
Wie Greta Thunbergs berühmte Vorgängerin vor 27 Jahren die Welt bewegte

Den Greta-Effekt gab es schon vor 27 Jahren, als die zwölfjährige Kanadierin Severn Cullis-Suzuki eine legendäre Rede beim Umweltgipfel in Rio hielt. Ihr Video wurde millionenfach gesehen – und bewegt heute noch.
Sechs bewegende Minuten lang spricht Severn Cullis-Suzuki auf dem Umweltgipfel 1992 von Rio. Die Zwölfjährige aus Kanada ist Gründerin einer Kinderumweltorganisation, sie hat das Geld für die Reise in die brasilianische Metropole selbst gesammelt.
Severn redet über ihre Ängste angesichts der Umweltzerstörung, über die Nöte der nächsten Generationen. An die Abgeordneten gewandt sagt sie: „Sie wissen nicht, wie die Löcher in unserer Ozonschicht zu beheben sind. Sie wissen nicht, wie man Lachse in einem toten Fluss ansiedeln kann. Sie wissen nicht, wie man ausgestorbene Tiere zurück in den Wald bringt, der einmal dort wuchs, wo jetzt Wüste ist. Wenn Sie nicht wissen, wie Sie all das reparieren können, dann hören Sie damit auf, es zu zerstören!“
„Das Mädchen, das die Welt zum Schweigen brachte“
Es ist ein persönlicher, provokanter, mutiger Appell, der die 130 Staatsoberhäupter und 17.000 Delegierten sprachlos macht. Dann stehen sie auf – und applaudieren. Der spätere US-Vizepräsident und Umweltschützer Al Gore sagt, sie habe die beste Rede der Konferenz gehalten. Severn Cullis-Suzuki macht Schlagzeilen als „das Mädchen, das die Welt zum Schweigen brachte“.
Der „Erdgipfel“ in Rio war eines der größten diplomatischen Ereignisse des 20. Jahrhunderts und gilt als Meilenstein für die Umwelt- und Entwicklungspolitik. Mit dem Gipfel begann der Reigen der Klimakonferenzen, zuletzt im Dezember 2018 im polnischen Kattowitz, bei der die Schwedin Greta Thunberg die klarsten Worte fand.
Severn Cullis-Suzuki ist Greta Thunbergs berühmte Vorgängerin. Das Video ihrer Rede, zig mal auf Youtube hochgeladen, wurde bereits millionenfach gesehen.
Severn Cullis-Suzuki, inzwischen Mutter von zwei Söhnen, gehört heute zu den weltweit renommiertesten Umweltaktivisten und lebt auf Haida Gwaii, einer kanadischen Inselgruppe. Die 39-jährige Biologin ist Kulturbotschafterin, Bürgerrechtlerin, Fernsehmoderatorin und Autorin, Initiatorin zahlreicher Projekte zur nachhaltigen Entwicklung – und aktiv in der Umweltstiftung ihres Vaters David Suzuki.
Kurz nach ihrer ersten Rede wurde Cullis-Suzuki als 13-Jährige 1993 mit dem Global 500 Award des Umweltprogramms der Vereinten Nationen ausgezeichnet. Parallel dazu erschien Cullis-Suzukis erstes Buch mit dem Originaltitel „Tell the World“, ein 32-seitiger Umweltratgeber für Familien.

Quelle: Vesa Moilanen/Lehtikuva/dpa
Wenn man sie fragt, was sich seit dem Umweltgipfel 1992 verändert hat, sagt Cullis-Suzuki: Viele Umweltprobleme seien heute schlimmer als damals. „Die Politiker haben nichts dazugelernt“, sagte sie in einem aktuellen Interview mit dem „Geo“-Magazin.
Auf Facebook unterstützt sie die weltweiten Schülerproteste, den Greta-Effekt:
Inhaltlich gleichen sich die Reden der beiden Mädchen stark. Aber es gibt einen Unterschied: Während Severn vor 27 Jahren die Erwachsenen noch darum gebeten hatte, ihren Worten Taten folgen zu lassen, ist Greta heute schon klar, dass sie von dieser Generation nichts mehr zu erwarten hat.
„Greta hat Recht mit ihrer Wut“, erklärte Cullis-Suzuki gegenüber der „Geo“. „Sie erhebt Anschuldigungen, fordert von uns, endlich aufzuwachen, aufzustehen und erwachsen zu werden. Ich bin stolz auf sie.“
Lest auch: Klimaproteste: Was die Schüler weltweit antreibt
Von Sonja Fröhlich/RND