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Wann sollen Kinder ein Smartphone bekommen? So war es bei Nina und Sophie

Wann sollen Kinder ein Smartphone bekommen? So war es bei Nina und Sophie
Foto: Unsplash/ freestocks.org

Nina war 18 Jahre alt, als sie ihr erstes Smartphone bekam – Sophie noch in der Grundschule. Die MADS-Autorinnen erzählen, warum ihr Weg genau der richtige war.


Die Spätzünderin

Als ich die Verpackung von meinem ersten Smartphone aufreiße, überkommen mich zwei Gefühle: Aufregung und Argwohn. Zu meinem achtzehnten Geburtstag hatte mein Vater mir mein erstes Handy mit Touchfunktion und Internetzugang geschenkt – das ist heute etwa fünf Jahre her. In meinem Freundeskreis war ich damit eine Nachzüglerin. 

Nina hat ihr erstes Smartphone mit 18 bekommen. Foto: Tim Schaarschmidt

Während der Pausen versendeten meine Freundinnen WhatsApp-Nachrichten oder scrollten durch Facebook. Ich dagegen ließ vor meinem achtzehnten Geburtstag mein Nokia-Tastenhandy in meinem Rucksack und kritzelte stattdessen auf meinem Zeichenblock. Öde fand ich das nicht. Ganz im Gegenteil – mich nervte der plötzliche Hype um die kleinen, digitalen Geräte. Ständig erreichbar sein? Ziemlich anstrengend, fand ich. Neugierig wurde ich mit der Zeit trotzdem. Während die kleine Schlange auf meinem Handy-Display einem grauen Punkt nachjagte, schaute ich oft neidisch zu meinen Freunden, die Doodle-Jump oder Candy-Crush zockten. 

Heute, fünf Jahre nachdem ich mein erstes Smartphone bekam, hat sich mein anfänglicher Argwohn bestätigt: Ein helles Blinken, das Handy vibriert und schon fluten Mails und WhatsApp-Nachrichten mein Smartphone. Ständige Erreichbarkeit gehört zu meinem Alltag – so wie bei einem Großteil der Deutschen.

57 Millionen Handynutzer 

Laut einer Studie des Statistik-Portals Statista sind es 2018 insgesamt 57 Millionen Deutsche, die ein Smartphone besitzen. 2014 waren es noch knapp 41 Millionen. Gerade in den letzten Jahren rückt die Schattenseite der Smartphones in den Fokus: Schädliche Strahlung, strapazierte Augen und Burnout durch die ständige Erreichbarkeit.

„ Ein helles Blinken, das Handy vibriert und schon fluten Mails und WhatsApp-Nachrichten mein Smartphone.“

Nina Hoffmann, MADS-Autorin

Nachvollziehen kann ich die Kritik auf jeden Fall. Mit meinem Smartphone begleiten mich auch Arbeit und Freunde bis spät abends auf mein Sofa. Kaum werfe ich einen Blick in ein Buch, sehe ich im Augenwinkel mein Handy leuchten. Ständig begleitet mich der Gedanke: Und was, wenn die Nachricht wichtig ist? 

Auch wenn ich mein Smartphone manchmal gerne aus meinem Leben verbannen würde, realistisch ist dieses Verlangen nicht. Ob für die Uni, die Arbeit oder um gemeinsam mit Freunden über die neusten Memes zu lachen: Ohne Smartphone geht es einfach nicht mehr. Froh bin ich deshalb gerade über die 18 Jahre, die ich ohne blinkende Handy-Displays und WhatsApp-Nachrichten in Büchern lesen und auf Zeichenblöcken kritzeln konnte.  

Die Digital-Native

Die erste App, die ich mir auf mein neues Smartphone lud, war nicht Whatsapp oder Instagram, sondern ,,Pou“: Ein dreieckiges Haustier, um das man sich rund um die Uhr kümmern konnte. Schließlich war ich erst zehn Jahre alt. Meine Eltern schenkten mir das Smartphone am Ende der vierten Klasse zum Geburtstag. Und damit war ich vielleicht etwas früh, aber nicht alleine. „Nahezu hundert Prozent der Kinder ab 12 Jahren haben ein eigenes Handy“, sagt Achim Berg, Präsident des Digitalverbands Bitkom.

