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Seenotrettung: Klaas sammelte Spenden für Schiff – doch das lief nie aus

Seenotrettung: Klaas sammelte Spenden für Schiff – doch das lief nie aus
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Im Sommer 2018 sammelte Klaas Heufer-Umlauf Geld für ein Rettungsschiff, das in Seenot geratene Flüchtlinge retten sollte. Bis heute ist das Schiff nicht ausgelaufen. Nach einem kritischen Medienbericht äußert sich die Organisation.


Klaas Heufer-Umlauf steht wegen einer Spendenaktion in der Kritik. Der TV-Moderator hatte am 7. Juli 2018 ein Video veröffentlicht, kurz nachdem der deutsche Skipper Claus-Peter Reisch verhaftet und sein NGO-Boot „Lifeline“ beschlagnahmt worden war. Darin rief der Moderator auf, für die Anschaffung eines Rettungsschiffes zu spenden.

„Man braucht jetzt Schiffe, um jetzt ein Zeichen zu setzen, um zu sagen, wir machen weiter, und natürlich, um ganz konkret Hilfe leisten zu können“, sagte der Moderator in dem Video. Konkret sei der Plan, „ein weiteres oder vielleicht auch mehrere Schiffe für eine gewisse Zeit lang zu chartern, um diese Situation nicht einfach auszusitzen. Ich persönlich habe auch schon Geld gespendet (…) und ich finde, diesem Beispiel kann, wenn ihr mögt, jeder nachgehen. Es ist völlig egal, ob es zwei Euro sind oder 200.000, je nach Verhältnismäßigkeit kann man sich da engagieren.“ Seinen Appell verband der Moderator auch mit einem Versprechen: Er werde „persönlich dafür Sorge tragen, dass das Geld da ankommt, wo es hin muss“.

Bis heute ist kein Schiff ausgelaufen

Das österreichische Rechercheportal „Addendum“ hat sich dem Thema nun in einem großen Stück angenommen und herausgefunden: Bis heute ist kein Schiff ausgelaufen. Grund dafür seien diverse Ereignisse, die das Portal im Einzelnen nacherzählt.

Die Wahl des Schiffes, das für die zivile Seenotflotte „Civilfleet“ gechartert werden sollte, fiel demnach auf die „Golfo Azzurro“. „Zu diesem Zeitpunkt hatte das Schiff eine Panama-Flagge und verfügte über alle nötigen Papiere“, erklärt der Schatzmeister von Civilfleet, Ruben Neugebauer, dem Portal. Die erste Charterrate habe man daraufhin überwiesen – allerdings verloren im selben Zeitraum zwei NGO-Botte „auf politischen Druck aus Italien“ die Flagge Panamas. Ein Auslaufen des Schiffes sei somit nicht mehr zu Stande gekommen.

Der Schiffseigner habe den Aktivisten danach erneut Versprechungen gemacht. Er wäre kein Problem, die „Golfo Azzurro“ in kurzer Zeit umzuflaggen. Der Verein habe ihm dafür 30.000 Euro für den beabsichtigten Flaggenwechsel zur Verfügung gestellt. „Zahlreiche Arbeiten wurden in der Verantwortung des Schiffseigners auch durchgeführt und bezahlt“, sagt Neugebauer dem Portal, „jedoch konnte er seine Zusage nicht einhalten.“ Weiteres Geld wurde demnach fällig. Das Portal spricht von 70.000 Euro.

Gesamtkosten: 206.675 Euro

Die Gesamtkosten belaufen sich laut „Addendum“ auf 206.675 Euro. Letztendlich sei aber all die Mühe umsonst gewesen: Das Projekt sei inzwischen gescheitert. „Der Abbruch des Projektes ist natürlich äußerst schmerzlich“, sagt Neugebauer dem Portal, „er war jedoch zu Beginn, als auch andere Rettungsschiffe noch unter Panama-Flagge operierten, in der Form nicht absehbar“.

