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WWF: „Von Asiens Umweltpolitik hängt das Wohl der Erde ab“

WWF: „Von Asiens Umweltpolitik hängt das Wohl der Erde ab“
Foto:  Christoph Sator/dpa

Ob Klimawandel, Artensterben oder Plastikmüll: Asiatische Länder gelten als die größten Umweltsünder. Allerdings nehmen die Regierungen auch Chancen wahr, sagt WWF-Asien-Expertin Stefanie Lang.


Asien, vor allem die Volksrepublik China, gelten als Entwicklungswunder. Mit dem Wirtschaftswachstum einher gehen aber auch Umweltsünden, die am Ende die ganze Welt betreffen. Zum Chinesischen Neujahrstag am Dienstag (5. Februar) sprach das RedaktionsNetzwerk Deutschland mit der Leiterin der Asien-Abteilung des Umweltverbands WWF, Stefanie Lang.

Frau Lang, Asien ist eine Schwerpunktregion des WWF. Welche Probleme drängen dort derzeit am meisten?

Der enorme Energiehunger Asiens ist eine enorme Herausforderung. China etwa ist einer der größten CO2-Verursacher. Zwar ist der Pro-Kopf-Verbrauch geringer als in Deutschland, doch der CO2-Ausstoß der chinesischen Volkswirtschaft ist insgesamt ist katastrophal hoch. In Asien selbst wird der Klimawandel vor allem in den Bergregionen deutlich, die Gletscher schmelzen stark ab und lassen viele Flüsse überfluten. Global gesehen der CO2-Ausstoß natürlich ein Riesenproblem. So hängt das Wohl der Welt auch ein großes Stück von der Umweltpolitik in den asiatischen Ländern ab.

„Schlechte Technologien überspringen“

Inwieweit sind sich die Regierungen ihrer Verantwortung bewusst?

In einigen Bereichen wird Umweltschutz als Chance für die Entwicklung neuer Technologien genutzt. Dabei herrscht auch das Bewusstsein vor, Fehler vermeiden zu wollen, die etwa in Europa gemacht worden sind. Ein Stichwort ist Leapfrogging (Bockspringen, Anm. der Redaktion): Dabei gilt es, schlecht verträgliche Technologien zu überspringen. Damit lassen sich gleich gute Alternativen für eine grüne Wirtschaft schaffen, um nicht in Abhängigkeit von schmutzigen Technologien zu geraten.

Zum Beispiel?

Ein Beispiel ist die Schaffung innovativer Verkehrskonzepte. In Vietnam bewegen sich die meisten Menschen mit Motorrollern fort – mittlerweile sind die Neuzulassungen vorwiegend Elektroroller. In Sri Lanka gibt es mittlerweile eine gute staatliche Förderung für alle E-Mobile. In Nepal oder Butan setzt man zunehmend auf Energie aus naturverträglicher Wasserkraft. Es gibt viele gute Ansätze, aber das reicht natürlich noch nicht aus, um eine nachhaltige Entwicklung zu garantieren. Auch das ist sicherlich eine Parallele zu der Situation in Deutschland und Europa.

Auch das Thema Artenschutz steht auf Ihrer Agenda oben.

Ja, was viele nicht wissen: Asien hat noch immer einen enormen Artenreichtum – allerdings sind dort auch überdurchschnittlich viele Arten vom Aussterben bedroht. Beim derzeit größten Infrastrukturprojekt unseres Planeten, dem Bau der neuen Seidenstraße von Asien über Afrika bis nach Europa kommt es beispielsweise maßgeblich darauf an, die ökologischen Auswirkungen so gering wie möglich zu halten und keine wertvollen Naturräume zu zerstören. Dafür muss dringend mehr Bewusstsein geschaffen werden.

Am Dienstag feiern viele Menschen in Asien das Chinesische Neujahr. Für sie beginnt am 5. Februar das Jahr des Schweins. Das Wildschwein, so heißt es von Ihrem Verband, sollen ein Beispiel dafür sein, wie prekär die Lage in den Wäldern Asiens ist. Was für eine Rolle spielt das Wildschwein?

Die Tiere sind sehr wichtig für das Ökosystem. Für den asiatischen Tiger sind Wildschweine ein Hauptnahrungsmittel. Gibt es zu wenige davon, minimiert das auch den Bestand des Tigers. Allerdings werden Wildschweine zuhauf mittels Schlingenfallen illegal gejagt. Die Tiere hängen dann mit Hals oder Pfoten in den Schlingen und können einfach eingesammelt werden. In die Fallen tapsen aber auch andere Tiere wie Tiger, Nebelparder oder Huftiere. Das führt irgendwann dazu, dass die Wälder völlig leergejagt sind. Dazu kommt dann noch die Bedrohung durch die Schweinepest, die sich jederzeit wieder ausbreiten könnte.

„Der Schwarzhandel mit illegalen Substanzen floriert“

Asien sorgt auch dafür, dass Tiere anderer Kontinente vom Aussterben bedroht sind – durch illegalen Artenhandel.

Tatsächlich ist vor allem in Asien immer noch der Mythos weit verbreitet, dass Teile von exotischen Tieren – zum Beispiel das Horn von Nashörnern oder auch Tigerknochen als Medizin gegen Krebs oder als Potenzmittel wirken. Dazu kommt auch eine wachsende soziale Prestigewirkung.

Sie meinen wie ein Mercedes-Stern?

Sie gelten als Luxusgüter. Bei größeren Feiern wird den Gästen dann beispielsweise pulverisiertes Nashornhorn auf die Speisen gerieben – sozusagen als sehr teures Topping. Der Schwarzhandel mit diesen illegalen Substanzen floriert. Gerade in Regionen wir Laos oder Kambodscha sind die Kontrollen noch lückenhaft und nicht ausreichend.

Wie viel Einfluss haben denn Nichtregierungsorganisationen wie der WWF in den asiatischen Ländern?

Leider ist unsere Arbeit in den vergangenen Jahren wieder schwieriger geworden. So gibt es in China und Russland inzwischen Gesetze, die verbieten, dass NGOs Geld aus dem Ausland erhalten. Die Regierungen haben Angst, dass man damit das Staatssystem unterwandern könnte. Wir sind aber in unseren Projekten vor Ort auf das Geld angewiesen. Deshalb ist es umso wichtiger, dass wir weiterhin gemeinsam mit den Staaten Lösungsansätze diskutieren und entwickeln können. Asien muss sich bewusst werden, dass mit neuem Wohlstand auch eine enorme Verantwortung verbunden ist.

Von Sonja Fröhlich/RND


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