
Tom hat täglich mehr als 80 Flugzeuge im Blick: MADS hat mit dem jungen Fluglotsen aus Dresden über seinen spannenden Ausbildungsberuf gesprochen.
Tom Groß steht mit dem Fernglas vor der Fensterfront. Sein Arbeitsplatz ist geräumig, neben den flimmernden Computerbildschirmen ist eine kleine Küche eingerichtet worden. Was jedoch zuallererst ins Auge fällt, ist die unschlagbare Sicht: Von seinem Büro aus genießt der 29-Jährige einen 360-Grad-Rundumblick – auf die Landebahn und die Flughafengebäude des Dresdner Airports.
Fluglotsen tragen eine enorme Verantwortung
Seit acht Jahren ist Tom Fluglotse. Genau wie die rund 2000 anderen Lotsen der Deutschen Flugsicherung (DFS) ist er für die Kontrolle des Luftverkehrs zuständig. 30 273 Flugzeugbewegungen gab es laut Flughafenstatistik allein im vergangenen Jahr in Dresden am Flughafen. „Wir sorgen dafür, dass alle Flugzeuge in der richtigen Reihenfolge starten und landen – und dass dabei die Abstände ausreichend sind“, erklärt Tom. Fluglotsen kümmern sich also darum, dass jeder so schnell, aber auch so sicher wie möglich zum Ziel kommt.
„Lufthansa 123, wind 220 degrees, five knots, runway 22, cleared to land.“ Per Sprechfunk gibt Tom aus der Tower-Kanzel konkrete Anweisungen und Freigaben an die Piloten: für Starts und Landungen, für Geschwindigkeiten und Flughöhen. Dabei trägt der Fluglotse eine enorme Verantwortung: „Wir müssen plötzlich auftretende Probleme innerhalb weniger Sekunden lösen, um etwaige Gefahr abzuwenden“, sagt Tom. „Im Notfall muss man funktionieren und darf sich nicht stressen lassen.“ Tatsächlich wirkt Tom sehr gelassen, während er den Radarschirm betrachtet. So schnell scheint den jungen Sachsen nichts aus der Bahn zu werfen.
Auch das Schichtsystem im Tower macht ihm wenig aus, er übernimmt sowohl Früh- und Spät- als auch Nachtdienste. Am Dresdner Flughafen dauert eine Schicht knapp neun Stunden. Tom arbeitet für gewöhnlich fünf Tage, dann hat er vier Tage frei. „Dadurch ist es nicht sonderlich schwer, Arbeit und Alltag unter einen Hut zu bekommen“, meint er.
„Die Simulationsstunden haben am meisten Spaß gemacht, weil ich bestmöglich auf die Realität im Tower vorbereitet wurde.“
Tom Groß Fluglotse aus Dresden
Normalerweise sitzen immer zwei Lotsen im Tower: Der Platzlotse kümmert sich um die Maschinen, die starten und landen. Der Rolllotse sitzt daneben und koordiniert die Flugzeuge, die noch am Boden sind. Klingt nach Routine. Doch für die Lotsen gleicht kein Arbeitstag dem anderen. „Mal landet eine Regierungsmaschine, mal startet ein Rettungshubschrauber zu einem Noteinsatz“, erzählt Tom. Es ist immer spannend: „Einmal ist bei einer Privatmaschine der Reifen geplatzt. Ein anderes Mal war ein Lämpchen im Cockpit kaputt, und der Pilot dachte, das Fahrwerk sei nicht richtig ausgefahren. Bislang ist aber immer alles gut gegangen.“
Nur 5 Prozent bestehen den Eignungstest
Schon als Jugendlicher hat sich Tom für Flugzeuge begeistert, er verbrachte damals viel Zeit auf dem Segelflugplatz. „Eigentlich wollte ich Pilot werden – der Klassiker unter den Lotsen,“ sagt er und schmunzelt. Bei einer Berufsberatung hörte er dann zum ersten Mal vom Beruf des Fluglotsen.
