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Neue Studie: Ist Gendern verständlich genug?

Neue Studie: Ist Gendern verständlich genug?
Foto: Steinach/Imago Images

Dem Gendern wird oft vorgehalten, Texte komplizierter zu machen und Menschen auszuschließen, die auf einfache Sprache angewiesen sind. Eine neue Studie untersucht, was an dem Vorwurf dran ist.


In den sozialen Medien, in der Uni oder beim Familienessen: Kaum eine Debatte erhitzt die Gemüter so sehr wie die um gendersensible Sprache. Und ob nun Gender-Sternchen, Binnen-I oder Doppelpunkt – das Ziel der geschlechtergerechten Sprache ist es, alle Menschen sprachlich einzuschließen.

Kritikerinnen und Kritiker werfen dem Gendern zumeist vor, Texte seien dadurch unverständlich. Diese Kritik teilt der umstrittene Verein Deutsche Sprache, der sich für die Wahrung der Tradition, also die Verwendung des generischen Maskulinums, einsetzt. Ob die Verständlichkeit von Texten tatsächlich durch gendergerechte Formulierungen beeinträchtig wird und wie eine geschlechterfaire Sprache mit leichter Sprache zu vereinbaren ist, untersuchte jetzt die Universität Graz gemeinsam mit der Übersetzungsagentur Capito.

Neutrale Formen am verständlichsten

Dabei stellt die Studie fest, dass es durchaus leichtverständliche Formulierungen gibt. In der Untersuchung beurteilten 54 Personen, die auf leichte Sprache angewiesen sind, die Verständlichkeit von Texten mit verschiedenen Formen des Genderns. Darunter waren Menschen mit Lernschwierigkeiten und Menschen, die gerade Deutsch lernen. Als problemlos stellte sich dabei die neutrale Bezeichnung von Personengruppen heraus – beispielsweise „Lehrkräfte“ statt „Lehrer*innen“. Formulierungen wie „Lehrende“ wurden dagegen als unverständlich oder schwer zu verstehen wahrgenommen.

Ebenso als leicht verständlich erwies sich die Formulierung „Lehrerinnen und Lehrer“. Das Problem damit sei laut Studie jedoch, dass sie ausschließlich Männer und Frauen inkludiere und nicht alle Geschlechter. Also schließe sie all diejenigen aus, die sich nicht dem weiblichen oder männlichen Geschlecht zugehörig fühlen. Die Formulierung sei zwar besser, als nur das generische Maskulinum zu verwenden, aber dennoch keine gute Gender-Form.

Gendern: Stern ist besser als Doppelpunkt

Wenn eine neutrale Bezeichnung nicht möglich ist, rät die Studie zum Gendersternchen. Denn dieses beurteilten die Befragten als gut verständlich. Der Doppelpunkt sei dagegen problematischer. Er hat als Satzzeichen schließlich schon eine feste Aufgabe. Damit könnte es zu Verwirrungen kommen. Eine weitere gute Möglichkeit seien Beschreibungen wie „Menschen, die dort arbeiten“ statt des nicht gendergerechten „Mitarbeiter“ oder des problematischeren „Mitarbeitende“.

Ähnlich lauten auch die Empfehlungen des Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverbands (DBSV). Dieser rät zu neutralen Formen statt Gendern durch Sonderzeichen, da diese beim Vorlesen durch Screenreader verständlicher sind. „Falls jedoch mit Kurzformen gegendert werden soll, empfiehlt der DBSV, das Sternchen zu verwenden“, heißt es auf der Internetseite. Es sei „davon auszugehen, dass Doppelpunkt und Unterstrich für sehbehinderte Menschen schlechter erkennbar sind als das Sternchen“.

Die neue Studie jedenfalls schafft ein wenig mehr Klarheit bei all den verschiedenen Möglichkeiten des Genderns. Walburga Fröhlich, Co-Gründerin von Capito, ist sich sicher: „Die neue Studie beweist, dass Verständlichkeit und Barrierefreiheit keine Gründe sein müssen, um auf das Gendern zu verzichten.“

Von Chantal Moll


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Über den Autor/die Autorin:

MADS-Team

Unter diesem Namen sammeln wir Beiträge von Gastautorinnen und -autoren, Autorenkollektiven oder freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bei MADS. Die Namen des jeweiligen Autors oder der jeweiligen Autorin stehen unter dem einzelnen Beitrag.

