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„Ich habe keine Lust auf Kategorien“: Rapperin Avery Aubrey bezeichnet sich ungern als Dragqueen

„Ich habe keine Lust auf Kategorien“: Rapperin Avery Aubrey bezeichnet sich ungern als Dragqueen
Foto: Instagram/averyaubrey

Mit 13 kreierte Tim (20) seine erste Version der Kunstfigur Avery Aubrey. Nun hat Avery ihr erstes Musikvideo veröffentlicht. Doch passen Deutschrap und Drag zusammen?


Das seidig-blonde Haar wippt auf ihren Schultern, während Avery Aubrey den Mittelfinger in die Kamera streckt. „Früher ausgelacht, heute bin ich eine Diva“, rappt die provokante Blondine, die eigentlich Tim heißt, in ihrem ersten Musikvideo. Schon mit 13 Jahren hat der heute 20-Jährige die Kunstfigur ins Leben gerufen. „Seitdem begleitet sie mich“, sagt Tim, als spräche er von einer treuen Freundin.

Einfach war und ist dieser gemeinsame Weg nicht: Unverständnis, Mobbing und Homophobie haben Tim durch die Schulzeit begleitet. „Schwul sein und auf dem Dorf aufwachsen? Das ist verdammt hart“, sagt der 20-Jährige. „Sich dann auch noch gerne zu schminken und am besten noch Perücken tragen, ist noch mal ein anderes Level.“

Neue Single als Antwort auf den Hass

Mit ihrer Single „Wieder da“ möchte Avery Aubrey zeigen, dass sie durch den Hass nicht verstummt ist. Während Tim mit ruhigen, gewählten Worten reflektiert, rappt Avery Aubrey in gewohnt arroganter Deutschrap-Manier über Statussymbole und die eigene Attraktivität. Das gebündelte Selbstbewusstsein kommt nicht überall gut an. Knapp 4 500 Aufrufe zählt das Youtube-Video mittlerweile – unter den Viewern einige Hater. „Mein Lieblings-Hass-Kommentar: Wenn man Loredana auf Wish bestellt“, sagt Avery und muss bei dem Gedanken an die Shopping-App mit den vielen gefälschten Produkten lachen. Ihr mache der Hass nichts aus und ein Vergleich zu Rapperin Loredana käme ihr gelegen. Eben ganz nach dem Motto: Schlechte Publicity? Gibt es nicht. 

Dass Avery mit fiesen Seitenhieben so souverän umgehen kann, verdankt sie auch ihrer Familie. „Meine Eltern haben mich einfach immer unterstützt“, erklärt sie. Als Tim mit 13 die ersten Folgen der amerikanischen Realityshow „RuPaul’s Drag Race“ schaute, fing ihn die schillernd-bunte Welt der Männer, die auf humoristische Art Frauen darstellen, ein. In der Show begibt sich Dragqueen RuPaul auf die Suche nach dem nächsten „Drag-Superstar“. 

„Ich passe einfach in keine Schublade“

Einfach mal mit Makeup experimentieren und in neue Rollen schlüpfen: Als Teenager fand Tim in der Show neue Vorbilder. Sich selbst bezeichnet Avery Aubrey aber nur ungern als Dragqueen. „Mir ist klar, dass diese Kategorie wohl irgendwie zu mir passt, aber da habe ich keine Lust drauf“, erklärt sie. „Ich passe einfach in keine Schublade.“ Statt immer alles in Kategorien zu pressen, wolle sie einfach tun, worauf sie gerade Lust habe. Aktuell hat sie Lust auf Deutschrap und arbeitet an ihrem ersten Album. 

Bequeme Sneaker, Oversize-Shirt und klimpernde Ohrringe: Avery Aubrey vereint Kontraste, spielt mit Stereotypen und weicht doch vom Klischee-Bild vieler Dragqueens ab. Denn einige der Kunstfiguren setzen vor allem auf das Überspitzen weiblicher Merkmale. Zahlreiche Videos auf Youtube zeigen, wie sich der klassiche Dragqueen-Look mit den dramatischen Augenbrauen, den großen puppenartigen Augen und den übermalten Lippen kreieren lässt. „Es gibt in der Szene aber auch ganz verschiedene Stile“, erklärt Avery, die auch in ihrem Freundes- und Bekanntenkreis mit vielen Dragqueens und Homosexuellen vernetzt ist. Nicht alle von ihnen verstehen, warum sie sich für den Deutschrap begeistert. Denn der ist für homophobe Texte bekannt. Schwule Künstler gibt es im Deutschrap kaum – doch müssen sich die sexuelle Orientierung und das Genre widersprechen? Sicher nicht, findet Avery. 

„Ich liebe die direkte und ehrliche Art des Deutschraps“, sagt die 20-Jährige. Verständnis für homophobe, transfeindliche oder diskriminierende Texte habe sie trotzdem nicht. Als Kunstfigur möchte Avery Aubrey ein Zeichen setzen – und polarisieren. „Wenn ich mich selbst in meinen Texten als Schwuchtel bezeichne, dann nicht um Homosexuelle zu beleidigen, sondern um das Wort zurück zu beanspruchen – in einem positiven Sinn.“ 

Von Nina Hoffmann

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Über den Autor/die Autorin:

Nina Hoffmann

Nina (24) studiert Soziologie und kennt somit alle Sprüche über eine Karriere als Taxifahrerin. Statt an ihren Fahrkünsten zu feilen, liest sie lieber Texte über Gender-Fragen und Emanzipation - oder noch besser: Die dazugehörigen Kommentare der Facebook-Nutzer/innen.

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