Nach anfänglicher Euphorie habe sich auf der Website der Organisation über Monate hinweg „kein Bericht, kein Foto, kein Update und keine neue Statusmeldung“, gefunden, kritisiert das Portal. Die Spender hätten nichts darüber erfahren, ob das gecharterte Boot, das mit ihrem Geld finanziert worden war, nun schon ins Mittelmeer aufgebrochen war. „Umgekehrt wurde auch kein etwaiger Abbruch der Mission kommuniziert.“

Statement der Organisation zum Spende-Schiff

Die Organisation selbst hat sich inzwischen zu den Vorwürfen geäußert. Klaas Heufer-Umlauf twitterte den Link zum Statement am Sonntag. „Civilfleet“ habe sich demnach bewusst entschieden, nicht öffentlich über die Probleme zu berichten, da man davon ausging, „dass die Behörden uns mehr Steine in den Weg legen, je mehr Öffentlichkeit das Projekt hat“. Darum habe man den Schiffsnamen und aktuelle Entwicklungen erst spät oder teilweise gar nicht veröffentlicht.

„Dass der Abbruch des Projekts noch nicht kommuniziert wurde, hängt damit zusammen, dass das Projekt erst vor kurzem abgebrochen wurde“, erklärt die Organisation. „Wir versuchen momentan das Inventar/Equipment, das einen hohen Wert hat, in ein Lager in Deutschland zu bringen, damit es auf anderen Schiffen eingesetzt werden kann. Ein Teil des Equipments wird bereits auf anderen Schiffen eingesetzt. In den kommenden Wochen werden wir klären, wie viel Geld uns der Eigner zurückzahlen muss und zum aktuellen Zahlungsstand des Projekts einen Bericht veröffentlichen.“

Den Helfern sei bewusst gewesen, „dass der Flaggenwechsel komplex und aufwändig ist, sodass wir es für einen richtigen Schritt hielten, statt der Charterraten einen Maximalbetrag festzulegen, bis das Schiffeinsatzbereit ist und wir mit den Einsätzen beginnen können“, erklären sie. „Derweil schlossen wir die aufwändigen Umbauarbeiten am Schiff für die Seenotrettung ab. Die Ausgaben für Equipment, Ausrüstung, Material sind jedoch nicht umsonst gewesen, sondern können weiter für die Seenotrettung eingesetzt werden.“

„Es erschien uns richtig, nicht aufzugeben“

Man habe sich zunächst bewusst gegen das Aufgeben entschieden, heißt es in dem Statement: „In Anbetracht der Situation, dass zu dieser Zeit kaum ein Seenotrettungsschiff auf dem Mittelmeer war und das Massensterben beinahe unbemerkt weitergehen konnte, erschien es uns richtig, nicht aufzugeben, sondern weiter zu versuchen, das Projekt zum Erfolg zu bringen.“

Auch zur Beteiligung von Klass Heufer-Umlauf haben die Organisatoren eine klare Meinung: „Klaas Heufer-Umlauf hat nicht nur Verantwortung für die Spendenaktion übernommen, sondern auch in schwierigen Zeiten Haltung bewiesen. Das war ein wichtiger Beitrag auf dem Weg hin zu einer menschenwürdigen Politik an den europäischen Außengrenzen. Er hat persönlich dafür gesorgt, dass das Geld an Seenotrettungsorganisationen geht, die für diesen Zweck als gemeinnützig anerkannt sind und an deren Gemeinnützigkeit abseits von rechtsradikalen Debattensträngen kein Zweifel besteht.“

„Insgesamt kann man uns glauben, dass es uns am meisten schmerzt, dass die Golfo Azzurro bislang keine Menschen retten konnte“, heißt es am Ende des Schreibens. „Wir haben jedoch angesichts enormer Widerstände unser bestes gegeben, um im Sinne der Spenderinnen die Seenotrettung im Mittelmeer wieder möglich zu machen.“

RND/msc

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