Heute ist er froh über seine damalige Entscheidung. Der Fluglotse hat dem Piloten einiges voraus, findet Groß: „Wenn deine Schicht zu Ende ist, wirst du abgelöst und gehst einfach heim. Piloten müssen oft in Hotels übernachten und sind ständig unterwegs. Es hat schon seine Vorteile, jeden Abend zuhause zu sein.“
Am Dresdner Flughafen arbeiten 15 Towerlotsen, die meisten sind jung und unter 30 Jahre alt. Generell dürfen Fluglotsen nicht älter als 55 Jahre sein, da Sehkraft und Konzentrationsfähigkeit mit dem Alter nachlassen. Zur Zeit sucht die DFS nach neuen Lotsen – jungen Menschen zwischen 18 und 24 Jahren, die ihr Abitur in der Tasche haben.
Das fünftägige Eignungsverfahren ist nichts für schwache Nerven: Zum einen ist der Lotsen-Test nicht wiederholbar. Zum anderen liegt die Durchfallquote bei über 95 Prozent – von insgesamt 5000 Bewerbern beginnen letztlich nur 150 ihre Ausbildung. Denn die Anforderungen sind sehr hoch: Angehende Lotsen müssen multitaskingfähig, stressresistent und reaktionsschnell sein, räumlich denken können und sehr gute Englischkenntnisse mitbringen.
Fluglotsen bekommen 7000 Euro Einstiegsgehalt
Die Lotsen-Ausbildung besteht aus einem theoretischen Teil, der an der DFS-Akademie in Langen bei Frankfurt/Main absolviert wird. Dort erfahren die Azubis in einem knappen Jahr alles über Wetterkunde, Flugzeugtechnik oder den Sprechfunk. Zudem leisten sie Stunden im Flugsicherungssimulator ab, um auf brisante Situationen vorbereitet zu sein – auf brennende Flugzeuge, aufziehende Stürme oder Überflüge von Hubschrauberstaffeln. „Die Simulationsstunden haben am meisten Spaß gemacht, weil ich bestmöglich auf die Realität im Tower vorbereitet wurde“, sagt Groß. Anschließend wird die Ausbildung an einem der 15 Tower-Standorte der DFS fortgeführt. Das ’On-the-Job-Training’ dauert ein bis zwei Jahre, dann ist die Lehrzeit vorüber.
Fluglotsen beziehen ein ansehnliches Einstiegsgehalt von mindestens 7000 Euro. Tower-Mitarbeiter mit acht Jahren Berufserfahrung verdienen sogar rund 8500 Euro. Das Geld hat Tom allerdings nicht zu seiner Berufsentscheidung verleitet. Es war die tagtägliche Herausforderung, spontane Lösungen zu kreieren, sagt er: „Mag er manchmal noch so strapaziös sein – ich könnte mir keinen besseren Job vorstellen.“ Junes Semmoudi
Von Junes Semmoudi
Wie wird man Fluglotse?
Immer die richtige Entscheidung treffen und viel Verantwortung tragen: Die Ausbildung zum Fluglotsen führt nicht an die Universität, ist allerdings auch keine klassische Ausbildung. Fluglotsen gehören zu den Spitzenverdienern unter den Nichtakademikern. Maximal 15 Monate dauert der theoretische Teil bei der DFS. Anschließend müssen Auszubildende ihr Können direkt im Tower anwenden. Auf www.dfs.de gibt ein Fluglotsen-Spiel Einblick in den Job und ist gleichzeitig ein kleiner Test für alle Bewerber. Ausbildungen zum Fluglotsen bietet in Deutschland beispielsweise auch die Bundeswehr an – hier allerdings in der Laufbahn der Offiziere. Bewerber müssen zwischen 19 und 29 Jahre alt und mindestens einen Realschulabschluss haben.
Von Tomma Petersen