Sophie hatte schon mit 10 Jahren ihr erstes Smartphone. Foto: Clemens Heidrich

Virtueller Außenseiterstatus

Ein Handy gehörte zum Wechsel auf die weiterführende Schule wie der neue Schulranzen. Wer keins hatte, tanzte aus der Reihe. Vielleicht war es mit zehn Jahren noch etwas früh, aber spätestens ab der siebten Klasse hatte jeder ein eigenes Smartphone – wenn auch nur, um in der ,,Klassengruppe 7d‘‘ auf Whatsapp nicht zu fehlen. Wer das tat, dem haftete nicht nur virtuell, sondern auch im realen Sozialleben ein Außenseiterstatus an.

Dennoch finde ich es gut, dass ich mein erstes Smartphone so früh bekommen habe. Zwar lag es in der ersten Zeit teilweise tagelang unberührt in meinem Schulranzen, weil ich seine Existenz schlichtweg vergaß. Zum Einsatz kam es meist nur, um mit meinen Eltern verschiedenste Dinge abzuklären oder Verabredungen mit Freunden zu machen.

„Niemand telefoniert mehr“

Doch mit der Zeit bekam Whatsapp eine immer größere Bedeutung für mich und meinen Freundeskreis. ​Wer kein Smartphone besitzt, kann Treffen mit den Klassenkameraden quasi vergessen. Niemand telefoniert mehr, niemand fährt mehr zu jemanden nach Hause und klingelt an der Haustür.

Aber neben diesem gesellschaftlichen Druck gibt es ganz praktische Vorteile, die ich als Zehnjährige mit Handy genoss. Zu meinem Gymnasium musste ich eine halbe Stunde mit der Bahn fahren. Der Weg war aus Sicht meiner Eltern nicht ganz ungefährlich. Was ihnen ein besseres Gefühl gab: Wenn ich mich mit den Öffis verfahren hatten oder spontan eine Schulstunde ausfiel, zückte ich mein Smartphone und öffnete Google Maps. Wollte ich mich mit meinen Freundinnen treffen, zeigten mir Apps welche Bahn ich nehmen musste oder wie lange die Fahrt mit dem Fahrrad war.  

„Ohne mein Smartphone wären wahrscheinlich einige meiner Freundschaften in die Brüche gegangen.“

Sophie Klaus, MADS-Autorin

Ohne mein Smartphone wären wahrscheinlich einige meiner Freundschaften in die Brüche gegangen. Mit Leuten, die ich weder in der Schule, noch in meiner Freizeit sehe, ist es in der heute so schnelllebigen Zeit schwer, Kontakt zu halten. Dafür ist mein Handy natürlich super. Nach meiner letzten Fahrstunde konnte ich letztens einfach einer Freundin in einer Sprachnachricht davon erzählen. Auf diesem Weg versuchen wir, uns gegenseitig an unserem Leben teilhaben zu lassen – auch wenn man nicht miteinander telefoniert oder sich regelmäßig sieht.

Umgang mit sozialen Medien

Doch ich habe nicht nur Funktionen wie die Standorterkennung kennengelernt, kam früh eigenständig nach Hause und konnte Freundschaften aufrechterhalten. Ich habe viel über mich selbst gelernt. Ich musste mir eigene Grenzen setzen und einen gesunden Umgang mit digitalen Medien entwickeln.

Denn meine Eltern hatten viel Vertrauen in mich: Das Smartphone benutzen oder nicht benutzen zu dürfen, war nie ein Verbot oder eine Belohnung für gutes Verhalten. Deshalb ist es für mich nichts Reizvolles mehr. Wenn sie es mir weggenommen hätten, wäre vielleicht das Gegenteil passiert: Das Handy wäre zu etwas Besonderem geworden, das ich, sobald es wieder in meinen Händen gewesen wäre, noch intensiver benutzt hätte.

Von Nina Hoffmann und Sophie Klaus


Über den Autor/die Autorin:

MADS-Team

Unter diesem Namen sammeln wir Beiträge von Gastautorinnen und -autoren, Autorenkollektiven oder freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bei MADS. Die Namen des jeweiligen Autors oder der jeweiligen Autorin stehen unter dem einzelnen Beitrag.

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