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Lachgas: Ein legaler und günstiger Rausch?

Lachgas: Ein legaler und günstiger Rausch?
Foto: Steffen Trumpf/dpa

Legal, günstig, vermeintlich ungefährlich – Lachgas gilt als Droge mit vielen Vorzügen. In den Niederlanden nimmt der Konsum zu. Ein erster Lachgas-Laden hat bereits eröffnet, obwohl die Risiken groß sind.


Sie inhalieren es aus einem Luftballon oder saugen es aus einem Sahnespender: Für den schnellen Rausch atmen immer mehr junge Menschen in Europa Lachgas ein. Die Droge selbst ist vergleichsweise kostengünstig. Und sie ist legal. In den Niederlanden wächst der Handel mit dem Gas, das früher bei Zahnärzten Patienten betäubt hat. Suchtexperten sind zunehmend in Sorge.

Unternehmer Mathieu Hölzken setzt auf die Welle. Er preist sein Geschäft „Falsche Luft“ als den „ersten echten Lachgas-Laden der Niederlande“ an. Es liegt in der niederländischen Grenzstadt Venray, nur einen Katzensprung von Krefeld oder Mönchengladbach. Dort verkauft der 48-Jährige einen kurzen Rausch aus dem Ballon. Das Ganze kostet fünf Euro. Hölzkens Kunden können sich auf alten Kinostühlen berauschen, dazu lacht von den Wänden ein riesiger Smiley Tränen – das Firmenlogo. Venrays Bürgermeister Hans Gilissenlacht nicht: „Wir können nicht so viel dagegen tun, nur warnen, dass es Risiken gibt.“

Zahl der Lachgas-Vergiftungen steigt

In den Niederlanden hat der Konsum von Lachgas drastisch zugenommen, auch die Probleme werden immer deutlicher. Die Spuren des Konsums kann jeder täglich sehen: Auf Parkplätzen, in Grünanlagen oder Straßen liegen Dutzende leere Metallkapseln oder Ballons. Experten warnen vor großen Risiken. Die Zahl der Vergiftungen durch Lachgas sei sprunghaft angestiegen, meldet das Nationale Informationszentrum für Vergiftungen in Utrecht. Hatte es 2015 noch insgesamt 13 Fälle gegeben, wurden im ersten Halbjahr 2019 bereits 67 Fälle gemeldet. Es geht um Schwindelanfälle, Übelkeit und Lähmungserscheinungen.

Nach dem niederländischen Sucht-Bericht hat jeder fünfte Jugendliche zwischen 20 und 24 Jahren schon Lachgas inhaliert. Auch in der Gruppe bis zu 35 Jahren wird es zunehmend zu einer beliebten und preiswerten Party-Droge. Immer mehr Städte schlagen Alarm, fordern ein Verbot. Das Gesundheitsministerium prüft, den Verkauf zu reglementieren.

Gas kann dauerhafte Nervenschäden hervorrufen

Lachgas oder Distickstoffmonoxid ist seit 2016 legal erhältlich und befindet sich etwa in Kapseln für Sahnespender. Es fällt nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofes nicht länger unter das strenge Arzneimittelgesetz. Es wird aber noch immer bei kleinen Eingriffen etwa beim Zahnarzt zur Betäubung eingesetzt. Das Gas wird entweder aus den Sahne-Kartuschen inhaliert oder aus damit gefüllten Luftballons. Das führt zu einem kurzen Rausch von 30 Sekunden bis höchstens einigen Minuten. Konsumenten berichten von verstärkten Sinneseindrücken und einem Kribbeln am ganzen Körper. Manche kichern unbändig.

Das Lachen kann einem aber schnell vergehen. Bei „durchschnittlichem Konsum“ von fünf bis zehn Kapseln einmal im Monat ist die Partydroge nach Angaben des Gesundheitsamtes relativ ungefährlich. Aber in Kombination mit Alkohol oder anderen Drogen und vor allem bei exzessiven Konsum könne das Gas zu dauerhaften Schäden am zentralen Nervensystem und Lähmungen führen. Und immer mehr Niederländer würden bis zu 50 Kartuschen am Tag inhalieren und das über einen längeren Zeitraum, heißt es im jüngsten Bericht zu Vergiftungen.

Amsterdam hat genug von der angeblichen Spaß-Droge

Sahnekapseln sind online oder im Supermarkt zu kaufen. Das kann jedes Kind und ist nicht teuer. Großverpackungen von 200 Stück gibt es bereits für 50 Euro. Dazu schießen auch die Verkaufsstellen wie Pilze aus dem Boden. In Amsterdam ist Deniz Üresin der „Lachgas-König“. Er beliefert abends und nachts mit rund zehn Lasten-Fahrrädern die Kundschaft in den Kneipenvierteln. „Ich verdiene echt wahnsinnig“, sagt er. Seine Kuriere verkaufen gefüllte Ballons, die Kunden inhalieren das Gas direkt auf der Straße. Der 25-jährige Unternehmer gibt seinen Kunden noch einen guten Rat – gratis: „Lieber im Sitzen inhalieren, sonst fällt man um und muss zur Ersten Hilfe.“

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Amsterdam hat genug von der angeblichen Spaß-Droge. Unternehmer und Bewohner klagen über Lärm, pöbelnde Jugendgruppen und den Müll auf den Straßen. Auch andere Kommunen wollen ein Verbot. Einige Städte haben den Verkauf zumindest bei Großereignissen bereits untersagt.

In Deutschland keine verlässlichen Zahlen

Deutschlands westlicher Nachbar ist nicht der einzige Brennpunkt. Auch in Dänemark will eine Mehrheit der Parteien den Verkauf von Lachgaspatronen regulieren. Die Missbrauchsfälle steigen den Behörden zufolge kontinuierlich. 2017 etwa zählte die telefonische Hotline für Vergiftungen 18 Meldungen, 2018 waren es bereits 39. In Kopenhagen häufen sich Meldungen über Angstanfälle, Erfrierungen durch eiskalte Kartuschen oder langandauernden Konzentrationsschwächen. „Das sind Personen, die seit langem das Gas konsumieren. Sie nehmen, 50, 100 oder 200 Lachgaspatronen täglich“, sagte Dorte Fris Palmqvist, Oberärztin am Bispebjerg Krankenhaus der Zeitung „Berlingske“.

Im deutschen Drogen- und Suchtbericht spielt Lachgas noch keine Rolle. Doch in der Partyszene komme es punktuell vor, so das Büro der Drogenbeauftragten der Bundesregierung. Verlässliche Zahlen gibt es nicht. Eine Studie von Drogenforschern der Universität Frankfurtmachte 2018 deutlich, dass sich die Zahl jugendlicher Lachgas-Konsumenten in drei Jahren verdoppelt habe. Demnach hatten 12 Prozent der Jugendlichen schon mal Lachgas ausprobiert.

RND/dpa


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