Nach zwei Boeing-737-Abstürzen: Was man gegen seine Flugangst tun kann
Nach zwei Abstürzen von Boeing-737-Maschinen beschleicht viele Fluggäste ein mulmiges Gefühl. Eine Psychologin erklärt, warum Fliegen noch immer sicher ist und was man gegen Flugangst machen kann.
Der neuerliche Absturz einer Boeing 737 Max in Äthiopien löst Unsicherheit unter Fluggästen aus. Denn bereits im Oktober 2018 war eine Boeing 737 Max 8 der indonesischen Fluggesellschaft Lion Air kurz nach dem Start verunglückt. Gleich zwei solcher Ereignisse schüren Ängste – und das nicht nur bei Menschen, die ohnehin unter einer Flugangst leiden. Auch Reisende, die damit normalerweise keine Probleme haben, beschleicht nun ein mulmiges Gefühl. Die Diplom-Psychologin und frühere Chefstewardess Linda Föhrer bietet seit zehn Jahren an internationalen Flughäfen Seminare gegen Flugangst an.
Frau Föhrer, steigt nach Flugzeugabstürzen die Angst vorm Fliegen?
Ja, das ist leider immer so. Viele Menschen haben ohnehin schon ein mulmiges Gefühl, wenn sie in ein Flugzeug steigen. Nachrichten und Bilder von Flugzeugkatastrophen verstärken das noch einmal. Menschen mit Flugangst fühlen sich dadurch bestätigt.
Was sagen Sie Ihren Seminarteilnehmern: Wie sicher ist das Fliegen überhaupt?
Es ist sehr sicher. Unglücke wie diese sind angesichts des hohen Flugverkehrs wie die berühmte Stecknadel im Heuhaufen. Die Krux ist, dass über Flugkatastrophen immer groß berichtet wird. Selbst fliegerische Kleinigkeiten wie das Durchstarten einer Maschine oder plötzlicher Seitenwind beim Landen erfahren weltweit viel Aufmerksamkeit. Das verzerrt unsere Wahrnehmung der Risiken und führt zu Angst.
Was kann man gegen die Angst tun?
Zunächst sollte man sich mal die Fakten aufrufen: Die Maschinen sind immer sicherer geworden, es gibt kaum etwas, was so gut überwacht wird wie unsere Verkehrsflugzeuge. Deren Anzahl hat sich in den vergangenen Jahren verdoppelt – die Zahl der Unglücke ist aber konstant klein geblieben. Während allein in Deutschland jedes Jahr Tausende Menschen im Straßenverkehr ums Leben kommen, sind es in der Luft jährlich im Schnitt 700 – weltweit.
Und wenn die Fakten allein nicht helfen?
Die meisten Menschen bekommen ja Angst, wenn Turbulenzen auftreten, wenn es wackelt. Ich empfehle da, nicht zu verkrampfen, sondern mit den Bewegungen des Flugzeugs mitzugehen, ruhig auch nach rechts und links zu schaukeln. Außerdem sollte man auf eine tiefe Bauchatmung achten. Stress wirkt sich auf die Angst aus. Wer weiß, dass er unter Flugangst leidet, sollte schon einen Tag vor der Reise seinen Stresslevel senken und versuchen abzuschalten.
Welche Gefahr geht von Turbulenzen oder Gewittern aus?
In der Regel ist beides irrelevant. Wenn Gefahr etwa durch einen Orkan droht, werden die Lufträume ohnehin gesperrt. Ob irgendwo ein Gewitter vorherrscht, wissen die Piloten und umfliegen diese. Natürlich sind Turbulenzen unangenehm, aber deshalb stürzt kein Flugzeug ab. In den seltenen Fällen von Abstürzen ging es nahezu immer um menschliches Versagen oder materielle Fehler.
Das wirkt auch nicht komplett beruhigend. Wem würden Sie zu einem Seminar raten? Und passiert da?
Wer gegen seine Flugangst nicht alleine ankommt und sich nicht mehr ins Flugzeug traut, sollte sich professionelle Hilfe verschaffen. Ein Flugangst-Seminar richtete sich an sechs bis acht Teilnehmer und dauert meist einen Tag. Ein Pilot gibt Informationen übers Fliegen, die Technik und den Aufbau eines Flugzeuges. Es folgt ein psychologischer Teil, wie man mit den Ängsten umgehen kann. Wer möchte, kann dann später an einem Übungsflug mit Flugbegleitung teilnehmen.
Hatten Sie schon einmal Angst vor einem Absturz?
Nein, ich fliege sehr gern und zweifele nicht im Geringsten daran, dass es sicher ist.
Von Sonja Fröhlich/RND