„Germany’s Next Topmodel“: Kann die Show endlich abgesetzt werden?
Bald startet die 18. Staffel von „Germany’s Next Topmodel“. Nach den Vorfällen der vergangenen Jahre und schweren Anschuldigungen gegen die Castingshow erscheint die neue Staffel eher wie ein schlechter Scherz. Ein Kommentar.
Extravagante Outfits, unbequeme High Heels und jede Menge Drama: Heidi Klums Modelshow „Germany’s Next Topmodel“ (GNTM) geht in die 18. Runde. Starttermin der neuen Staffel ist der 16. Februar 2023, wie der Sender ProSieben bekannt gab. Keine Frage – die Show ist ein Erfolgsmodell. Vielen ehemaligen Kandidatinnen ermöglichte die Teilnahme eine Karriere im Modelbusiness, mindestens genau so viele sind in die Influencer-Schiene gerutscht. Ebenso klar ist jedoch auch: Das GNTM-Konzept „Zickenkrieg im Modelhaus“ ist 2023 nicht mehr zeitgemäß und gehört endlich abgesetzt.
„More personality, please“
GNTM-Zuschauerinnen und -Zuschauer wissen, wie wichtig der „Modelmama“ Heidi Klum Persönlichkeit ist. „Du musst mehr Personality zeigen“, ist wohl eine ihrer beliebtesten Floskeln. Wo aber bleibt die „Personality“ in ihrer eigenen Show? Der Ablauf der Casting-Sendung hat sich auch nach fast zwei Jahrzehnten kaum verändert. Jedes Jahr wählt Klum – nach eigenen Angaben selbst – etwa 30 Kandidatinnen aus, die die Chance auf den Titel haben. Eines muss man ihr hierbei lassen: Nach jahrelanger Kritik ist die Gruppe der Teilnehmerinnen seit der 16. Staffel immer diverser geworden. Dies geschah aber so spät, dass es albern wirkte, sich damit als zukunftsorientiert darzustellen. Es bleibt die Frage: War es eine Entscheidung aus Überzeugung oder nur eine trotzige Abfuhr an Kritikerinnen und Kritiker?
Die absurden Challenges, die selbstverständlich nicht an die Diversität der Models angepasst sind, haben trotz Kritiken von Expertinnen und Experten noch keine Reform erhalten. Nur zwei Jahre nach Sendestart der Show gab es die ersten Vorwürfe, die Darstellung der Modelwelt entspreche nicht der Realität. Catwalks durch übergroße Hamsterräder oder Irrgarten lassen keinen Zweifel: Die Challenges werden von Jahr zu Jahr bloß absurder.
„Germany’s Next Topmodel“: Fremdscham und Demütigung
Inzwischen ist „Germany’s Next Topmodel“ vor allem eines – und zwar peinlich. Die „Meeedchen“, die erwachsene Frauen sind, streiten über Zimmerverteilungen, lästern übereinander und weinen, wenn das große Umstyling kommt. Genau so soll es zumindest für die Zuschauerinnen und Zuschauer wirken. Darüber, was wirklich hinter den Kulissen passiert und was inszeniert ist, kann man meist nur spekulieren.
Mit Liljana Kaggwa brach 2022 eine Ex-Kandidatin das Schweigen und richtete sich in einem Youtube-Video eindeutig gegen das Format. Kaggwa war 2020 zum Hass-Symbol geworden, nachdem die ausgestrahlten Folgen sie und Konflikte mit ihren Mitstreiterinnen in den Fokus stellten. Laut eigener Aussage sollen Hater danach sogar versucht haben, ihren Hund mit Giftködern zu töten. Ein klares Zeichen dafür, dass die Sendung außer Kontrolle geraten ist. Zu mehr als einem Rechtsstreit zwischen dem Sender und der Ex-Kandidatin hat es leider nicht gereicht. Kaggwa setzt sich seitdem gegen Cybermobbing ein – eine klare Positionierung, die man sich ebenso von „Germany’s Next Topmodel“ erhofft hätte. Stattdessen läuft die Sendung weiter wie gehabt, lediglich ein paar generische Worte gegen Hass äußerte Klum im Finale 2020. ProSiebens damalige Kampagne gegen Cyber-Mobbing ist vor diesem Hintergrund wohl eher als symbolische Wiedergutmachung zu bewerten.
GNTM: Nicht mehr zeitgemäß
Der Hype um „Germany’s Next Topmodel“ ist trotz alledem längst nicht vorbei. Gerade junge Mädchen schauen die Sendung weiterhin. Am Traum, Model zu werden, ist nichts auszusetzen. Das Bild, welches die Sendung allerdings vom Modelbusiness vermittelt, ist verwerflich. Der Erfolg einiger Ex-Kandidatinnen hat einen hohen Preis an Demütigung und Bloßstellung gefordert. Lieselottes Bedenken beim Nacktshooting im vergangenen Jahr sind da gut in Erinnerung geblieben: An einem öffentlichen Strand sollten die Models nur mit goldener Farbe bedeckt als Zeiger einer überdimensionalen Uhr posieren. Die damals 66-Jährige empfand das als starken Eingriff in ihre Privatsphäre – nachvollziehbar. Aber den Ausstieg einer ihrer polarisierendsten Kandidatinnen konnte Klum natürlich nicht akzeptieren und überredete Lieselotte zum Bleiben. Weitere Demütigungen bei Castings, in denen die Kandidatin mit fehlenden Englisch-Kenntnissen negativ auffiel, waren ebenso fester Bestandteil der 17. Staffel. Schließlich kamen so die interessanten Schlagzeilen zustande.
Die Castingshow ist in Zeiten von Body Positivity und dem Kampf gegen Hass mit ihrem derzeitigen Konzept nicht mehr zeitgemäß. Einsatz für eine positivere und empathischere Gesellschaft kann schließlich auch das Unterhaltungsfernsehen zeigen.
Von Chiara Heims
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