5 Bemerkungen

  1. Michael Schriever

    Durch absurde Formulierungen, wie z.B. „… ein sehr persönlicher Prozess, der mit Hilfe eines*r Beraters*in, etwa eines*r Therapeuten*in, erfolgt …“ (S.277 in der Michelle Obama-Übersetzung von ‚Das Licht in uns‘), kann ein halbwegs normaler Mensch dieser Gender-Phobie nun wirklich keinerlei Verständnis gegenüber erbringen !

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  2. Wacken1911

    Die Studie ist natürlich sehr repräsentativ mit 54 Teilnehmehmern. Das besitzt schlicht 0 Aussagekraft bei der Anzahl an Teilnehmern. Fakt ist aber. Die große Mehrheit lehnt es immernoch ab zu gendern. Ich verstehe die andauernde Diskussion nicht. So funktioniert Demokratie einfach nicht. Ich bin Fan „Lehrerinnen und Lehrer“ zu schreiben. Wieso können die Personen, welche es soo doll stört nicht im „und“ identifizieren? Und asoziiert, das noch etwas kommt also könnten sie dort doch ihre individuelle Identität im und finden. Vor allem müsste die Mehrheit, welche nicht gendern will, sich nicht umgewöhnen. Journalistisch dieses durch die Blume als Durchbruch zu bezeichnen bei solch einer schlechten Studie zeigt, dass sie keine Ahnung von Wissenschaft haben und was es heisst sauber zu recherchieren und aufzuklären. Schade.

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  3. Manolo Fuerte

    Ich kann es nicht mehr hören. Deutschland hat unendliche Probleme und ihr machr euch Gedanken ob es „Krankenschwester oder Krankenbruder“ heißt. Wir haben Fachkräftemangel, das Gesundheitssystem liegt am Boden, die Kinderarmut steigt ständig, Rentner müssen Flaschen sammeln und ihr macht euch über solche Dinge Sorgen. Das Land der Dichter und Denker schafft sich ab.

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  4. Mathias

    Hier hat die Autorin wohl schlicht die Frage falsch gestellt, es geht nicht um das „wie“ des Genderns, sondern wohl doch eher darum „ob“ gendern überhaupt notwendig bzw. sinnvoll ist. Laut Schätzung des deutschen Ethikrates leben in Deutschland ca. 80.000 „intergeschlechtliche“ Menschen, ganze 394 davon haben bis Ende 2020 davon Gebrauch gemacht, sich als „divers“ beim Amt eintragen zu lassen. Das Problem der „geschlechtergerechten Sprache“ scheint also quasi gar nicht vorhanden zu sein bzw. wird völlig übertrieben dargestellt. Kein Wunder, dass die Ablehnung in der Bevölkerung so gewaltig ist. Was übrigens übertriebener Aktionismus für Schaden an einem durchaus wichtigem Thema anrichtet, kennt man ja von den Aktionen der „letzten Generation“. Dass ist beim Thema „Gendern“ nicht anders, eine im Kern gut gemeinte Sache (Geschlechtergerechtigkeit) wird durch völlig sinnfreien Aktionismus ins lächerliche gezogen. Herzlichen Glückwunsch an die Initiatoren!

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  5. Sascha

    Ich verstehe ich, wo der Beweis zu finden ist. Auch diese 54 Personen haben bestätigt, dass mit Sonderzeichen gegenderte Texte unverständlich sind. Wenn man die Frage anhängt, was denn am verständlichsten wäre, wenn man keine Wahl hätte, bekommt man ein verzerrtes Resultat. Wenn ich frage welche kriminellen gesellschaftlich noch als akzeptabel gelten, werde ich bei einer vergleichbaren „Studie“ (ab ca. 10.000 representativ) vermutlich keine Mörder*innen und Vergewaltiger*innen genannt bekommen. Frage ich aber ob eher Mörder*innen oder Vergewaltiger*innen akzeptabel sind wenn man denn wählen müsste, ist die Antwort kein Beweis dafür, dass solche Kriminelle gesellschaftlich akzeptabel sind.

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