Benedikt Kalcher aus „Beasts Like Us“: „Was für ein Mann will ich sein?“
In der neuen Horror-Comedy-Serie „Beasts Like Us“ auf Amazon Prime Video sind Dämonen, Vampire und Zombies ganz normal. Gleichzeitig gehören alltägliche Probleme wie Jobs und Dating zu Herausforderungen der Protagonistinnen und Protagonisten. Mit welchen Herausforderungen der Darsteller von Lukas, Benedikt Kalcher, im wahren Leben zu kämpfen hat, verrät er MADS-Autorin Tara im Interview.
Benedikt, wie verlief der Dreh von „Beasts Like Us“?
Beim Dreh hat nichts der Norm entsprochen. Die Sets waren absurder als bei anderen Drehs, das heißt, es gab keine klaren Räume, die man kennt. Es ist allerhand magisches Zeug passiert, was mit am aufregendsten war. Es war nie normal, und man ist nie in eine richtige Routine gekommen. Das war sehr witzig. Auch die Rolle des Dämons zu erarbeiten und dass man so viel Maske drauf hatte, ist mir besonders in Erinnerung geblieben. Am schönsten war es, dass alle wieder Kind sein durften. Das geht ja leider durchs Leben und Erwachsenwerden verloren. Jeder war absolut frei, hat gestaunt und wollte wissen, was als Nächstes passiert. Diese kindliche Euphorie war toll.
Das ist Benedikt Kalcher
Benedikt Kalcher (24) ist ein österreichischer Schauspieler aus Graz und begann seine Karriere am Theater. Inzwischen spielte er in zahlreichen Filmen mit, etwa „Sachertorte“ und „Klammer“. In „Beasts Like Us“ ist er das erste Mal in einer Prime-Video-Serie zu sehen. Aktuell wohnt er in Berlin.
Die Charaktere in der Serie schlagen sich mit langweiligen Jobs und Beziehungsproblemen herum. Was sind Herausforderungen, mit denen du als Mitte-20-Jähriger zu kämpfen hast?
Das sind einige. Als junger Mensch in dieser Welt ist man auch mit ein bisschen größeren Fragen konfrontiert als nur Job und Beziehung. Zum Beispiel: Was bedeutet Männlichkeit? Was für ein Mann will ich sein, und wie will ich denken? Was darf man, was darf man nicht, und was nehme ich aus meiner Erziehung mit? Ich bin in meinem Leben zum Glück mit Liebe gesegnet, weil ich einen wundervollen Menschen an meiner Seite habe. Die Frage, wie ich in dieser Welt sein möchte, stelle ich mir sehr häufig.
Hast du darauf schon eine Antwort gefunden?
Ja, ich möchte jeder Person, die ich kennenlernen darf, mit Liebe begegnen. Mit kindlicher Begeisterung und Staunen, eben wie am Set. Ich möchte versuchen, unvoreingenommen und offen zu sein. Als Schauspieler ist man nämlich automatisch sehr raumeinnehmend. Das wird einem auch ganz oft gesagt. Da stößt man an Grenzen und kriegt ein Bild von einer Person reflektiert, die man nicht sein will, weil ich was ganz anders in mir trage. Sich zurückzunehmen und zuzuhören ist ganz wichtig. Ich versuche, mich dem Leben anzubieten und nie viel zu nehmen.
Wann bist du besonders raumeinnehmend?
Ich bin oft sehr laut. Da frage ich mich, ob ich Freude nicht zum Beispiel auch anders fühlen kann, wenn ich weiß, dass diese Form andere eingeschränkt. Vielleicht finde ich dann auch andere Wege und kann meinen Horizont erweitern. Da kommt man auf spannende, neue Aspekte in seiner Persönlichkeit.
Was fällt dir noch schwer am Schauspieler sein?
Das Vertrauen. Auf der einen Seite steht das Impostor-Syndrom. Man macht alles gleichzeitig und fragt sich, ob das denn auch wirklich so gut war. Bin ich so richtig? Auf der anderen Seite steht der Frieden. Die Zeit des Nichtstuns, in der man sich fragt, ob man noch dran ist und woran man denn arbeiten kann. Manchmal frage ich mich auch, ob überhaupt noch was kommt. Das ist immer ein starker Sprung.
Wirkt sich das Impostor-Syndrom dann auch auf deinen Umgang mit Kritik aus?
Kritik finde ich, ehrlich gesagt, ganz geil, wenn ich spüre, dass sie ehrlich ist. Wie arrogant wäre ich zu sagen, mich dürfe keiner kritisieren? Das hilft mir ungemein, besser zu werden und feiner zu arbeiten. Ich stehe am Anfang meiner Karriere. Ich bin erst seit anderthalb Jahren aus der Uni, aber das Lernen hört noch lange nicht auf. Kritik ist mein neuer Mentor, der mir Sachen beibringen kann.
Was sind denn deine Pläne für deine weitere Karriere?
Die Frage stelle ich mir auch häufig. Früher war das ganz klar für mich: Ich will die größten Filme der Welt drehen. Inzwischen will ich einfach glücklich sein mit dem Job und damit leben können. Ich wünsche mir Raum zum Entfalten und mich kennenzulernen. Spaß mit dem Beruf und meinem Leben. Das ist viel schwieriger, als in den größten Filmen zu spielen.
Wie genau äußert sich die Freude an deinem Beruf und Leben?
Wenn alle Spaß haben mit dem, was sie tun, und interessiert sind. Das finde ich am Film besonders cool. Anders als im Theater erzählt man im Film auch Geschichten, bei denen man sich denkt: Mehr als Unterhaltung ist das nicht. Ich habe Spaß an meinem Beruf und damit auch an meinem Leben, wenn ich merke, dass ich zumindest ein paar Menschen unterhalten kann. Eben an den augenscheinlichen Banalitäten.
Meinst du, dass dir diese Banalitäten auf Dauer reichen werden oder du nicht doch irgendwann immer mehr möchtest?
Die Gier ist ein schwieriges Thema. Eine gesunde Form von Lust auf mehr ist wahnsinnig wichtig in dem Beruf, sonst kommst du nicht weiter. Schauspielerei ist eine lebenslange Selbsttherapie. Du musst dich ständig mit dir selbst und deinen Rollen auseinandersetzen und damit, was du mit deiner Kunst und den Rollen der Gesellschaft sagen möchtest. Diese starke Reflexion ist einfach anstrengend. Da ist es verständlich, auch mehr zu wollen. Aber größer bedeutet nicht unbedingt Reichweite, sondern spannendere und intensivere Projekte und Figuren zu spielen. Das muss dann nicht Hollywood, sondern kann auch im 20.15-Uhr-Fernsehprogramm sein.
Interview: Tara Yakar
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